Düsseldorf/StuttgartBis 2022 müssen alle deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, hat der Bundestag beschlossen. Unklar aber ist, wo der Strom nach der Energiewende herkommen soll. Die Stadtwerke sind zu klein, um die notwendigen Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien zu stemmen. Und die großen Energieversorger erhalten praktisch kein Kapital mehr, seit der Atomausstieg beschlossen ist - weder von Aktionären noch von Banken oder Anleihegläubigern. Denn die enormen Risiken, die den Konzernen beim Rückbau der Kernkraftwerke entstehen, sind den Investoren zu hoch.
Ein möglicher Ausweg wird derzeit bei den Energieversorgern, aber auch in eingeweihten Kreisen in Berlin diskutiert. Der streng vertrauliche Plan, dessen Eckpunkte dem Handelsblatt bekannt sind, wurde von der Investmentbank Lazard erarbeitet. Er sieht eine Atomstiftung vor, die es den Versorgern ermöglichen soll, bis zu 50 Milliarden Euro in erneuerbare Energien zu investieren.
Nach dem Vorschlag könnten die Konzerne ihre Meiler in eine staatliche Stiftung einbringen. Die Risiken, die sie an die Stiftung abgeben, liegen bei etwa 28 Milliarden Euro. Im Gegenzug müssten sie ihre gesamten Atomstrom-Einnahmen aus den verbleibenden Meilern bis 2022 bei der Stiftung abliefern. Die Summe beläuft sich auf circa 15 Milliarden Euro.
Die Differenz von 13 Milliarden Euro gleicht der Staat aus - im Gegenzug erhält er Schuldscheine der ehemaligen Atomkonzerne. Die Unternehmen können diese Forderungen nur gegen Investitionen in erneuerbare Energien ablösen.
Wenn ein Konzern beispielsweise zwei Milliarden Euro in einen Offshore-Windpark investiert, der sich eigentlich nur bei Kosten von 1,8 Milliarden Euro wirtschaftlich betreiben ließe, könnte das Unternehmen die Differenz von 200 Millionen mit dem Schuldschein verrechnen. Diese Summe gibt der Staat in diesem Fall an Subventionen dazu, damit der Windpark gebaut wird.
Experten schätzen, dass so ein Anreiz entsteht, mindestens einen "hohen zweistelligen Milliardenbetrag" in erneuerbare Energien oder auch in die nötigen Stromtrassen zu investieren. "Grundsätzlich könnte das ein erfolgversprechender Weg sein, die Energiewende voranzubringen", sagte der Vorsitzende der Energiegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, dem Handelsblatt..