Mox Telecom will mit Call-by-Call in Vietnam punkten
Der CEO des Ratinger Telekomdienstleisters über seine Expansionspläne in Südostasien und den Vereinigten Staaten
Von Andreas Hippin, Frankfurt
Börsen-Zeitung, 23.7.2013
Call-by-Call hat sich in Deutschland überlebt. Die Jüngeren wissen vielleicht gar nicht mehr, wie gerne man um die Jahrtausendwende Billigvorwahlen nutzte, um bei Fern- und Auslandsgesprächen den Tarifen der Deutschen Telekom auszuweichen. Hierzulande ist das kein großes Geschäft mehr. In Vietnam dagegen schon, meint Günter Schamel, der CEO des auf Telefondienstleistungen für Migranten spezialisierten Telekomdienstleisters Mox Telecom.
Wachstum stabilisiert sich
Vietnams Volkswirtschaft legt nicht mehr so stark zu wie in der Vergangenheit. Die Zentralbank in Hanoi hat seit Anfang vergangenen Jahres bereits achtmal den Refinanzierungssatz gesenkt, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Volkswirte gehen davon aus, dass sich das Wachstum mittlerweile stabilisiert hat. Im zweiten Quartal expandierte das Bruttoinlandsprodukt um 5 %.
In den kommenden drei bis fünf Jahren will Schamel in Vietnam einen Marktanteil von mindestens 2 bis 5 % erreichen, was einem Umsatz von bis zu 300 Mill. Dollar entspreche. Der Telekommarkt des südostasiatischen Landes sei schon auf ein Viertel des deutschen Marktvolumens gewachsen.
"Wir haben bereits eine dreistellige Einwahlnummer (Short Code) zugeteilt bekommen", sagt Schamel. Wer sie wählt, soll künftig über das Netz von Mox günstiger telefonieren können. "Und das Beste ist: Sie gilt nicht nur für das Festnetz, sondern auch für den Mobilfunk."
Ansonsten ähnelt das Call-by-Call-Geschäftsmodell für Vietnam der deutschen Vorlage: Mox Telecom müsse in Vietnam kein eigenes Fest- oder Mobilnetz aufbauen. "Mobilfunk- und Festnetzbetreiber sind vom Regulierer dazu verdonnert worden, uns das Inkasso zu machen", sagt Schamel - wie einst die Deutsche Telekom. Die Lizenz gelte für zehn Jahre.
Das vietnamesische Telekommunikationsministerium habe dem Unternehmen aus Ratingen die Genehmigung zur mehrheitlichen Übernahme (65 %) von Kang JSC erteilt. Der Rest soll im Rahmen von Treuhandvereinbarungen übernommen werden. Die ebenfalls börsennotierte Tochter Mox Deals habe mittlerweile ein zweites Internetportal in Vietnam eröffnet, über das hochpreisige Markenprodukte verkauft werden sollen. "Das sieht nicht mehr aus wie Groupon, sondern wie ein Webshop", sagt Schamel.
Großes Wachstumspotenzial sieht Schamel auch weiterhin in den USA. Dort seien drei Viertel aller Taschentelefone Prepaid-Handys und deshalb in der Regel für Auslandsgespräche gesperrt. Unter den 320 Millionen Einwohnern befänden sich rund 50 Millionen Latinos bzw. Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln. Hinzu kämen elf Millionen illegale Einwanderer. Der Markt für Prepaid-Telefonkarten belaufe sich auf bis zu 4 Mrd. Dollar. Die Anbieter versuchen Schamel zufolge, die Kunden von Plastikkarten auf eine elektronische Freischaltung (pinless) der bezahlten Guthaben umzustellen. "Die Pinless-Kunden sind ein Stück weit loyaler, weil vom Dienst her mehr an uns gebunden", sagt Schamel. Ihr Wert werde mit rund 50 Dollar je Kunde veranschlagt. Mox habe mehr als 500 000 Pinless-Kunden. Ihr Gesamtwert entspreche fast der Marktkapitalisierung des Unternehmens (Börsenwert 21 Mill. Euro), dessen Aktie nicht vom Fleck kommt.
Nun versucht sich das Unternehmen als virtueller Netzbetreiber (MVNO). Mox bietet gemeinsam mit AT & T ein Mobilfunkprodukt an. Bislang konnten Schamel zufolge 20 000 Pinless- zu Mobilfunkkunden mit einer SIM-Karte von Mox gemacht werden. Der Wert dieser Kunden werde auf 250 bis 300 Dollar je Kunde geschätzt.
Interesse an Saudi-Arabien
Saudi-Arabien ist ein weiteres Land, das Schamel sich derzeit genau ansieht. "Wir werden in Saudi-Arabien eine Niederlassung haben müssen", sagt der Mox-Chef. "Frauen haben dort eine hohe Kaufkraft, dürfen aber nicht allein in die Malls" - eine Chance für Mox Deals.
Von der Anleihe, mit der Mox bis zu 35 Mill. Euro einsammeln wollte, seien insgesamt 25 Mill. Euro emittiert. Das angestrebte Volumen komme wohl zusammen. "Wir haben eine Nachfrage für mehr als 10 Mill. Euro", sagt Schamel. "Jetzt müssen wir sehen, wie wir die restlichen Volumina verteilen."
Die "Deal Show" von Mox Deals im Programm des türkischsprachigen Fernsehsender "Euro D", der hierzulande über Satellit und Kabel zu empfangen ist, befinde sich "nach wie vor im Teststadium" (vgl. BZ vom 20.11.2012). "Wir sind noch dabei, das Konzept ein bisschen zu optimieren", sagt Schamel. In den kommenden Wochen werde die Sendung wieder live gehen.
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