Viele hier im Forum horchen auf das Orakel Bernecker (alias Bernie), hier zuweilen als Bechermann verhöhnt, weil er Alstom beim Kurs von 2 Euro empfahl (vor der KE) und vom "goldenen Becher" schwafelte.
Faktum ist: Bernie ist ein notorischer, unbelehrbarer Perma-Bulle. Denn nur solche Börsenbriefe verkaufen sich. Grund: Bernie hat "automatisch" immer Recht.
1. Wenn die Indizes oben sind wie jetzt, soll man kaufen, weil sie weitersteigen, und
2. wenn sie unten sind wie im März 2003, soll man kaufen, weil alles so spottbillig ist.
Der Haken dabei: Wer Bernie folgt, ist "zur Unzeit" - wie etwa 2000 - voll investiert. Wie soll er dann also, wenn sich DAX wie bis März 2003 fast viertelt (von 8000 auf 2200), noch kaufen können? Auf Kredit etwa? Nur ein Beispiel: Im Januar 2002 empfahl Bernie die Hypovereinsbank (HVB) bei 36 Euro, weil sie von 45 gefallen war - nach Bernies Logik eine Kaufgelegenheit wegen des ungerechtfertigten temporären Rücksetzers. Im März 2003 jedoch stand die HVB auf 6,90 Euro - Bernies Tipp brachte sage und schreibe 80 % Minus. Was also empfahl Bernie? Kaufen, kaufen! Dabei ließ er freilich offen, wovon, denn das Geld war ja schon auf der Durststrecke nach unten verbrannt. Bei Alstom lief es ähnlich. Bei 2 Euro raunte er kaufen, kaufen! Zur KE bei 0,40 E meinte er: Wer kein Geld mehr hat, soll seine Bezugsrechte besser verkaufen. Sie wurden zu Kursen zwischen 0,15 E und 0,00 Euro gehandelt. Das Geld war verbrannt, die Gelegenheit zur KE-Teilnahme verpatzt. Nach heutigem Stand sind von den 2 Euro bei der Empfehlung noch bestenfalls 0,85 E plus ein paar Cents aus dem Rechteverkauf übrig.
Viele Börsenbriefschreiber haben einen Hintergrund als Portfolio-Manager eines größeren Fonds. Für Fonds gibt es aber nur ein Ziel: Den Index schlagen. Bricht der Dax von 8000 auf 2200 Punkt ein - ein Minus von 72,5 % - , so hat ein Fondmanager bereits dann den Index geschlagen, wenn er nur 69 % Verlust hat. Er darf sich dann mit einer "relativen Outperformance" von 3,5 % beweihräuchern, mit der er den Index geschlagen hat. In Wahrheit ist der Geschlagene aber der Anleger, der ihm bei DAX 8000 sein Geld anvertraut hat. Große Fonds, die "other people's money" managen, interessieren sich einen Dreck dafür, ob die Anleger real gesehen Verluste machen oder nicht. Einziges Ziel ist die Outperformance des Index.
In diesem Punkt haben individuelle Kleinanleger wie wir (ja, auch Du, Fuzzi ;-)) die für große Fonds nicht zu verwirklichende Chance, bei extremen/irrationalen Hochständen wie jetzt komplett auszusteigen. Sie verpassen dabei vielleicht die restlichen 10 %, die der Index noch steigt, bevor er abschmiert. Doch wenn der DAX wieder auf 2200 sinken sollte - vielleicht durch Terrorattacken oder Bushs Iran-Krieg - , hat jemand, der bei DAX 4600 in Cash geht und die Krise als Betrachter verfolgt, eine relative Index-Outperformance von über 100 % - und dies, obwohl er gar keine Aktien besitzt! Dann kann man Bernies Tipp auch wirklich beherzigen und "kaufen, kaufen!" - sogar doppelt so viele Aktien (ohne Kredit) wie jemand, der mit Bernie in den Keller fuhr.
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