Anlass der Studie: GBC Management Interview mit Dr. Pahl, Windsor AG Empfehlung: Kaufen seit: 19.7.2012 Letzte Ratingänderung: Analyst: Cosmin Filker Die Windsor AG (ISIN DE0006190705) wurde im Mai 2012 mehrheitlich (52 %) vom Berliner Pharmaunternehmen MPH Mittelständische Pharmaholding AG (MPH AG) übernommen, der Streubesitz (Freefloat) beträgt derzeit rund 48%. Nach der Übernahme fand ein Managementwechsel statt. GBC-Analyst Cosmin Filker hat mit dem neuen Vorstand der Gesellschaft, Dr. Christian Pahl, welcher parallel auch Vorstand bei der MPH AG ist, ein Management-Interview geführt. Im Fokus stehen dabei die jüngst gemeldeten Geschäftsjahreszahlen 2011 sowie auch die künftigen Potenziale der Windsor AG. GBC AG: Herr Dr. Pahl, jüngst haben Sie den Geschäftsbericht der Windsor AG veröffentlicht. Die Geschäftsentwicklung kann als erfreulich bezeichnet werden. Der Gewinn weist, abhängig von der Rechnungslegung, aber erhebliche Unterschiede auf. Nach HGB beläuft sich der Jahresüberschuss auf 5,3 Mio. EUR, nach IFRS hingegen wurden 1,6 Mio. EUR verdient. Wie kommt dieser Unterschied zustande? Dr. Pahl: Die Windsor AG kaufte Genussscheine für Kurse unter Ausgabepreis an der Börse auf. Der Einzug im Jahr 2011 führte nach HGB zu einem Gewinn von 2,9 Mio. Euro, während nach IFRS kein Gewinn aus diesem Sachverhalt resultiert. Der Verkauf von MPH-Aktien führte im Jahr 2011 nach HGB zu einem Gewinn von 3,7 Mio. Euro. Nach IFRS führten die ansteigenden Kurse bereits vorgängig (in 2010) quartalsweise zu Gewinneinbuchungen. Aus dem Verkauf wurde daher nach IFRS nicht in gleicher Höhe ein Gewinn erzielt. GBC AG: Die Hauptversammlung wird am 23. August 2012 in Berlin stattfinden. In seinen Äußerungen hat der vorherige Vorstand eine Dividende in Aussicht gestellt. Die Verwaltung schlägt nun vor, dass der Bilanzgewinn vollständig auf neue Rechnung vorgetragen wird. Wieso der Sinneswandel? Dr. Pahl: Zunächst sollten die Windsor-Aktionäre wissen, dass ich bei der MPH in meiner Vorstandstätigkeit hohe Dividendenausschüttungen unterstütze. Für das Jahr 2011 zahlte die MPH AG im Juni 2012 bei einem Gewinn von 23 Cent je Aktie eine Dividende von 20 Cent je Vorzugsaktie. Im Vorjahr zahlten wir ebenfalls 20 Cent für 2010 aus. Im Immobilienbereich stellt es sich so dar, dass Banken derzeit kaum Bereitschaft zeigen Grundstückskäufe und/oder Bauprojekte zu finanzieren. Es werden lediglich Bestandsimmobilien mit Mieterträgen finanziert. Die attraktiven Grundstückskaufopportunitäten kann die Windsor-Gruppe daher nur mit eigenem Geld ausnutzen. Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung, beruhend auf der aktuellen Marktsituation, vor, dass keine Dividende ausgezahlt wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Windsor AG im nächsten Jahr eine Dividende auszahlen wird. Als Mehrheitsaktionär hat die MPH AG ein ureigenstes Interesse selbst auch Dividende zu erhalten. In der aktuellen Situation möchte ich zum Wohle der Gesellschaft keine Dividendenzahlung vorschlagen. GBC AG: Die Beteiligung der MPH AG war für die Windsor AG in den letzten Jahren ein wichtiger Ergebnisfaktor. Sollen hieraus auch künftige Kurs- und Dividendenerträge generiert werden, oder ist eine Reduktion dieser Finanzbeteiligung geplant? Dr. Pahl: Die Windsor AG wird im zweiten Halbjahr 2012 weitere MPH-Aktien aus dem Restbestand von 4,3 Mio. Stück in Privatplatzierungen verkaufen. Die frei werdenden Mittel stehen dann für neue Investitionen zur Verfügung. Erträge sind darüber hinaus von den anderen Pharmabeteiligungen und dem Immobilienbereich zu erwarten. GBC AG: Mit den zwei vollkonsolidierten Pharmagesellschaften Simgen GmbH und Pharmigon GmbH wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr jeweils positive Ergebnisbeiträge erzielt. Laut Kommunikation soll sich dieser Bereich als wichtiger Wachstumstreiber etablieren. Welche Strategie verfolgen Sie und welche Synergieeffekte ergeben sich zur Muttergesellschaft MPH AG? Dr. Pahl: Diese beiden Gesellschaften bearbeiten andere Wertschöpfungssegmente als die übrigen Pharmabeteiligungen. Gemeinsam ist allen Pharmabeteiligungen, dass der Schwerpunkt auf Onkologie und weiteren Therapiefeldern chronischer Erkrankungen liegt, hier besteht in Deutschland und darüber hinaus in Westeuropa das stärkste Wachstum. Besonders attraktiv ist hier für uns der Aspekt, dass der sogenannte Herstellerzwangsrabatt bei der derzeitigen Ausrichtung von Simgen und Pharmigon hier wenig oder gar keine Relevanz hat, während bei unserer größten Gesellschaft, der HAEMATO PHARM AG, leider eine hohe Relevanz des in 2010 erhöhten Herstellerzwangsrabattes besteht. Wachstum bei Simgen und Pharmigon ist daher besonders attraktiv. GBC AG: Was sind die Gründe für den Verkauf von 50 % der Anteile an der Pharmigon GmbH? Dr. Pahl: Es handelt sich hier nicht um einen Verkauf, der andere Beteiligungsinhaber hat Know-How eingebracht. Im Resultat haben wir nun eine Beteiligung von jeweils 50%. Das Geschäft wächst derzeit mit ca. 20 % gegenüber Vorjahr. Wir erwarten daher auch einen Gewinn von mehr als 1 Mio. Euro bei Pharmigon in 2012. GBC AG: Ein überwiegender Anteil der Umsätze im Pharmabereich wurde mit wenigen Kunden erzielt. Wie soll diese Abhängigkeit künftig reduziert werden? Dr. Pahl: Simgen und Pharmigon verkaufen jeweils vornehmlich an wenige Großkunden. Die Kundenanzahl soll sukzessive ausgebaut werden. GBC AG: Kommen wir auf den Immobilienbereich zu sprechen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 wurden hier keinen nennenswerten Umsätze und sogar negative Ergebnisse erzielt. Können Sie den Investoren die Gründe dafür darlegen sowie einen Ausblick über diesen Bereich geben? Dr. Pahl: Die Projektentwicklung bei größeren Bauvorhaben kann durchaus 2 Jahre und länger andauern. In den letzten beiden Jahren wurden weniger Fertigstellungen und damit Verkäufe realisiert als wünschenswert wäre. Im Resultat wurden daher Verluste im Immobilienbereich erwirtschaftet. Nach reiflicher Überlegung haben wir uns entschlossen, die günstige Marktsituation zu nutzen und Projekte bereits vor Fertigstellung an andere Firmen zu verkaufen. Ende Juni und Mitte Juli 2012 haben wir daher Verkäufe getätigt, die in der Summe einen Rohgewinn (vor Verwaltungskosten) von mehr als 5 Mio. Euro erbrachten. Die Gewinnsituation für 2012 sieht aus diesem Grund bereits gut aus. Wir haben vor, die erzielten Erlöse zu nutzen, um neue Grundstücke in Berlin zu erwerben. GBC AG: Welche weiteren Schritte zur Integration der Windsor in die MPH AG sollen noch erfolgen? Dr. Pahl: Es ist unser Ziel, den Pharmabereich durch Wachstum der bestehenden Gesellschaften und durch Aufbau weiterer Gesellschaften im Pharma/Healthcare-Bereich auszubauen. Die Kooperation mit den MPH-Gesellschaften ist hier förderlich. Im Immobilienbereich möchten wir eine Nutzung von Potentialen für Gesundheitsimmobilien erreichen. GBC AG: Wo sehen Sie die Windsor AG in fünf Jahren? Dr. Pahl: Für beide Segmente, Pharma/Healthcare und Immobilien gehe ich von profitablem Wachstum aus. Die MPH ist erst seit Mai 2012 mehrheitlich an der Windsor AG beteiligt. Nach meinem Eintritt in den Vorstand und dem Ausscheiden von Herrn von der Locht haben wir zur schnellen Realisierung von Immobilien-Gewinnen beigetragen, da es aus unserer Sicht wichtig war, hier aus der Sicherheit einer Gewinnsituation heraus nun in Ruhe bis Ende des Jahres die weiteren Potentiale im Immobilienbereich zu analysieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass beide Segmente in der Windsor-Gruppe fortgeführt werden. Wenn sich die Potentiale bei Gesundheitsimmobilien nicht wie gewünscht heben lassen, dann kann ich mir auch eine Abspaltung des Immobilienbereiches im Rahmen einer dann unabhängig agierenden Windsor Real Estate AG vorstellen. Wir wollen hier gerne die nächsten 12 Monate nutzen, um ein vollständiges Analyseresultat zu erzielen. GBC AG: Herr Dr. Pahl, ich danke Ihnen für das Gespräch. Datum des Interviews: 19.7.2012; Erstveröffentlichung 20.7.2012 |