Neben der Geheimrezeptur für Coca-Cola war der Quellcode für Windows bisher eines der best gehütetsten Firmengeheimnisse. Jetzt wurde der weltgrößte Software-Konzern dazu verurteilt, einigen US-Bundesstaaten Einblick zu gewähren. Washington - Schwere Schlappe für Microsoft-Chef Bill Gates: Nach dem Urteil der US-Bezirksrichterin Colleen Kollar-Kotelly muss Microsoft mehreren US-Bundesstaaten den Quellcode seines Betriebssystems Windows offenlegen. "Für mich stellt es sich so dar, dass wenn Ihre Seite (die Microsoft-Anwälte) Zugang dazu hat, dann sollte die andere Seite ebenfalls Zugang (zu dem Code) haben", sagte die Richterin während einer Telefonkonferenz. Zuvor hatten die Staatsanwälte von neun Bundesstaaten in dem Kartellverfahren gegen das Softwareunternehmen Einblick in die Programmstruktur von Windows verlangt. Sie wollen so prüfen, ob die Aussage Microsofts zutreffend ist, dass es unmöglich sei, Programme wie etwa den Internet Explorer aus dem Betriebssystem herauszunehmen. Die Vertreter der Bundesstaaten werfen Microsoft vor, seine Dominanz auf dem Markt auszunutzen, um ein Monopol aufzubauen. Die Richterin lehnte die von den Bundesstaaten geforderte Ernennung eines Experten ab, der sein unparteiliches Urteil zu komplizierten technischen Fragen abgeben sollte. Es sei zu wenig Zeit, um eine geeignete Person zu finden, begründete Kollar-Kotelly ihre Entscheidung. Den Termin für die eigentliche Verhandlung in dem Kartellverfahren legte sie auf den 6. März.
Erst im vergangenen Juni hatte ein US-Gericht in zweiter Instanz bei einer ähnlichen Klage entschieden, dass Microsoft seine Macht am Softwaremarkt ausgenutzt habe. Die Richter wandten sich aber dagegen, den Konzern in einzelne Unternehmen zu zerschlagen. US-Justizministerium, einige Bundesstaaten und Microsoft einigten sich unter anderem darauf, Computerherstellern mehr Freiheit bei der Entscheidung darüber zu geben, welche Software sie mit ihren Computern ausliefern.
Software-Experten bezweifeln allerdings, dass es den klagenden Bundesstaaten gelingen wird, im Windows-Quellcodes neue Argumente für die Kartell-Klage gegen Microsoft zu finden. Alleine die Sichtung des viele Millionen Zeichen umfassenden Programmcodes dürfte die Bundesstaaten überfordern.
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