FRANKFURT (dpa-AFX) - Den Aktienmärkten droht laut Experten in der anhaltenden Finanzkrise keine neue Abwärtsspirale durch eine Verkaufswelle von Hedge-Fonds. Hintergrund entsprechender Befürchtungen ist der Stichtag am 15. November, der so genannte "Redemption Day": Bis zu diesem Tag müssen die Kunden vieler Hedge-Fonds entscheiden, ob sie ihre Mittel zum Jahresende abziehen oder auf bessere Zeiten vertrauen. Die deutlichen Mittelabflüsse bei alternativen Vermögensverwaltern sind in den vergangenen Wochen als einer der Hauptgründe für die Einbrüche an den Börsen genannt worden. Genau darauf gründet aber der Optimismus der Experten - sie glauben, dass die Hauptverkaufswelle bereits vorbei ist.
MIT 'REDEMPTION DAY' KÖNNTE DRUCK NACHLASSEN
Nach Einschätzung von Experten einer US-Bank sind die meisten Verkaufsaufträge von Hedge-Fonds bereits getätigt, weshalb der Druck auf die Märkte von dieser Seite "zur Monatsmitte merklich nachlassen sollte". Dazu machen sie folgende Rechnung auf: Hedge-Fonds dürften knapp 2.000 Milliarden US-Dollar verwalten und aus deren Kreisen sei zu hören, im letzten Quartal des Jahres seien fast 20 Prozent des Vermögens abgezogen worden - also etwa 400 Milliarden Dollar. Lege man einen Verschuldungshebel von 1,4 zugrunde, so müssten aus den verschiedenen Vermögensklassen Werte für ungefähr 600 Milliarden Dollar verkauft worden sein.
Das sei eine "nicht zufällige ungefähre Übereinstimmung" mit den rund 600 Milliarden Dollar an Cash-Positionen, die Hedge-Fonds derzeit wohl hielten, fahren die Experten fort. Sie stützen sich in ihrer Schätzung auf die jüngsten Berichte von Dach-Fonds. Zudem warteten Hedge-Fonds mit ihren Verkäufen in der Regel nicht bis zum letzten Tag der "Redemption"-Frist. In den anschließenden wenigen verbliebenen Wochen bis zum Jahresende könnte der Aktienmarkt durch den nachlassenden Verkaufsdruck daher sogar positive Impulse erhalten.
KEINE SPEKULATIONSNEIGUNG IM DERZEITIGEN UMFELD
"Ich erwarte eher nicht, dass es am 15. November zu einer außerordentlichen Verkaufswelle kommen wird", sagte auch Sven Ulbrich, Geschäftsführer des Derivate-Spezialisten Oaklet. "Der Preis wird ja unabhängig vom Auftragsdatum erst zum Rückgabetermin Ende Dezember festgezurrt und der Kunde kann über das Geld erst danach verfügen." Zudem sei die 45-Tages-Frist zum Jahresende zwar eine von Hedge-Fonds häufig genutzte, aber nicht die einzige Frist für Verkaufsaufträge. Diese Zeiträume setzten die Fonds selbst fest und 30 oder 90 Tage bis Jahresmitte oder -ende seien ebenfalls recht verbreitet.
Eine Rolle bei Kursturbulenzen könnten laut Ulbrich Fonds-Manager spielen, die bei Verkaufsanträgen ihrer Kunden auf Zeit spielten, um einen möglichst guten Preis zu erzielen. "Aber im derzeitigen unsicheren Umfeld wird niemand eine Position länger als nötig halten, schon gar nicht im Dezember mit seinen wenigen Handelstagen - das wäre Harakiri."/gl/zb/tw --- Von Gerold Löhle, dpa-AFX |