mal einen artikel von denen ich heute morgen gesprochen habe ;-) hatte es vorhin in meiner emailbox,ist von heute 18:00 Uhr!
Fasch verstandene Signale aus den USA
von Jochen Steffens
Kaum macht man Urlaub, schon bricht der Markt ein. Ein Kollege rief heute an und meinte dazu: „Siehste Jochen, es funktioniert doch! Immer wenn du in Urlaub bist und nicht schreibst, kommt es zu starken Kursverlusten!" Vorsichtig erwiderte ich, dass diese These bei meinem letzten Urlaub im Sommer nicht funktioniert hätte. Die lapidare Antwort: “Ja, da hattest Du es auch vorher groß angekündigt, da kann es doch nicht funktionieren.“
So einfach gerät man in die diffusen Klauen des Aberglaubens und der gefährlichen Halbwahrheiten. Was nicht passt, wird passend gemacht und schon stimmt wieder alles. Ich hoffe nicht, dass mein Kollege in seinem Glauben noch lange bestätigt wird...
Zum Markt: Angesichts der doch dramatischen Entwicklungen der letzten Tage an den US-Börsen ist es angesagt, die wichtigsten Themen der letzten Woche aufzuarbeiten. Es wird also heute etwas ausführlicher: Öl, ISM-Index und Arbeitsmarktdaten
Der US-Markt kam aufgrund mehrerer Faktoren in Bedrängnis: Zum einen erreichte der Ölpreis die 100 Dollar-Marke. Dann wurde ein sehr schlechter ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes veröffentlicht. Der Index sank unter die 50 Punkte Marke auf 47,5 Punkte.
Werte unter 50 weisen auf eine Schrumpfung des verarbeitenden Gewerbes hin. Der Index der bezahlten Preise stieg von zuvor 67,5 auf nunmehr 68 Punkte an und deutet damit noch keine Entwarnung von der Inflationsfront an.
Diese Werte schürten die Rezessionsängste der US-Anleger. Dabei weist erst ein Wert des ISM-Index unter 42 Punkte auf eine Rezession hin. Oberhalb dieser Marke kann es immer noch zu einem BIP-Wachstum kommen. Sinkende Zinsen trotz Inflation?
Für mich wesentlich interessanter ist aber, dass die Fed dazu neigt, immer dann die Zinsen zu senken, wenn dieser ISM-Index dreimal in Folge unter der magischen 50 Punkte-Marke notiert. Sinkende Zinsen führen, wie Sie wissen, gerne zu steigenden Kursen.
Dem entgegnen die Skeptiker, dass der hohe Ölpreis noch die Inflationssorgen schürt. Wird das Inflationsrisiko zu hoch, kann die Fed die Zinsen nicht senken. Sie wird lieber eine Rezession riskieren, als eine zu hohe Inflation, da eine ausufernde Inflation für eine Volkswirtschaft immer wesentlich gefährlicher ist, als eine überschaubare Rezession. Importierte Inflation
Das kleine Problem dabei ist, dass die aktuelle Inflation zu einem großen Teil den hohen Energie- und Rohstoffpreisen geschuldet ist. Es handelt sich demnach nicht um eine Inflation im klassischen Sinne. Dazu müsste die Wirtschaft brummen und ganz besonders die Löhne steigen. Denn nur so können die Unternehmen höhere Preise bei den Konsumenten durchsetzen.
Und hier liegt die Crux: Da bei höheren Energie- und Rohstoffpreisen auch die Verbraucher selbst über die Heiz- und Kraftstoffpreise belastet sind, haben diese „weniger“ Geld zur Verfügung, um zu konsumieren. Das wieder verschärft den Wettbewerb zwischen den Unternehmen, so dass diese die höheren Produktionskosten nicht auf die Verbraucher umlegen können.
Die Folge davon sind sinkende Gewinnmargen.
Aus diesem Grund ist eine importierte Inflation nicht mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen, wie eine Inflation, die durch zu hohes Wachstum entsteht. Mit anderen Worten, die Fed hat mehr Spielraum, die Zinsen zu senken. Der Arbeitsmarkt ist wichtig
Die Fed muss also weniger auf die Entwicklung der Rohstoffpreise achten, diese kann sie schließlich nicht beeinflussen, sondern auf die Entwicklung der Löhne. Diese wiederum hängen direkt mit dem Arbeitsmarkt zusammen. Und hier kamen am Freitag erschreckende Nachrichten: US-Arbeitslosenquote steigt auf Zweijahreshoch
Die neu geschaffenen Stellen in den USA sanken auf 18.000 Stellen. Analysten hatten mit 70.000 gerechnet (!). Die Arbeitslosenquote stieg damit von zuvor 4,7 auf nunmehr 5 % an und damit auf den höchsten Stand seit November 2005!
Das ist ein klares Warnzeichen. Der Arbeitsmarkt ist in den USA derart wichtig, da das Wirtschaftswachstum in den USA hauptsächlich vom Binnenkonsum abhängig ist. Für viele Analysten waren diese Zahlen somit ein deutlicher Hinweis darauf, dass die USA in eine Rezession abrutschen wird. Dementsprechend kam es zu starken Verlusten am Freitag in den USA. So einfach ist es nicht!
Halt, möchte der geneigte Börsianer hier rufen. Wir rechnen schon die ganze Zeit mit einer Rezession in den USA. Das ist mehr oder weniger schon in den Kursen eingepreist. Hinzu kommt, dass die Börse immer die Zukunft vorweg nimmt. Das bedeutet, sie wird in einer Rezession darauf traden, dass es besser wird, sprich die Kurse steigen, und in einem Boom darauf traden, dass es schlechter wird, sprich die Kurse fallen, oder laufen seitwärts.
Aus diesem Grund sind schlechte Wirtschaftsjahre oft sehr gute Börsenjahre. Ein Umstand, der immer wieder von den ganzen Volkswirtschaftlern übersehen wird. (Erinnern Sie sich an die Jahre 2003 und 2004) Alles zusammengenommen ist es bullish
Nun muss man nur noch 1 und 1 zusammenzählen.
1. Wenn die USA in eine Rezession abrutscht, wird die Weltwirtschaft davon ebenfalls betroffen sein. Eine weltweit sinkende Wirtschaftskraft führt dazu, dass die Nachfrage nach Rohstoffen abnimmt. Die Rohstoffpreise haben somit nur noch beschränktes Aufwärtspotential, da dort viel vorweg genommen wurde. Das wird aber die Inflationsgefahren dämpfen.
2. Wenn der US- Arbeitsmarkt weiter einbrechen sollte, sinkt die Gefahr der Lohninflation erheblich. Es wird in diesem Fall vielmehr zu einem stärkeren Preiskampf zwischen den Unternehmen kommen, so dass wir wieder schnell beim Thema Deflation sind.
3. Wenn die Inflationsgefahren sinken oder sogar Deflationsgefahren drohen, dann hat die Fed wieder die Handhabe, die Zinsen weiter zu senken, um die Wirtschaft zu stützen!
Folge: Wenn die Fed die Zinsen weiter deutlich senkt, während die Börsen seitwärts laufen oder fallen, dann wird ein massiver Ausbruch aus dieser Seitwärtsbewegung nach oben wahrscheinlich! Das wäre das bullishe Signal schlechthin! Fazit:
Tatsächlich ist also das, was wir an US-Konjunkturdaten in der letzten Wochen gesehen haben für die Börsen tendenziell positiv. Allerdings kann es, wie immer, zu Verzögerungseffekten kommen. Erst einmal müssen die Zittrigen aus dem Markt gedrängt werden. Erst einmal kann das Thema Rezession in den USA noch eine Weile gespielt werden.
Der Markt reagiert zurzeit, wie ich hier schon beschrieben habe, tendenziell sehr langsam. Das liegt meines Erachtens daran, dass das große Geld sich zum Teil aus dem US-Markt bereits verabschiedet hat. Und das sind die Jungs, die solche Entwicklungen vorwegnehmen. Die „Kleinanleger“ reagieren eher tagesaktuell.
Unsere Aufgabe muss es also sein, herauszufinden, wann das große Geld wieder einsteigt, wann es auf eine Entwicklung wie oben beschrieben, setzt. Da das nicht unbemerkt geschehen kann und wird, müssen wir genauestens auf die Charts achten.
In diesem Sinne
auch wenn es fast schon etwas spät ist:
Eine gute Gesundheit, viel Glück und Erfolg im Jahr 2008
Ihr
Jochen Steffens ----------- mfg me |