Leverkusen/Berlin (dpa) - Deutschland bekommt einen neuen Pharmariesen: Der Bayer-Konzern entschied den Übernahmepoker um Schering mit einem kräftigen Preisaufschlag für sich und will im künftigen gemeinsamen Unternehmen 6000 Arbeitsplätze streichen. Diese Größenordnung ergebe sich als Erfahrungswert, sagte Bayer-Chef Werner Wenning am Freitag.
Bayer schlug den Darmstädter Pharma-Konzern Merck mit einem Gebot von insgesamt 16,3 Milliarden Euro oder 86 Euro je Aktie aus dem Rennen. Merck mit einem 77-Euro-Gebot gab am Freitag auf. Schering empfahl den Aktionären die Annahme der Bayer-Offerte. Die Bayer Schering Pharma wird ihren Sitz am Schering-Hauptstandort Berlin haben. Aus einer Hand kommen dann Mittel wie Aspirin (Bayer) und die Anti-Baby-Pille Yasmin (Schering). Mit Kartellproblemen werde nicht gerechnet.
Nähere Angaben zu dem weltweiten Stellenabbau, zum Beispiel darüber, ob es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde, könne er noch nicht machen, sagte Wenning in einer Analystenkonferenz. Die Erfahrung zeige, dass das Einsparpotenzial bei etwa zehn Prozent der Mitarbeiter liege. Die Sparte Bayer HealthCare beschäftigt fast 34 000 Mitarbeiter, Schering hat knapp 25 000 Arbeitsplätze. Der Bayer-Betriebsrat verwies darauf, dass bei dem Konzern laut einer Vereinbarung bis zum Jahr 2007 keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden können.
Der Zusammenschluss sei die beste Lösung, um dem Pharma-Standort Deutschland wieder mehr Geltung zu verschaffen, sagte Wenning. Die Politik setzte sich für den Erhalt deutscher Arbeitsplätze ein. «Die Bundesregierung erwartet, dass bei einer möglichen Übernahme von Schering durch Bayer oder durch Merck keine Anpassungen zu Lasten deutscher Standorte erfolgen», sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ulrich Wilhelm, dem «Tagesspiegel» (Samstagausgabe).
Schering-Chef Hubertus Erlen sagte in einer Telefonkonferenz: «Ich kenne keine konkreten Zahlen von Arbeitsplätzen.» Beide Unternehmen, Bayer und Schering, hätten jedoch «hohe soziale Standards». Wo die angepeilten Einsparungen von 700 Millionen Euro erzielt werden, werde letztlich vom neuen Management entschieden. Ob er diesem angehören wird, ließ Erlen offen.
Die Pharma-Bereiche der beiden Unternehmen kommen zusammen auf mehr als neun Milliarden Euro Umsatz. Zusammen mit dem rezeptfreien Geschäft und Tier-Arzneimitteln erreicht Bayer HealthCare Erlöse von 15 Milliarden Euro. Bei Pharmaspezialitäten kommen Bayern und Schering weltweit auf Rang sieben, insgesamt verfehlen sie die globale Top-10 der Pharmakonzerne. Bayer hat sich nach dem Debakel mit dem zurückgezogenen Cholesterinsenker Lipobay 2001 besonders auf Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen spezialisiert. Schering ist mit Verhütungsmitteln, Hormonmedikamenten und Präparaten gegen Multiple Sklerose ein Nischenanbieter.
Von der Bayer-Pharma-Zentrale Wuppertal würden bestimmte Funktionen nach Berlin gehen, sagte Wenning. Wuppertal bleibe aber ein wichtiger Standort. Bayer und Schering seien jeweils in mehr als 100 Ländern tätig. Die weitweite Zusammenführung der Strukturen biete Sparpotenzial in der Infrastruktur. Aber auch im IT-Bereich und und dem Rohstoff-Einkauf böten sich Kostenvorteile. Den erwarteten Synergieeffekten stünden einmalige Umbaukosten von rund einer Milliarde Euro gegenüber.
Das Bayer-Angebot von 86 Euro pro Aktie sei «äußerst attraktiv», sagte Erlen. Nach Vorlage dieser Offerte, von dessen Höhe er am Mittwoch erfahren habe, sei es «unmöglich» gewesen, die Eigenständigkeit von Schering weiterzuverfolgen. Auf die Frage, ob Teile des neuen Konzerns verkauft werden sollten, um Geld zur Finanzierung des Deals hereinzubekommen, sagte Erlen: «Mir sind keine Verkaufsabsichten für Teile des Geschäfts bekannt.»
Merck teilte mit, die Geschäftsleitung sei zu der Auffassung gelangt, dass ein höherer Preis aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt sei. Die Darmstädter hatten 77 Euro je Aktie oder insgesamt 14,6 Milliarden Euro für Schering geboten. Der Aktienpreis war in Erwartung einer höheren Offerte aber bereits bis Donnerstagabend auf 84,97 Euro geklettert. Am Freitag nahm die Aufgabe von Merck der Schering-Aktie den Wind aus den Segeln. Der zeitweise Kursgewinn von mehr als vier Prozent schmolz zum Handelsschluss auf ein Plus von 1,57 Prozent bei 86,30 Euro zusammen.
Merck kündigte an, Übernahmen zur Stärkung des Pharma-Geschäfts seien weiterhin eine Option. An dem zum Verkauf stehenden Unternehmen Altana sei man aber nicht interessiert.
Nach letzten verfügbaren Angaben befanden sich 68 Prozent der Schering-Aktien in der Hand institutioneller Investoren. Größter Einzelaktionär der Schering AG ist die Allianz mit mehr als 10 Prozent. Die Merck KGaA hielt zuletzt rund 5 Prozent - und könnte bei dem Verkauf des Anteils nach Analysten-Einschätzung angesichts des Kursanstiegs einen Gewinn von 250 bis 300 Millionen Euro erzielen.
Der neue Pharmariese - ein Stellengrab?
Leverkusen (dpa) - Deutschland bekommt einen neuen Pharmariesen: Der Bayer-Konzern entschied den Übernahmepoker um Schering mit einem kräftigen Preisaufschlag für sich und will im künftigen gemeinsamen Unternehmen 6000 Arbeitsplätze streichen. Angaben zum weltweiten Stellenabbau, zum Beispiel darüber, ob es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde, könne er noch nicht machen, sagte Bayer-Chef Wenning. Bayer schlug den Darmstädter Pharma-Konzern Merck mit einem Gebot von 86 Euro je Aktie aus dem Rennen.
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und die Zeche Zahlt der kleine! wie immer :-(
Gr. |