investor: Weshalb sollte man noch in den Goldsektor investieren, der Preis ist stark gestiegen, die Finanzkrise scheint großteils ausgestanden zu sein?
Andreas Böger: Gold ist ein liquides Kassamittel wie Festgeld oder Staatsanleihen. Solange diese Alternativen mickrige Zinsen zahlen oder mit einem hohen Bonitätsrisiko behaftet sind, bleibt Gold gefragt.
Dennoch lautet ein häufiges Argument, dass man mit Anleihen zumindest ein wenig Zinsen verdient, mit Gold aber keine Ausschüttungen lukriert.
Selbst Länder wie Deutschland und die USA, deren Staatsanleihen als sicher gelten, sind überschuldet, seit 40 Jahren steigt deren Schuldenlast immer stärker an. Früher oder später wird der Markt auch hier Risikoaufschläge verlangen und über die Zinskosten beide Länder mit der Insolvenz bedrohen. Staaten können ihre Schuldenprobleme entweder durch eine Geldentwertung oder durch einen Zahlungsausfall lösen, das Verlustpotenzial ist enorm. Man muss sich schon jetzt fragen, ob mit dem Erwerb von Staatsanleihen überhaupt noch die Kaufkraft erhalten werden kann.
Sie meinen, dass die Kuponzahlungen aus der Anleihe die Teuerungsrate nicht mehr abgelten?
Derzeit haben wir negative Realzinsen, es bleibt nach Abzug der Teuerungsrate nichts übrig. Vergleicht man die jetzige Situation mit ähnlichen Szenarien aus der Vergangenheit, müsste der risikokonforme reale Zinssatz mehrere Prozentpunkte höher liegen. Solange die Zinsen tief bleiben und die Opportunitätskosten für ein zinsloses Investment in Gold nicht zu hoch werden, bleibt es eine interessante Alternative. Zugleich schützen sich Anleger gegen einen möglichen Zahlungsausfall. Das gelbe Metall hat keine Schulden und kein Kontrahentenrisiko.
Gibt es Alternativen zum physischen Goldbesitz?
Eine gute Diversifikation bieten Goldminenaktien, die Vorkommen im Boden besitzen. Als Produzenten können diese Gesellschaften also Renditen erwirtschaften, wenn sie gut geführt werden. Zudem bieten deren Aktien meist einen Hebel zum Goldpreis, seit dem Jahr 2000 sind sie um 1400 Prozent angestiegen, das Edelmetall "nur" um 450 Prozent. Im Schnitt kostet das Fördern von Gold aktuell rund 1000 Dollar je Unze. Beim Preis von 1300 Dollar ergibt das eine Marge von 300 Dollar. Aufgrund dieses Kostensockels legen die Gewinne bei weiteren realen Preisanstiegen überproportional zu. Derzeit sind allerdings die Goldminenaktien gegenüber dem Goldpreis stark unterbewertet.
Das heißt, es gibt Aufholpotenzial?
Der Abverkauf im Jahr 2008 traf an der Börse sämtliche Branchen. Und obwohl der Goldpreis seit 2007 rund vierzig Prozent gestiegen ist, haben die Kurse von Goldminenaktien nur marginal mitgezogen. Doch Goldminengesellschaften sollten eher als Geldproduzenten gesehen werden und nicht mit anderen Aktien in einen Topf geworfen werden. Ihr Produkt wird stark nachgefragt, und das schwache wirtschaftliche Umfeld dämpft die Kosten. Es gibt keinen anderen Aktiensektor mit ähnlich guten fundamentalen Aussichten.
Im Gegensatz zu Mitwerbern zählen Barrick Gold und Newmont Mining nicht zu den größten Positionen in Ihrem Fonds. Wie gehen Sie vor?
Die weltweiten Produktionskapazitäten fallen. Deshalb tun sich die großen, dominanten Konzerne schwer, weiter zu wachsen, auch weil sie die Explorationsarbeit im vergangenen Bärenmarkt vernachlässigt haben. Deshalb versuchen sie, ihre Reserven mit Akquisitionen kurzfristig aufzubauen. Dadurch sind kleinere und mittlere Unternehmen, die über interessante Vorkommen verfügen und kurz vor der Produktion stehen, als Übernahmekandidaten interessant. Wir haben diesen Bereich übergewichtet.
Welche Region bevorzugen Sie?
Die meisten Goldminenaktien sind in Kanada gelistet. Das hängt mit der Börsengesetzgebung zusammen. Es ist aber auch politisch ein sicherer Ort. Die Vorkommen und Produktionsstätten der Unternehmen sind aber global verteilt. Dabei dominieren aber Nord- und Südamerika, Westafrika und der pazifische Raum.
Goldminenaktien verzeichnen in einer Baisse meist kräftige Verluste. Sie können das Portfolio aber bis zu 100 Prozent absichern?
2008 schichteten wir großteils in Staatsanleihen um. Damals fiel der FTSE Goldaktienindex um knapp 60 Prozent, unser Fonds verlor rund 25 Prozent. Unser Risikomanagement schließt aber nicht die Partizipation an steigenden Kursen aus, der Fonds konnte 2009 mit einem Plus von 38 Prozent und 2010 mit einem weiteren Plus von 32 Prozent den Vergleichsindex schlagen. Derzeit setzen wir Verkaufsoptionen zur Absicherung ein, um die Partizipation weiterhin zu maximieren.
Weshalb haben Sie von der Humanmedizin in die Goldbranche gewechselt?
In der Medizin wird zwischen Geist und Körper unterschieden. Manches lässt sich messen, manches nicht, wie etwa das menschliche Handeln. Damals habe ich erkannt, dass die Wirtschaft mit Formeln, die nach der Mechanik modelliert sind, gelenkt werden soll. Die Finanzwissenschaft ist aber nicht die Naturwissenschaft. Man kann das menschliche Verhalten nicht einfach modellieren. Deshalb habe ich eine Marktlücke gesehen, die der Goldmarkt füllt.
Inwiefern?
Die Österreichische Nationalökonomie mit Vertretern wie Friedrich Hayek und Ludwig von Mises plädierte dafür, dass sich der Staat aus dem Geldsystem zurückzieht. Die Kritik lautet unter anderem, dass Tiefzins- und Stabilisierungspolitik mit mechanistischen Modellen arbeitet und scheitern muss. Sie führt zu Kapitalfehlallokationen und damit zu Wirtschaftszyklen, wie wir sie auch jetzt erleben. Historisch haben sich die Menschen stets zum Gold gewandt, wenn das staatliche Geldsystem zu wanken begann. Dieser Prozess hat vor zehn Jahren angefangen und sollte sich verstärken.
Quelle: Wirtschaftsblatt.at
PS. immer schön FOCUSIERT bleiben |