Wo steht Imperial Brands? Eine gar nicht so leicht zu beantwortende Frage.
Positiv ist zu vermerken, dass IMB weiterhin leichte Marktanteilsgewinne in den selbst definierten fünf Kernmärkten erzielt, insgesamt 0,2 %. Das könnte ein Signal sein, dass die jahrelangen Marktanteilsverluste womöglich nachhaltig gestoppt sind. Die Hauptproblembaustelle neben UK bleibt Deutschland, 0,8 % Marktanteilsverlust sind eine echte Hausnummer. In den Vormonaten kommunizierte Umstrukturierungen im Europageschäft mit personellen Wechseln lassen sich womöglich auch dadurch erklären.
Nicht zu verkennen ist jedoch das signifikante Schrumpfen des Gesamtmarktes, welche nur noch eingeschränkt durch höhere Preise kompensiert werden kann. Der Umfang der Schrumpfung hat mich doch etwas überrascht.
Weiterhin scheint meinem persönlichem Empfinden nach das Störfeuer von politischer Seite in der Nach-Corona-Zeit deutlich zugenommen zu haben, welches nicht so viel Gutes für die klassischen Combustibles, aber auch für die NGP´s bedeutet.
Stichwort NGP´s, hier haben die Verluste sich deutlich ausgeweitet, womit ich aber gut leben kann. IMB ist da in den letzten Jahren einen anderen Weg gegangen und liegt dort anteilsmäßig weit hinter der Konkurrenz. Eine selektive Erweiterung erscheint da nunmehr geboten und mittelfristig erfolgversprechend, BAT zeigt, wie dort auf absehbare Zeit gutes Geld zu verdienen ist.
Bei den Finanzkennzahlen habe ich mich an der Cash-Conversion-Rate von 77 % gestört, zum Geschäftsjahresende lag man da noch bei rund 100 %, genauso wie beispielsweise BAT. Womöglich ist das aber auch nur auf temporäre Sondereffekte zurückzuführen.
Der Verschuldungsgrad ist im Vorjahresvergleich unverändert bei 2,4, positiv ist zu sehen dass das Jahresziel eines Verschuldungsgrades am unteren Ende der 2,0 - 2,5 Range bestätigt wurde, ich glaube, irgendwo was konkret von 2,0 gelesen zu haben. Bei den massiven Zuführungen an die Aktionäre in diesem Jahr ist das sicherlich dann eher als ein Erfolg anzusehen.
Beim Cash-Flow sieht es erwartungsgemäß im ersten Halbjahr eher mau aus. Die beiden hohen Dividenden, ARP von 500 Mio. GBP sowie Investitionen insbesondere bei Logista führen zu einem negativen Cash-Flow von 400 Mio. GBP. Aber auch hier ein Lichtblick, für das Gesamtjahr erwartet der Vorstand trotzdem insgesamt ein positives Cash-Flow.
Gut ist auch das ARP zu bewerten, wir befinden uns mitten in der zweiten Hälfte des 1 Mrd. GBP Rückkaufprogramms und haben sehr gute Aussichten, damit mehr als 5 % der ursprünglichen Aktienanzahl erwerben zu können. Insofern sehe ich Kursschwächen durchaus aktuell auch mit einem lachenden Auge, da dadurch weiterhin eigene Aktien günstig erworben werden können.
Besonders erfreulich ist die Entwicklung bei der Tochter Logista. Auch wenn der Gewinn anteilsmäßig nicht sehr hoch am Gesamtergebnis ist, so verzeichnet Logista hier im 1. Halbjahr, bedingt natürlich auch durch die Zukäufe, einen Ertragssprung von knapp 20 %. Wenn das so weiter geht, kann Logista sich noch zu einer sehr relevanten Ertragssäule innerhalb des Konzerns entwickeln.
Die Dividendensteigerung bei den "kleinen" Dividenden um 1,5 % ist mM nach in Ordnung. Damit demonstriert man seinen Willen zur Kontinuität bei der Dividendensteigerung. Einer deutlicheren Erhöhung steht das massive ARP im Wege, aktuell schüttet IMB durch Dividende und ARP fast den kompletten free cash-flow an die Aktionäre aus.
Ebenfalls positiv ist die mehr oder minder unveränderte Bestätigung der Jahresprognose zu sehen.
Fazit:
IMB hat aus meiner Sicht wieder sehr gut geliefert, aber die äußeren Umstände werden komplizierter. Ob die NGP´s sich bei IMB in absehbarer Zeit zu einem relevanten Standbein entwickeln, ist unklar, ebenso, wieviel Luft noch bei Logista ist. Das sind die beiden potentiellen Wachstumsbereiche bei IMB, bei den Combustibles geht das Rennen zwischen sinkenden Absatzmengen und steigenden Preisen weiter. Durch das ARP hat sich natürlich dauerhaft die Lage für die Aktionäre gebessert. Für mich persönlich sehe ich die Dividenden inklusive kleinerer Steigerungen zumindest noch für die nächsten fünf Jahre als sehr sicher an. Es bleibt abzuwarten, was in der Zwischenzeit passiert. Ich persönlich würde mir für das folgende Geschäftsjahr eine Drosselung des ARP auf 500 Mio. GBP und eine etwas deutlichere Erhöhung der Dividende wünschen. Die überschüssigen Finanzmittel sollten zur Schuldentilgung eingesetzt werden. Leider konnte ich heute nicht den Webcast verfolgen, sobald das Protokoll veröffentlicht ist, läßt sich daraus sicher auch noch das eine oder andere erkennen.
Ein kleiner Abstecher zu BAT:
Grundsätzlich sehe ich zur Zeit BAT etwas besser aufgestellt und vom Kurs her als interessanter als IMB an, wobei ich bei beiden Aktien einen nicht unerheblichen Bestand habe, der insbesondere auch bei diesen Kursen nicht zur Disposition steht, eher im Gegenteil.
Überraschend wurde gestern bei BAT der CEO abgelöst. Das wirft Fragen auf, die wahrscheinlich frühestens bei den Halbjahreszahlen von BAT geklärt werden. Ein Grund könnte die Geschichte mit Nordkorea sein, welche gerade eine empfindliche Strafe (750 Mio. $) bei BAT durch die Vereinigten Staaten ausgelöst hat. Jack Bowles soll zeitweise in Südostasien verantwortlich gewesen sein, als diese Praktiken benutzt wurden. Wenn das der Grund für die Ablösung ist, wäre ich nicht weiter besorgt. Womöglich spielen jedoch auch operative Probleme oder eine Kombination aus beiden Faktoren eine Rolle, was einen doch etwas vorsichtiger in Bezug auf BAT stimmen könnte. Zumindest gibt es da aktuell eine gewisse Unsicherheit. |