So, nach ein paar Tagen „sacken lassen“ nachfolgend ein paar längere Gedanken zum Geschehen der letzten Woche (keiner zum Aufklappen des Postings gezwungen):
1) Positive Aspekte - Transformativer Deal für Dialog - 300 Mio USD Einmalgewinn bzw. sicherer Ertrag in den nächsten Jahren - Zusätzliche 600 Mio USD Cash bei Closing - Beleg der guten Kundenbeziehung zu Apple (wird noch besser wenn demnächst 350 ehemalige Dialoger bei denen arbeiten) - Apple Konzentration nimmt ab - Zukünftige Apple Umsätze höher als vom Markt erwartet/eingepreist - Die Bruttomarge soll auf gleichem Niveau bleiben - Neue Design Wins bei Apple für Produkte, die wir bisher nicht auf dem Radar hatten - Man behält jegliches PMIC Know-How, das man für jeden anderen Kunden weltweit nutzen könnte - Man behält noch sämtliche Umsätze für sub PMIC, Mac, HomePod, Apple TV und vor allem für die neuen Generationen für iPad & Watch für das gesamte Jahr 2019 bis zu den neuen Versionen im Laufe des Jahres 2020 - Dialog indiziert für 2022 höhere Umsätze als für 2018 (und damit Rekordumsätze für das Unternehmen) - Klare Aussagen, dass man davon ausgeht, die Sub PMICs zu behalten - Endlich (wesentlich mehr) Klarheit über die „neue Dialog“, was dem Markt gefallen sollte
2) Negative Aspekte - Man verliert ab Sep 2019 nicht nur das zweite, sondern auch gleich das dritte iPhone Modell - Über 60% der jetzigen Umsätze werden verschwinden, aber man verliert nur 16% der Belegschaft was das EBIT deutlich negativ beeinflussen sollte - 2019-21 werden klare „Transformationsjahre“ für Dialog, rückläufige Umsätze und eine Bewertung schwierig
- 400 Mio USD Nicht-Apple-Geschäft und 10-15% Wachstum über die nächsten Jahre erscheinen etwas konservativ
- Ein Restrukturierungsprogramm für die HQ-Funktionen dürfte noch folgen mit Belastung für GuV & Cash (Ankündigung am 1. Nov?)
3) Offene Fragen - Wie werden die ersten 300 Mio USD verbucht? Mitarbeiter werden nicht bilanziert, als fabless Unternehmen dürften sich die Vermögenswerte in Grenzen halten, ich sehe da höchstens aktivierte R&D-Aktivitäten, also: ist das ein bis zu 300 Mio USD Einmalgewinn bei Closing in 2019 oder werden das jährliche Lizenzerträge mit fast 100%iger Bruttomarge in der GuV (zB 75 Mio USD pro Jahr oder 160/80/40/20 Mio USD in 2019-22)? Falls letzteres, so ist das für mich positiv, da man damit die EBIT-Lücken in 2019-21 schließen könnte - Dieses Konzept der zweiten 300 Mio USD „prepayment“ erschließt sich mir nicht so ganz. Klar, ist ein weiteres „commitment“ seitens Apple, aber irgendwie kommt mir das so vor als hätte man noch nach einem „goodie“ gesucht, um die Schlagzeilen-Nummer auf 600 Mio zu bringen. - Welchen Einfluss hat das auf Dialog in Bezug auf M&A (eigene Aktivitäten bzw Dialog als Ziel)? - Was erwartet Dialog für Gewinnmargen über die nächsten Jahre? Dieser Frage ist man beim CC ausgewichen und hat auf den anstehenden Capital Markets Day verwiesen
4) Apple Konzentration: Die Guidance Dialogs, dass Apple zukünftig eher um die 40% ausmachen sollte, müsste eigentlich ein höheres faires KGV zur Folge haben, auch wenn ich den Effekt nicht überschätzen würde.
5) Dialog als Übernahme-Kandidat? Ja, Dialog hat noch mehr Cash und es herrscht wesentlich mehr Klarheit was die Apple Kundenbeziehung betrifft. Das gleiche gilt für das „new normal“ des Unternehmens (Umsatz fällt nicht unter 1 Mrd USD p.a.). An ein Übernahme-Szenario glaube ich dennoch nicht, weil Dialog weiterhin ein Chip-Gemischtwarenladen sondergleichen ist: PMIC, sub PMIC, Advanced Mixed Signal, Audio, Schnelllade-Chips, Automotive, Entertainment, LED, Backlight, Blue Tooth, DECT, Haptics. Hat man Interesse an einem Bereich müsste man zehn andere Bereiche einzeln verkaufen müssen. Um das mal anhand eines Beispiels zu zeigen: jemand hat Interesse an dem BT Geschäft, das in diesem Jahr vllt max 60 Mio USD Umsatz erzielt. Bei einer 30%igen Prämie auf den Kurs müsste derjenige für diese 60 Mio USD rund 2,5 Mrd. USD auf den Tisch legen. Für mich unrealistisch. Das ARP sollte auch nicht helfen, die Übernahme Dialogs wahrscheinlicher zu machen (außer derjenige beeilt sich).
6) Dialog als Übernehmer? Ja, recht wahrscheinlich, dass man sich diesem Thema wieder stärker widmet - unterstützt durch einen höheren Aktienkurs, deutlich mehr Gewissheit über die zukünftigen Cash Flows und damit wesentlich mehr Kreditwürdigkeit. Syna reloaded, Elmos nach der Halbierung, Nordic nach starkem Rückgang und toller gemeinsamer equity Story, AMS oder STM Teil-Portfolios? Man darf gespannt sein.
7) Bewertung: bleibt weiterhin schwierig, da sich Dialog bis 2021/22 in einem Transformationsprozess befindet. Die für mich schlüssigste Bewertungsmethode wäre die Cash-Position + den Wert der noch sicheren Zahlungen von Apple bis 2022 + die Bewertung des „neuen“ Apple-Geschäfts in 2022, diskontiert auf den heutigen Tage. Versuche ich mal die nächsten Tage für mich zu bewerten.
Alternativ: ich nehme das 2022er EpS (Mainfirst & Oddo bei ca. 2 Euro, die Credit Suisse bei 1,20 Euro - ich nehme mal 1,75 Euro als Schnitt) in Verbindung mit einem fairen KGV + Cash je Aktie. Beim Cash muss man sich überlegen, ob man das gesamte nimmt oder nur das, was nicht für das operative Geschäft notwendig ist (also rund 200 Mio USD weniger). Somit würde ich auf die folgende Bandbreite kommen:
Konservativ: 8er KGV 2022 + 1,1 Mrd. USD Cash => 26 Euro je Aktie Aggressiv: 10er KGV 2022 + 1,3 Mrd. USD Cash => 32 Euro je Aktie
Dass man hier schon eine Menge Zukunft/Hoffnung voraussetzt und der Markt evtl nicht bereit ist, dafür jetzt schon zu bezahlen, versteht sich von selbst. Bei der obigen Betrachtung habe ich das ARP nicht berücksichtigt, aber auch auf 77,6 Mio Aktien bezogen.
8) Neue Design Wins: fand ich sehr interessant, dass Dialog hier von einem Audio Design Win bei Apple gesprochen hat. Was für ein Produkt soll das sein, bricht man hier in das Cirrus Logic Revier ein?
9) Analysten? Bisher recht wenige Kommentare dazu...habe zB nach dem CC nichts gesehen von Cheuvreux, DB, RBC, BNP, SocGen, Alphavalue, Stifel, BoA, H&A, CoBa. Mal schauen, ob da noch etwas kommt, evtl. erst nach den Zahlen oder nach dem Capital Markets Day. Bei einem Niveau von über 22 Euro glaube ich erst mal nicht an viele weitere Heraufstufungen, da all diese Analysten erst mal zugeben müssen, dass die jüngst falsch lagen (wer bei 13 Euro nicht auf "Buy" geht oder auf "Hold" ist, hat es schwierig, bei 22 Euro das zu tun).
10) Kurzfristiges Kurspotenzial: die fast 40% Performance am Do+Fr kann man sicherlich auch zu einem Großteil an den Short Coverings iHv vllt 5% der ausstehenden Aktien festmachen (alleine BR udn JPM mit ca. 3,6%). Wenn diese mal durch sind, wird sich zeigen, ob man bei dem jetzigen Niveau auch „frische“ Aktienkäufe neuer Investoren triggern kann. Eure Meinung dazu?
11) Die ca. 400 Mio USD Guidance für das „neue Apple-Geschäft“ Dialogs: erscheint mir ehrlich gesagt seehr konservativ! JB hat mehrere Male davon gesprochen, dass man zukünftig evtl. bis zu vier oder fünf sub PMICs zwischen 0,3 und 0,6 USD ASP liefern könnte und ich gehe mal davon aus, dass sich diese Einschätzung seit Juli nicht geändert haben sollte.
Das würde bedeuten: 260 Mio iPhones/iPads p.a. x 0,3-0,5 USD x 4 = 300-500 Mio USD Umsatz pro Jahr. Dazu der Mac, der HomePod, der neue Audio Chip, der Schnelllade-Chip, Apple TV. Da würde ich sogar ganz konservativ gerechnet auf deutlich über 500 Mio USD p.a. in 2022 kommen. Als Anekdote am Rande: man drucke Seite 6 der letzten Präsentation aus, nehme das Lineal, messe die Höhe der Balken der einzelnen Umsatzkomponenten und nutzt das für die „neuen“ Umsätze im rechten Chart und man landet bei ca. 510 Mio USD Dialog-Schätzung für 2022.
12) Aktienrückkauf-Programm: musste mE kommen, da hier sonst sich die Singers dieser Welt wieder tummeln würden. Sollte eine größere Übernahme anstehen, könnte man dieses Programm immer noch jederzeit abbrechen. Einen weiteren spürbaren Kurseffekt bei Ankündigung/Start erwarte ich jetzt aber nicht mehr.
Freue mich wie immer über konstruktive Kritik und Feedback zu dem obigen! |