Mitbestimmung - "Ein Irrtum der Geschichte"

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eröffnet am: 13.10.04 13:51 von: kiiwii Anzahl Beiträge: 11
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13.10.04 13:51

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiMitbestimmung - "Ein Irrtum der Geschichte"


Mitbestimmung

"Ein Irrtum der Geschichte"



Von Lorenz Wolf-Doettinchem

Arbeitnehmervertreter haben in deutschen Aufsichtsräten Tradition. Nicht immer zum Wohl des Unternehmens. Nun wankt die Institution und die Arbeitgeberverbände wollen die Gunst der Stunde nutzen.

Der Kanzler machte die Karstadt-Krise zur Chefsache. Anders als einst beim Baukonzern Philipp Holzmann aber nicht als Chef-Retter, sondern als Chef-Kritiker. Es handele sich "um Management-Versagen in seiner krassesten Form", polterte Gerhard Schröder. "Ich kann kaum nachvollziehen, wie über so einen langen Zeitraum die Schwachpunkte im Unternehmen für das Management nicht sichtbar geworden sind."

Jahrelang ließ der Aufsichtsrat die Karstadt-Manager gewähren
Rumms. Das hatte gesessen. Gemeint waren vor allem die beiden ehemaligen Karstadt-Quelle-Vorstandsvorsitzenden Walter Deuss und Wolfgang Urban.

Seltsam. Über den je zur Hälfte mit Aktionärs- und Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsrat, der die Manager-Versager jahrzehntelang gewähren ließ, verlor der Kanzler kein einziges Wort. Dabei redet Schröder sonst sehr gern über diese Mitbestimmung: "Deutschland ist durch konsensorientiertes Handeln in den Betrieben und Unternehmen nicht schwächer geworden, sondern stärker." Karstadt nicht.

Als Hauptverantwortlicher der Krise gilt Walter "Papa" Deuss, der 15 Jahre an der Spitze des Handelskonzerns gestanden hatte. Während Konkurrent Kaufhof seine Häuser mit dem Galeria-Konzept aufwertete, hielt Karstadt eisern am guten alten Warenhaus fest und kaufte planlos andere Unternehmen. Aufsichtsrätin und Verdi-Vorstand Franziska Wiethold behauptet heute zwar: "Wir haben seit Jahren angeprangert, dass sich dieser Konzern verzettelt." Aber immer, wenn die Großaktionäre Deuss feuern wollten, blitzten sie bei den Arbeitnehmern ab. Und Vize-Aufsichtsratschef Wolfgang Pokriefke, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates, nimmt noch heute den im Frühjahr entlassenen Deuss-Nachfolger Urban vor Kritik in Schutz: "Ich finde es sehr unfair, was da abläuft."

Mitbestimmungs-Versagen in seiner krassesten Form

Karstadt ist ein Musterbeispiel dafür, dass die paritätische Mitbestimmung eine rechtzeitige Sanierung verhindern kann. Aus Angst vor scharfen Schnitten der Nachfolger stützen Arbeitnehmervertreter die Amtsinhaber - und sind mitverantwortlich dafür, dass das ganze Unternehmen in Gefahr gerät. Mitbestimmungs-Versagen in seiner krassesten Form.

Für die Gewerkschaften kommt die Krise zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Noch nie war die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsräten derartig unter Druck. Urteile des Europäischen Gerichtshofes ermöglichen es, ausländische Gesellschaften nach Deutschland zu verlegen, ohne die deutsche Mitbestimmung einführen zu müssen. Der rotgrünen Regierung fällt es zunehmend schwer, in Brüssel den besonderen deutschen Weg zu verteidigen. DGB-Chef Michael Sommer warnt schon seine Kollegen: "Wenn wir uns nicht um den Erhalt der Mitbestimmung in Europa kümmern, ist sie bald Schnee von gestern." Auch aus der Heimat droht Gefahr: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wollen die Gunst der Stunde für eine Attacke nutzen.

"Mitbestimmung im Aufsichtsrat war ein Irrtum der Geschichte", sagt BDI-Präsident Michael Rogowski im stern-Interview. Richtig ist, dass die Idee aus einer ganz anderen Zeit stammt. In den 70er Jahren wollten SPD und Gewerkschaften die Wirtschaftsdemokratie einführen. Nach vielen Debatten setzte die sozial-liberale Koalition 1976 die paritätische Mitbestimmung durch. Seitdem müssen in Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten die Aufsichtsräte je zur Hälfte mit Vertretern der Eigentümer und der Arbeitnehmer besetzt sein. Der Vorsitzende, den die Anteilseigner bestimmen, hat aber im Streitfall eine doppelte Stimme.

Arbeitnehmervertreter ziehen bei Sanierungen mit

Vor der Verabschiedung des Gesetzes sah Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer die "Gefahr einer gewerkschaftlichen Machtergreifung in Wirtschaft, Gesellschaft und letztlich dem Staat". Dazu ist es nicht gekommen. Zwar zogen die Arbeitgeber noch vergebens vor das Verfassungsgericht, doch seither hat sich das Modell des Co-Managements bis heute in 763 Unternehmen etabliert. Der Betriebsratsvorsitzende ist häufig sogar stellvertretender Aufsichtsratschef - etwa Klaus Volkert bei Volkswagen oder Erich Klemm bei Daimler-Chrysler. Aus dem Kontrollgremium erfahren die Arbeitnehmervertreter genau, wie die Lage ist, und ziehen bei Sanierungen meist ohne großen Streit mit. 1998 sprachen sich in einer Umfrage drei Viertel der Manager gegen die Einschränkung der Mitbestimmung aus.

Kaum einem Vorstandsvorsitzenden ist ein böses Wort über die Aufseher von der Arbeitnehmerbank zu entlocken. Schließlich geht es für die Vorstände auch um ihre Gehälter und Vertragsverlängerungen, die vom Aufsichtsrat bestimmt werden. In vielen Aufsichtsräten setzt der Vorsitzende seine Doppelstimme so gut wie nie ein; in den Ausschüssen ist man auf das reibungslose Mitwirken der Gewerkschafter angewiesen. Wie das in der Praxis funktioniert, enthüllte der Mannesmann-Prozess. Der damalige IG-Metall-Chef Klaus Zwickel ließ in einer Telefonkonferenz des Personalausschusses die Millionen-Abfindungen passieren, gegen die er später per Pressemitteilung protestierte.

"Vermeidung deutscher Mitbestimmung" als Standortvorteil

Das Mitbestimmungsgesetz sei ein "Hindernis für gute Unternehmenskontrolle", schimpft der Hamburger Wirtschaftsrechtler Michael Adams. Ein Hindernis, das dank der neuen EU-Rechtsprechung umgehen kann, wer ein Unternehmen erst im Ausland gründet und dann nach Deutschland verlegt. Schon preisen Anwaltskanzleien vor allem die britische "limited" mit dem "Vorteil" an: "Vermeidung deutscher Mitbestimmung". Dies ist offenbar nicht nur für Mittelständler attraktiv. Axel Springer, Bertelsmann und Gruner + Jahr, wo auch der stern erscheint, wollen ihre deutschen Tiefdruckereien in einer britischen Gesellschaft zusammenlegen. Die Unternehmen geben zu den Plänen allerdings keine offizielle Stellungnahme ab.

Auch bei grenzüberschreitenden Unternehmenshochzeiten dürfte es künftig leichter werden, sich von der paritätischen Mitbestimmung zu verabschieden. In den gerade laufenden Verhandlungen um eine EU-Fusionsrichtline wird es nach Einschätzung deutscher Diplomaten nur gelingen, ein Drittel Arbeitnehmeraufseher als Mindeststandard festzuschreiben. Wenn etwa die Deutsche Bank mit einem britischen Finanzinstitut fusionieren würde, dann soll die Arbeitnehmerbeteiligung frei ausgehandelt werden. Falls sich Arbeit und Kapital nicht einigen, würde die Drittelparität gelten, wenn sich die neue Megabank in London ansiedelte.

Druck aus Europa für Reform nutzen

Die spannende Frage ist: Welche Regelung gilt, wenn das Großinstitut in Frankfurt bleibt? Die deutsche Parität, fordern die Gewerkschaften. Die europäische Drittelparität, wünschen sich die Wirtschaftsverbände. Die Logik der Verbände: Falls in Deutschland die weitestgehende Mitbestimmung Europas gelte, würde sich hier nach einer Fusion kein einziger Großkonzern mehr ansiedeln.

Den Druck aus Europa wollen BDI und BDA für eine Reform in Deutschland nutzen. Dazu soll es in den nächsten Wochen einen gemeinsamen Vorschlag geben. Die ursprüngliche Idee, die Mitbestimmung vom Aufsichtsrat in einen "Konsultationsrat" abzuschieben, ist vom Tisch. Dagegen meuterten die Chemie-Arbeitgeber, die es ihren "Sozial-Partnern" von der IG Bergbau Chemie Energie nicht zumuten wollten, am Katzentisch Platz zu nehmen. Nun wollen die Verbände vorschlagen, das Ausmaß der Mitbestimmung nach EU-Vorbild auszuhandeln.

"Nationale Sonderwege werden eingeebnet"

Auf große Begeisterung in der Politik dürfte der Plan nicht treffen. Die Union hat schon an Kündigungsschutz und Kopfpauschale genug zu knabbern. Und die SPD sucht nach dem Streit um die Hartz-Reformen wieder den Schulterschluss mit den Gewerkschaften.

Arbeitsrechtler Abbo Junker, den die Verbände als Gutachter engagiert hatten, nimmt's gelassen: "Nationale Sonderwege werden eingeebnet - durch EU-Recht oder die Kräfte die Marktes."

Die waren auch bei Karstadt am Ende stärker.

 
Meldung vom 13. Oktober 2004
 

13.10.04 13:59

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiDeutsche Filz AG

SRERN


Deutsche Filz AG


Einem System wird der Prozess gemacht. Nicht bloß einem besonders spektakulären Fall von rauschhaft gierigen Managern, doppelzüngigen Gewerkschaftern und öffentlichkeitsblinden Aufsichtsräten. Wenn ab Januar in Düsseldorf der abgetretene Mannesmann-Lenker Klaus Esser, der gescheiterte IG-Metall-Führer Klaus Zwickel und der barmende Deutschbanker Josef Ackermann im Feuer der Fotografen auf der Anklagebank gegrillt werden, dann geht es um mehr als nur jene irrwitzigen Millionen-Prämien und Abfindungen, die Vorstände und Aufsichtsräte von Mannesmann ausgekungelt hatten, als der deutsche Traditionskonzern von dem britischen Mobilfunker Vodafone heiß und fettig verschlungen wurde.


Dann wird die Tür aufgetreten zum Allerheiligsten des deutschen Wirtschaftsmodells - zur Mitbestimmung. Und es öffnet sich der Blick auf den Altar der sozialen Marktwirtschaft, an dem die Liturgie der Hohepriester von Kapital und Arbeit gründlich durcheinander geraten ist. Jahrzehnte haben sie die Wohlstandsmesse gemeinsam gelesen, in gemessenem Ritual Kerzen entzündet und Weihrauch geschwenkt vor dem entzückten Publikum.


Die Gläubigen verlieren den Glauben

Nun aber lässt die Globalisierung die Kerzen flackern. Was im Ausland längst üblich ist, opulente Wohltaten für Manager, taucht den einst strahlenden Konsens ins Zwielicht unanständiger Kungelei. Die Gläubigen verlieren den Glauben. Alles in Deutschland ist marode, bloß die Wirtschaft nicht? Welcher Irrtum! Nicht nur die Mitbestimmung gehört auf die Tagesordnung - die gesamte deutsche Wirtschaftskultur ist reif für Reformen, so einschneidend wie bei Rente und Gesundheit. Deutschland neu zu begründen, diese Aufgabe der Politik müsste scheitern, bliebe die Wirtschaft ausgespart.


Denn deren Zustand ist bestürzend. Die Welt der Unternehmen und ihrer Verbände ist so bürokratisiert, so hierarchisch zementiert, so intransparent verkungelt wie der Staat. Die Deutschen bauen noch erstklassige Autos und Maschinen, revolutionierende neue Ideen oder Produkte aber hat man im Treibhaus des Mehltaus seit Jahrzehnten nicht mehr gezüchtet - und wenn, dann schon als Setzling ans Ausland verschenkt wie den Transrapid. Made in Germany? Murks aus Germany, blinkt die Leuchtschrift über der Pleite des Mautsystems. Kreativität und Wagemut sind in Konzernen exotische Tugenden geworden, sie nisten bei kantigen oder kauzigen Mittelständlern. Reist der Wirtschaftsminister nach Russland, muss er sich anhören, wie unternehmerische Draufgänger die drögen Trägen in Deutschland verlachen. Betritt ein Jungpolitiker als Praktikant die Kontore eines Konzerns, kehrt er entsetzt über Duckmäusertum und Repression zurück. Die Wirtschaft als Vorbild? Vergiss es!


Ein Millionensalär vor Millionenpublikum rechtfertigen

Die deutschen Wirtschaftsführer sind bis heute, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht in der Mediengesellschaft angekommen. Die Fernseh-Talkshows fahnden verzweifelt nach artikulationsfähigen Managern, die mehr können, als in Hauptversammlungen rhetorisches Sperrholz zu sägen, Blatt für Blatt. Die politische Feigheit nicht als erste Charaktereigenschaft eines Vorstands betrachten. Die selbstbewusst genug sind, ihr Millionensalär vor Millionenpublikum zu rechtfertigen.


Wagemut nistet nur noch bei kantigen oder kauzigen Mittelständlern

Das System hat diese Männer grau eingefärbt. Ihr System ist das des notorischen Konsenses und der kieselglatten Mitbestimmung. Welcher Vorstand will schon gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat berufen werden? Und welcher Arbeitgeber-Funktionär verlässt ohne Not das warme Hinterzimmer ritualisierter Tarifverhandlungen? Als die IG Metall in diesem Jahr den Streik im Osten verlor, jammerte niemand so herzergreifend über den drohenden Untergang der Gewerkschaft wie die Metall-Arbeitgeber.


Man hat sich

Man hat sich, man braucht sich, man bedient sich. Gemeinsam wurden die Sozialkassen geplündert - durch Frühverrentungen etwa oder ein Netzwerk von Instituten zur Fortbildung Arbeitsloser -, gemeinsam wurde das lähmende Tarifsystem gestrickt. Glaubt wirklich jemand, Arbeitgeberpräsident Hundt habe mit DGB-Chef Sommer ernsthaft darüber verhandelt, die Tarifverträge durch betriebliche Bündnisse für Arbeit zu durchlüften? Und die eigenen Funktionäre zu entmachten?

Das sollen die Politiker mal wagen! Wer von denen findet nun den Mut, gleich zwei Tabus der Deutschen Filz AG zu knacken: Tarifverträge und Mitbestimmung? Ein Empörungsschrei wäre der Lohn. Billiger aber ist die Neugründung Deutschlands nicht zu haben.

Hans-Ulrich Jörges
 

13.10.04 14:22

21799 Postings, 9234 Tage Karlchen_IAufsichtsrat KarstadtQuelle u. a.

Jochen Appell
Frankfurt am Main
Rechtsanwalt,
ehemaliger Chefjustitiar der Commerzbank AG

Hero Brahms
Wiesbaden
Mitglied des Vorstandes der Linde AG

Ulrich Hocker
Düsseldorf
Hauptgeschäftsführer der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.

Dr. Diethart Breipohl
Icking
Mitglied des Aufsichtsrates der Allianz AG

Michael Stammler
Bad Homburg
Mitglied des Vorstandes der Feri Finance AG

Dr. Klaus Zumwinkel
Köln
Vorsitzender des Vorstandes der Deutsche Post AG  

13.10.04 14:31

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiUnd die andere Hälfte ? o. T.

13.10.04 14:39

5698 Postings, 8280 Tage bilanzFilz

Filz ist ein faszinierendes Material, das vor allem in jüngster Zeit viele begeisterte Interessierte gefunden hat. Doch was ist eigentlich Filz?    

13.10.04 14:53

5698 Postings, 8280 Tage bilanzDurchgehend verfilzt


Handfestes fällt einem als Erstes ein - Pantoffeln vielleicht, aus der Grossvätergeneration. EinHut. Oder vielleicht doch zuerst die Politik. Oder eine süditalienische Dorfgemeinschaft.

«Filz» ist das Stichwort. Die Literaturzeitschrift «Entwürfe» widmet dem haarigen Material mit langer Vergangenheit und reichem Assoziationsgehalt seine neuste Ausgabe. Anlass dazu gibt diegleichnamige Ausstellung im Zürcher Museum Bellerive, welcher die Zeitschrift gleichzeitig als Katalog dient - auch das also eine Art der Verfilzung. Denn Filz, so lernt man es in den vorliegenden kunsttheoretischen und etymologischen Beiträgen, hat zum einen mit Verdichtung zu tun.Zum anderen steht Filz für Chaos, denn der aufwendige Herstellungsprozess endet mit der dichtestmöglichen Vermengung und Verhakung derverarbeiteten Wollhärchen und also in der grösstmöglichen Unordnung. Deshalb sei Filz für diepostmodernen Designer etwas Anregendes, erläutert Roger Fayet, Leiter des Museums Bellerive,in seinem klug verspielten Essay. Was einen denn auch gleich daran erinnert, dass man beim Stichwort «Filz» an ganz andere Dinge denken müssteals die eingangs erwähnten: nämlich an Filzschmuck, Designerobjekte und, natürlich, JosephBeuys - ein «unausweichlicher Reflex», meint gar die Kunsthistorikerin Andrea Schweiger.

Dass den Literatinnen und Literaten, zum thematischen Schreiben aufgefordert, dennoch anderes, wenn zuweilen auch nicht eben viel einfällt,zeigen deren Beiträge: Klaus Merz, der mit seinem letzten Textband, «Garn», bereits einen literarischen Vorstoss in textile Bereiche getätigt hat,erinnert anhand eines «Nobelfilzes» an die familiäre Hutmacher-Vergangenheit. Leonardo LaRosa spricht von den sizilianischen Familienbanden. Voilà. Elisabeth Jucker und Anita Siegfried hingegen lassen sich die längere Leine undgeraten via «Filz» auf Reisen.

Den Philosophen Hans Saner wiederum führt das Stichwort «Filz» für einmal auf den Grund seines eigenen Werkes zurück: Er würdigt den Filz, rechteckig, der während Jahrzehnten seiner Schreibmaschine als Unterlage gedient und somit rund «95 Millionen kleine Schläge aufgefangen» hat. «Er war das Opfer eines Philosophen, der seine Manuskripte in drei Fassungen schrieb, und seiner Frau, die sie tippte. (. . .) Gibt es etwas Geduldigeres, Langmütigeres, Stoischeres und zugleich Unscheinbareres als ein Stück Filz? DerFilz ist der stumme Märtyrer unter den Stoffen. Die Schriftsteller/innen der prädigitalen Generationen sollten in heilig sprechen.» Als Fetischliegt denn dem Heft schon mal ein Streifen bei: grau, haarig, unscheinbar, aber widerstandsfähig - Filz eben.

Filz gibts in den verschiedensten Variationen und dies nicht nur in der Wirtschaft und der Politik.

bilanz  

13.10.04 15:32

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiKarstadtQuelle Aufsichtsrat

* als Vertreter der Arbeitnehmer



1.Aufsichtsrat    Dr. Thomas Middelhoff
- Vorsitzender -
Bielefeld
Partner der Investcorp International Ltd.



2.Jochen Appell
Frankfurt am Main
Rechtsanwalt,
ehemaliger Chefjustitiar der Commerzbank AG

3.Wilfried Behrens*
Gießen
Geschäftsführer der Karstadt Warenhaus AG, Filiale Gießen


4.Hero Brahms
Wiesbaden
Mitglied des Vorstandes der Linde AG

5.Dr. Diethart Breipohl
Icking
Mitglied des Aufsichtsrates der Allianz AG

6.Bodo Dehn *
Mönchengladbach-Rheydt
Betriebsratsvorsitzender der Karstadt Warenhaus AG, Filiale Mönchengladbach-Rheydt


7.Leo Herl
Fürth
Vorsitzender der Geschäftsführung der Madeleine Schickedanz Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG

8.Ulrich Hocker
Düsseldorf
Hauptgeschäftsführer der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.

9.Peter Kalow *
Schwabach
Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Quelle AG

10.Franz Lajosbanyai *
Unterpleichfeld
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Neckermann Versand AG


11.Hans Reischl
Köln
ehemaliger Vorsitzender des Vorstandes der REWE-Zentral AG

12.Dr. Ingo Riedel
Fürth
Vorsitzender der Geschäftsführung der Riedel Holding GmbH & Co. KG

13.Rita Rodenbücher*
Duisburg
Betriebsratsvorsitzende der Karstadt Warenhaus AG, Filiale Duisburg; kfm. Angestellte

14.Christa Schubert *
Recklinghausen
stellv. Betriebsratsvorsitzende der Karstadt Warenhaus AG, Filiale Recklinghausen; kfm. Angestellte


15.Michael Stammler
Bad Homburg
Mitglied des Vorstandes der Feri Finance AG

16.Gertrud Tippel-Kluth *
Berlin
Sekretärin beim ver.di-Bundesvorstand, Fachbereich Handel

17.Dr. Franziska Wiethold *
Berlin
Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes

18.Werner Wild *
Kirchentellinsfurt
stellv. Landesbezirksleiter, ver.di Baden-Württemberg


19.Dr. Klaus Zumwinkel
Köln
Vorsitzender des Vorstandes der Deutsche Post AG






 

13.10.04 15:41

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiIn diesem Aufsichtsrat sitzen

19 Leute,
davon sind  9 Vertreter der Arbeitnehmerseite,
darunter  3 Personen aus der Führungsspitze von VERDI.


Und 19 Leute inkl. VERDI sollen nichts gewusst haben ???
Wer hat denn z.B. die Akquisitionen in SinnLeffers, Starbucks etc. genehmigt ??

Aber sich vor jedes Mikrophon hinstellen und die Klappe aufreissen, wie Frau Dr. Wiethold!

Das ist mehr als peinlich, das ist vulgär!  

13.10.04 21:52

12850 Postings, 8463 Tage Immobilienhaidas kontrollgremium aufsichtsrat ist nichts wert

mann brauch sich nur mal die DAX30-Werte anschauen. Alle Vorstandsvorsitzenden sitzen bei anderen im Aufsichtsrat. Aufgrund dieser Querverflechtungen wird nie einer dem anderen ans  Bein pinkeln. Frei nach dem Motto ich als Aufsichtsrat segne deine Lohnerhöhung ab, dafür segnest du dann nächste Woche als Aufsichtsrat in meiner Firma auch meine Lohnerhöhung ab. Die tun alle nur so als ob, aber weh tun die sich garantiert nicht....  

20.10.04 01:23

129861 Postings, 7786 Tage kiiwiiParitätische Mitbestimmung - Modell von gestern

Paritätische Mitbestimmung - ein Modell von gestern

Jetzt ist das heikle Thema wieder da. Die Krise bei Karstadt-Quelle und Opel ermutigt die Mächtigen, mit der Mitbestimmung in den Unternehmen abzurechnen.
Von Karl-Heinz Büschemann



In den Arbeitgeberverbänden BDI und BDA kreisen schon Papiere, in denen gefordert wird, die Rechte der Beschäftigten einzuschränken. BDI-Präsident Michael Rogowski hält die Mitbestimmung sogar für einen „Irrtum der Geschichte“.


Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) dagegen sieht in der Mitsprache große Vorteile für den Unternehmensfrieden bei Opel: „Ohne Mitbestimmung wären denen die Brocken schon um die Ohren geflogen.“

Doch die paritätische Mitbestimmung, die vielleicht wichtigste Errungenschaft der Gewerkschaften in der aufstrebenden Bundesrepublik, steht so stark in der Kritik wie zuletzt vor 25 Jahren, als die Arbeitgeber gegen diese deutsche Besonderheit erfolglos das Bundesverfassungsgericht anriefen.

Die paritätische Mitbestimmung hat Geschichte

Die Regelung, die es seit 1976 den Mitarbeitern erlaubt, in Aktiengesellschaften die Hälfte der Mitglieder im Aufsichtsrat zu stellen, und die für Stahl- und Montankonzerne mit noch größeren Rechten seit 1951 gilt, erklärt sich aus der besonderen Geschichte der Deutschen. Machtvolle Konzerne hatten das Dritte Reich unterstützt. So etwas sollte sich nicht wiederholen.

In keinem europäischen Land gehen die Rechte der Belegschaften so weit. In den meisten Ländern der Welt sind die Mitarbeiter in den Führungsgremien der Konzerne überhaupt nicht vertreten. Daher gilt die Mitbestimmung bei ausländischen Investoren als Relikt einer fast sozialistischen Tradition der Deutschen.

Sie ist aber nun, im Europa der offenen Grenzen, sogar zum Standortnachteil geworden. Firmen wie Aventis haben ihren Sitz nach Frankreich verlegt – auch wegen der Mitbestimmung. Ausländische Investoren meiden Deutschland, weil sie nicht ertragen wollen, dass Gewerkschafter in ihren Führungsgremium mitreden.

Instrument zur Kontrolle des Vorstands

Befürworter halten dem entgegen, die Einbindung der Belegschaften habe in der Bundesrepublik den Urkonflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgehoben und einen sozialen Frieden gebracht, für den uns andere Länder beneiden.

Daran ist manches richtig – und trotzdem fällt eine Bilanz der Mitbestimmung ernüchternd aus. Bei einer zentralen Frage, und zwar ausgerechnet der Kontrolle der Vorstände, versagt das Instrument.


Die Opel- und Karstadt-Mitarbeiter werfen ihren Vorständen schwere Managementfehler vor. Zu Recht.

Allerdings haben die Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten den Fehlentscheidungen der Vorstände jahrzehntelang zugestimmt. Holzmann ging pleite, die Metallgesellschaft löste sich fast auf – alles unter Mitwirkung der Belegschaft.

Beim Weltkonzern Bayer wirkten die Belegschaftsvertreter am Niedergang mit. Überhöhte Chefgehälter und Abfindungen haben die Gewerkschafter genauso abgenickt wie sinnlose Firmenfusionen. Bei Opel und VW, die heute beide unter ihrem hohen Lohnniveau zu leiden haben, wirkten die Arbeitnehmer daran mit, dass Einkommen vereinbart wurden, die weit über den Flächentarifen liegen.

Die Arbeitnehmer haben den Sachverstand in der Unternehmenskontrolle nicht erhöht. Kurioserweise haben sie den Managern das Leben sogar leichter gemacht. Mitbestimmte Aufsichtsräte sind wenig effizient.

Unternehmerische Entscheidungen fallen zu spät

Zwischen Vorstandschef und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden, der in der Regel stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates ist, herrscht meist bestes Einvernehmen. Beide brauchen einander. Ein Konzernchef wird nie gegen den obersten Betriebsrat ernannt. Dafür kann die Belegschaftsseite im Zweifelsfall auf Verständnis des Unternehmenschefs rechnen.

So fallen unangenehme, aber notwendige Spar-Entscheidungen meist zu spät. Bei Karstadt und Opel wurden sie erst nach einem radikalen Management-Wechsel möglich.

In welch zweifelhafter Weise die Interessen von Firmenchef und Arbeitnehmern zusammenfallen können, war in einer Managementposse bei DaimlerChrysler zu sehen. Dort halfen die Belegschaftsvertreter, den Chefvertrag von Jürgen Schrempp weit vor der Zeit zu verlängern. Der sorgte dafür, dass den Gewerkschaftern der neue Mercedes-Chef Wolfgang Bernhard erspart blieb, den beide Seiten ein paar Wochen zuvor noch für den richtigen Mann gehalten hatten, der sich dann aber erdreistete, Personalkürzungen anzukündigen.

Ohne Zweifel hat die Mitbestimmung ihre Verdienste. Sie hat geholfen, die alte Kluft von Arbeit und Kapital zuzuschütten.

Einmalig in Europa

Doch die Zeiten des Klassenkampfes sind vorbei. Die Gewerkschaften haben zu wenig getan, um das Instrument, das ihnen vor knapp 30 Jahren in die Hand gefallen ist, so professionell und kreativ zu handhaben, dass für Unternehmen und Mitarbeiter ein bleibender Zusatzgewinn entstanden wäre, den es in anderen Ländern nicht gibt. Das ist nicht geschehen.

Die Mitbestimmung war ein soziales Experiment, das in der Zeit, als es entstand, Sinn und Berechtigung besaß. Eine Zukunft aber hat sie nicht. Schließlich kommt auch der Rest Europas ohne Mitbestimmung aus, ohne dass die Rechte der Mitarbeiter dort mit Füßen getreten würden.

(SZ vom 20.10.04)  

20.10.04 01:33

145 Postings, 9217 Tage gordogekoLol

Bisher galt: Wer gut verdient, bekommt auch als Arbeitsloser viel. Nun gilt: Gutverdiener werden am tiefsten stürzen. Denn ab 2005 zahlt der Staat jedem, der länger als ein Jahr ohne Arbeit ist, nur noch das Überleben.  

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