Haftung einer Holding bei Insolvenz Bricht in einer der Tochtergesellschaften (bei vertraglicher Gewinnabführung und Haftung, Stichwort: Beherrschungsvertrag) das Geschäft weg, entstehen Liquiditätsengpässe, die aufgrund der firmenrechtlichen Konstruktion schnell auf das Gesamtunternehmen, also die Holding übergreifen. Schlimmstenfalls droht dann dem gesamten Unternehmen, so auch der Steinhoff Holding, die Insolvenz, obwohl nur ein Geschäftsbereich bzw. eine Tochter tatsächlich betroffen ist. Nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ist die beherrschende Gesellschaft dazu verpflichtet, die Verluste des Tochterunternehmens auszugleichen und nach dessen Beendigung seinen Gläubigern Sicherheit zu gewährleisten. Wenn die Arbeitsplätze und Schulden bei den Töchtern von Steinhoff in Falle einer Insolvenz keine Rolle spielen würden, dann könnte man ja ganz einfach die unrentablen Töchter samt ihren Schulden in die Insolvenz schicken und mit dem Rest weitermachen. Eine Aufspaltung der Gesellschaft als Rettungsanker für solche Fälle muss aber juristisch sauber durch Verträge geregelt sein. Kennt jemand von den Foristen hier die Verträge zwischen Muttergesellschaft und Töchtern? Warum dann das ganze Theater mit dem CVA Verfahren? Warum dann die Angst der Anleger und der derzeitige Aktienkurs? Primär haftet nämlich die Muttergesellschaft gegenüber einem Gläubiger ihrer Tochter, wenn sie selbst neben der Tochtergesellschaft Partei eines Vertrages mit dem Gläubiger geworden ist. Dies kann explizit geschehen, wenn etwa die Muttergesellschaft als formelle Vertragspartei erwähnt wird oder dem Vertrag später beitritt (Schuldbeitritt oder Schuldübernahme), bzw. stillschweigend, wenn Äusserungen und das Verhalten der Muttergesellschaft, aber auch der Tochter, von einem objektiven Standpunkt aus als Übernahme einer bindenden Verpflichtung verstanden werden durften (sog. Vertrauensprinzip bei Beherrschungsvertrag). Die Muttergesellschaft kann der strengen Organhaftung des Aktienrechts unterliegen, wenn sie als «faktisches Organ» ihrer Tochter tätig wird. Dies ist dann der Fall, wenn sie einen entscheidenden Einfluss auf die Meinungsbildung der Tochtergesellschaft ausübt - etwa indem sie einen Vertreter in den Verwaltungsrat der Tochter entsendet oder das Recht beansprucht, als letzte Instanz alle wichtigen Entscheidungen der Tochtergesellschaft zu genehmigen. Eine Verantwortlichkeitsklage ist allerdings nur erfolgreich, wenn der Gläubiger an seinem Vermögen geschädigt wurde, weil die Mutter mittels ihrer Einflussnahme die Tochter zur Verletzung einer gesetzlichen Norm veranlasste, die ausschliesslich dem Gläubigerschutz dient. Konzernvertrauen bedeutet das Vertrauen des Gläubigers einer Tochtergesellschaft darauf, dass die Muttergesellschaft auf Grund des Konzernverbunds (Beherrschungsvertrages) eine Pflicht zu einem bestimmten Handeln erfüllen wird - etwa dass die Mutter die Tochter mit genügend Eigenkapital ausstattet oder die Tochter dazu anhält, ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen. Grundlage für die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens bildet dabei grundsätzlich eine Mehrheitsbeteiligung, das bedeutet die Kapital- und/oder Stimmenmehrheit. Wird dieser faktische Konzerneinfluss dazu ausgenutzt, dass die Tochtergesellschaft durch ihre Muttergesellschaft dazu veranlasst wird, nachteilige (also verlustbringende) Rechtsgeschäfte einzugehen, so muss die Muttergesellschaft diesen Schaden noch im selben Geschäftsjahr nach § 317 AktG ausgleichen. Dennoch gibt es im Konzernrecht diverse Auslegungen, nach denen die verbundenen Unternehmen als Ganzes betrachtet werden. Die Haftung ist bei Tochtergesellschaften stets ein kompliziertes Thema und hängt von mehreren Faktoren ab, wie zum Beispiel: Rechtsformen der einzelnen Unternehmen in der Holding-Struktur Individuelle vertragliche Vereinbarungen, die getroffen wurden Geldflüsse zwischen den Unternehmen Verhalten der Unternehmen untereinander Grundsätzlich kann eine Muttergesellschaft überleben, auch wenn das Tochterunternehmen insolvent wird, umgekehrt gilt dies allerdings nicht immer: Geht das Mutterunternehmen in die Insolvenz, überlebt die Tochtergesellschaft meistens nicht.
So einfach, wie es so mancher Forist es sieht ist es leider nicht....
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