Wie ich schon in vorigen postings geschrieben habe, besteht nun auch offiziell ein Interesse an Degussa:
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Lanxess AG steht offenbar als Käufer für den
Degussa-Konzern bereit, sollte der geplante Börsengang der Muttergesellschaft
RAG noch scheitern. Das Management in Leverkusen hat bei der Prüfung von
Übernahmezielen auch den Erwerb des Spezialchemiekonzerns durchgerechnet, wie
am Mittwoch aus einem internen Arbeitspapier bekannt wurde. Ein
Lanxess-Sprecher schränkte die Bedeutung des Dokuments jedoch ein: "Es gab und
gibt kein Angebot", sagte er. Degussa sei aber Bestandteil "der strategischen
Evaluierung des gesamten Branchenumfelds" gewesen.
Der Sprecher bestätigte damit indirekt die Existenz des Arbeitspapiers, von
dem die "Rheinische Post" am Mittwoch schreibt. Der Bericht bringt Lanxess
erneut als möglichen Käufer von Degussa ins Spiel. Laut Dokument hat Lanxess
für Degussa einen Unternehmenswert von 8 Mrd bis 10 Mrd EUR errechnet.
Abzüglich Schulden ergäbe sich ein Kaufpreis von 4 Mrd bis 6 Mrd EUR. Degussa
gehört seit dem vergangenen Jahr dem Ruhrkonzern RAG, der sich vom Bergbau
trennen will und an die Börse strebt. Die Finanzierung des Degussa-Kaufs hat
Lanxess laut Zeitung durchkalkuliert.
Grundsätzliches Interesse an dem Chemieunternehmen hatte Lanxess schon in
der Vergangenheit zum Ausdruck gebracht. "Degussa würde hervorragend zu Lanxess
passen", wird Konzernvorstandsvorsitzende Axel Heitmann nun in der Zeitung
zitiert. Degussa ist jedoch ein wesentlicher Bestandteil des geplanten
Börsengangs des Essener RAG-Konzerns. Eine Sprecherin sagte am Mittwoch: "Es
bleibt dabei: Degussa steht nicht zum Verkauf."
Die RAG werde mit den Bereichen Energie, Chemie und Immobilien an die Börse
gehen. Die Planung dafür laufe auf Hochtouren. Der Essener Konzern habe auch
umgekehrt kein Interesse an einer Übernahme von Lanxess, denn die RAG wolle
nachhaltig und profitabel wachsen.
Hintergrund der Degussa-Diskussion ist, dass die RAG als Eigner des
Konzerns den Kohlebergbau mit seinen hohen Verlusten an die öffentliche Hand
abgeben will. Als Kompensation soll der Erlös aus dem Börsengang mit den drei
Sparten Energie, Chemie und Immobilien dienen. Das Land Nordrhein-Westfalen und
der Bund wollen einen möglichst hohen Ausgleich für die Übernahme der
Kohlegruben erzielen, um das Risiko des Kohle-Ausstiegs für die öffentliche
Hand gering zu halten.
Deshalb wird öffentlich auch darüber debattiert, ob ein Verkauf von Degussa
als Ganzes oder in Teilen nicht einen höheren Erlös brächte als innerhalb eines
RAG-Börsengangs. Davon geht ein von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen
bestellten Gutachten aus, das bereits in den so genannten Kohle-Kompromiss
einflossen ist. Zugleich will die Politik die Arbeitsplätze von Degussa
erhalten. Bereits im vergangenen Sommer gab es Berichte über bilaterale
Gespräche zwischen der Politik und dem Lanxess-Management, die aber unbestätigt
blieben.
Lanxess selbst unterstrich am Dienstag das Interesse an Zukäufen.
Vorstandsvorsitzender Axel Heitmann sagte auf der Bilanzpressekonferenz in
Düsseldorf, der Konzern suche nach Geschäften, "die zu uns passen". Lanxess
wolle bei Fragmentierung oder Konsolidierung der Chemieindustrie nicht zusehen,
sondern an der Konsolidierung aktiv teilnehmen. "Dafür haben wir uns ganz
bewusst einen Zeitrahmen von 24 Monaten gesetzt", bekräftigte Heitmann frühere
Aussagen.
Beobachter wie Analyst Norbert Barth von der DZ Bank erwarten, dass der
RAG-Börsengang wie geplant zustande kommt. Dann sei das Thema Lanxess/Degussa
vom Tisch. Sollte das Vorhaben aber scheitern, ergäbe sich eine neue Situation.
Lanxess hat 2006 einen Umsatz von knapp 7 Mrd EUR erwirtschaftet, der
Jahresumsatz von Degussa liegt bei rund 12 Mrd EUR.
Webseiten:
http://www.lanxess.de/ http://www.rag.de/