Fischer in der KriseDer Außenminister nimmt heute erstmals Stellung zur Visa-Affäre - Seine Verteidigung steht - Die Opposition lauert auf Fehler | Heute will Außenminister Joschka Fischer dem grünen Parteirat Rede und Antwort stehen Foto: Reuters | Reuters |
Von Nikolaus Blome und Andreas Middel Berlin -Lange hat der Außenminister geschwiegen zu dem, was die Opposition seit dem Wochenende nicht mehr "Volmer-Erlaß" nennt, sondern "Affäre Fischer". In der Chefetage des Auswärtigen Amtes ist nach allem, was man hören kann, die Unruhe in den letzten Wochen spürbar gewachsen, ebenso im Kanzleramt. Dort hat man Joschka Fischer die volle Hoheit über das Verfahren im Untersuchungsausschuß gelassen - aber auch die volle Verantwortung. < script type=text/javascript><!--if(typeof(adlink_randomnumber)=="undefined") var adlink_randomnumber=Math.floor(Math.random()*1000000000000);document.write('<'+'script type="text/javascript" src="http://ad.de.doubleclick.net/adj/oms.berliner-morgenpost.de/nationalnews_rectangle;oms=nationalnews_rectangle;nielsen=5;sz=1x1;ord='+adlink_randomnumber+'?"><'+'/script>');// -->< /script>< script src="http://ad.de.doubleclick.net/adj/oms.berliner-morgenpost.de/nationalnews_rectangle;oms=nationalnews_rectangle;nielsen=5;sz=1x1;ord=939145664030?" type=text/javascript>< /script>< script language=VBScript>on error resume nextf4d_sb = (IsObject(CreateObject("ShockwaveFlash.ShockwaveFlash.6")))< /script>Die Strategie dafür scheint festzustehen: Fischer will darstellen, wie 1999 auch die Opposition auf eine Lockerung der Visa-Verfahren drängte; er will Fehler seines Ministeriums einräumen, vielleicht sogar ein persönliches Versäumnis. Insgesamt soll das Problem der erschlichenen Visa gleichwohl als klein dargestellt werden im Vergleich zu Großereignissen wie den Anschlägen vom 11. September, dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr oder der Irak-Krise. Sie alle zusammen hätten enorm viel Kapazität im Auswärtigen Amt (AA) gebunden. "Worüber reden wir?", fragt einer aus der Umgebung Fischers. "Letztlich doch über Kleinkriminelle aus der Ukraine, oder?" So viel Gelassenheit hatte das Kanzleramt zuletzt mit einigem Stirnrunzeln gesehen. Für Ärger bei Amtschef Frank Walter Steinmeier sorgte zudem, daß Innenministerium und Außenamt sich mit Hilfe einzelner Medien den Schwarzen Peter in der Visa-Affäre gegenseitig zuschieben wollten. Pläne, eine Art "Schlichtungsstelle" im Kanzleramt einzurichten, wurden aber nicht verwirklicht. Seit geraumer Zeit bereits untersucht ein Sonderstab des AA systematisch den Briefverkehr zwischen Abgeordneten der Opposition und dem Auswärtigen Amt. Das Ziel: Fischers Mannschaft will nachweisen, daß auch Union und FDP die Visa-Regeln vor dem Volmer-Erlaß als zu strikt ansahen und eine großzügigere Vergabepraxis forderten. Nicht der Erlaß an sich sei also Schuld am Mißbrauch gewesen, sondern eine unvorhersehbare Ballung krimineller Energie an einigen wenigen Botschaften oder Konsulaten. Aber warum blieben die Warnungen eben dieser Botschaften und Konsulate über etliche Monate hinweg ohne Konsequenzen? Jeden Morgen tagt im Auswärtigen Amt am Werderschen Markt die "D-Runde" aller Direktoren des AA. Unter Leitung eines der Staatssekretäre werden im Raum "Bismarck" die wichtigeren politischen Fragen durchgesprochen und koordiniert. Fischers damaliger Büro-Leiter, der heutige Botschafter in Kairo, Martin Kobler, oder sein Stellvertreter sind fast immer zugegen. Die beiden stellen eine der wichtigsten Verbindungen des Ministers in sein eigenes Haus dar. Bislang lautet die Version des Auswärtigen Amtes, die sogenannten "Drahtberichte" der Diplomaten in Kiew, die Hinweise von Innenministerium, Bundesgrenzschutz oder Bundeskriminalamt seien auf "Arbeitsebene", unterhalb der D-Runde, behandelt worden. Tatsächlich obliegt es einem AA-Beamten, täglich zu sichten, welche der Drahtberichte nicht nur automatisch die zuständigen Länder-Experten in der Zentrale erreichen, sondern auch an andere Abteilungen und in das Ministerbüro gelangen sollen. Doch Kenner des Auswärtigen Amtes halten es für nahezu ausgeschlossen, daß die tägliche Leitungsrunde nichts erfahren und ausschließlich die Rechtsabteilung des Amtes die alarmierten Anfragen etwa aus Kiew beantwortet hat. "Wenn die Rechtsabteilung im Bilde war, dann war es auch das Büro des Staatssekretärs und auch das Ministerbüro", sagt ein langjähriger AA-Kenner. Für eine frühe Befassung der Leitungsebene im AA mit dem Komplex spricht auch der Schriftverkehr von Innenminister Otto Schily. Im März 2000, unmittelbar nach Vorstellung des Volmer-Erlasses, hatte Schily auf möglichen Mißbrauch hingewiesen, auch wenn er sich später mit der Praxis der Visa-Vergabe einverstanden erklärte. "Das Außenministerium muß also im März 2000 an der Spitze sensibilisiert gewesen sein", sagt ein anderer AA-Insider. Erst gut viereinhalb Jahre später wird der Volmer-Erlaß endgültig aus dem Verkehr gezogen. Zu all diesem will der Außenminister morgen am Rande des Parteirates der Grünen zumindest anfangen, Stellung zu nehmen. Auf seine Partei kann er sich dabei verlassen. Nur auf seinen damaligen Staatsminister Ludger Volmer nicht. Fischer habe maßgeblich an dem umstrittenen Erlaß mitgewirkt, so Volmer. Damit erfüllt sich früher als gedacht die Hoffnung der Opposition - freie Schußbahn auf den Außenminister: Hat sich Fischer persönlich in die Diskussion um die Warnungen eingeschaltet? Und wenn ja: Wann und Wie? Wie viel Multi-Kulti-Seligkeit lag dem Volmer-Erlaß zu Grunde, wie viel handwerkliches Ungeschick gab es, wie groß war der Anteil tatsächlich unvorhersehbare Mafia-Energie am Ausmaß des Mißbrauchs? Leistet sich Fischer eine nachweisbare Fehlaussage, geht es schnell nicht mehr um die Sache, sondern um ihn persönlich und seinen detailgenauen Umgang mit der Wahrheit - ganz gleich, ob es sich in der Visa-Affäre um eine tatsächliche oder nur um eine vermeintliche handelt. Mitarbeit: Martin Lutz <!-- Related Links -->Lesen Sie auch: |