Früher war alles besser. Es gab Zeiten, da konnten politische ÜberzeugungstäterInnen sogar Parteien bilden, die mehr waren, als bloßes Dagegen. Der Fischer zum Beispiel, seines Zeichens ehemaliger Frankfurter Sponti (undogmatischer Linker). Es gab Zeiten, da war der Fischer fast sympathisch. Früher eben. Die folgenden Fischer-Zitate stammen allesamt aus den frühen 80er Jahren, also die Zeit kurz vor und nach seinem Parteibeitritt.
"Ich fühle mich bis auf den heutigen Tag nicht wohl in meiner Haut als deutscher Untertan - oder genauer: als Untertan und Deutscher", so der Fischer damals. Was mich interessieren würde: wie kann sich ein Mensch so grundlegend ändern? Obwohl: Untertan ist der Fischer ja nun nicht mehr, nur noch Deutscher. Und damit hat er offensichtlich keine Probleme mehr.
Die Zeit der Turnschuhe ist nun endgültig vorbei. Klar, Turnschuhe sind eh blöd, und eignen sich höchstens zum Weglaufen. Das Zutreten wird jedoch besser mit anderem Schuhwerk vollführt, aber davon ist der Fischer denkbar weit entfernt. Und nur zum Gehen und Repräsentieren eignen sich lasche Lederschühchen eben hervorragend. Wer fragt da noch nach dem Woher, geschweige denn dem Wohin. "Mehr noch, der Antiimperialismus machte über Jahre hinweg nicht nur die Hälfte meines linken Lebens und Denkens aus, er war der Geburtshelfer meiner Politisierung."
So weit, so gut; einen Ansatz über den Wandel des Fischers findet sich hier wohl kaum. Vielleicht eher: "Wenn ein Anti-Parlamentarier nur noch im Parlament als Anti-Parlamentarier überleben kann, so macht er das Parlament eben zum Anti-Parlament, indem er Parlamentarier wird, oder das Parlament anti-parlamentariert sich, weil der Anti-Parlamentarier parlamentisiert, oder das Antiment parliert den Tari-Anti, oder... Kurz: der SCHWACHSINN hält seinen Einzug in die Volksvertretung, vertreten von UNS!" Guter Ansatz oder Schizo? Wie mensch GO-Anträge stellt wußte der Fischer wohl schon, doch muß aus der heutigen Sicht der Dinge die Absicht hinterfragt werden. Vielleicht war der Fischer schon immer ein machthungriger Undercover-Nazi. Möglich ist alles. Denn wer von uns glaubt denn schon, daß ein Mensch sich nicht nur grundlegend ändern kann, sondern gar von innen nach außen krempelt? OK, ich, aber muß es denn zum Schlimmsten sein?
"Die alten marxistisch-anarchistischen Erklärungsmuster, welche ein Jahrzehnt lang getaugt hatten, verloren ihren Realitätsbezug und entwerteten sich gewissermaßen selbst". Was der Fischer da macht, ist sicherlich angewandte Realpolitik. Doch wer hätte das von ihm erwartet? Ich nicht, aber ich bin ja auch naiv. Kommt nicht wieder vor. Auf jeden Fall hat sich der Fischer auf Platz 1 meiner Liste mit den Leuten geschummelt, mit denen ich gerne einmal reden würde. Wirklich reden, und nicht beschmeißen oder verprügeln. Das würde ich mir für nach dem Gespräch sparen.
Es gibt halt Dinge, die mich eher zur Weißglut treiben als absehbare Demagogien bereits nominell rechter Politiker. "Spaß beiseite, DIE GRÜNEN sind es allemal wert, sich ernsthaft mit ihnen und ihrer Politik auseinanderzusetzen". Wahre Worte, Joseph. Ob er das damals wohl als Aufforderung zum Farbbeutelschmeißen gemeint hat? Bestimmt, denn der Fischer war schon immer ein kluger Kopf mit Weitsicht: "Wie steht es mit der Freiheit der Gewissensentscheidung eines Abgeordneten des deutschen Volkes, wenn sich dahinter Pfründe von 16000,- DM und mehr im Monat verbergen, die letztendlich ein zentralisierter Parteiapparat von oben garantiert? Wen vertreten solche Abgeordnete eigentlich, wenn sie formal ihr Mandat zwar einer Stimmenmehrheit verdanken, die ihnen jedoch allein eine manipulative Werbung, ein Parteiapparat, Verbands- und einflußreiche Privatinteressen verschafft haben?"
Erst letztens erschien eine Umfrage im Handelsblatt, nach der der Fischer momentan in bei Führungskräften in der deutschen Wirtschaft der beliebteste deutsche Minister ist (gefolgt von Schröder). Paßt ja wie die Faust aufs Auge, respektive der Farbbeutel aufs Trommelfell. Wer hat uns verraten? Kleiner Tip: die SPD war es eher nicht, deren momentaner Kurs verwundert wenig. Vielmehr war es jene Partei, die heute lieber neue Gesetze verabschieden will, deren Durchführbarkeit eher zweifelhaft ist, als bei den wirklich relevanten Fragen, Entscheidungen über Leben und Tod, die mittlerweile so gern demonstrierte Einigkeit zu zeigen und, normalerweise gerade bei dieser Partei eine Selbstverständlichkeit, ihrem Parteiprogramm treu zu bleiben.
Der Fischer: "Hinterher ist man eben allemal klüger...". Oder: Sie sind ein Arschloch, Herr Minister.