Hypernervöse Anleger fiebern Bernankes Rede entgegen
Nach der jüngsten Schussfahrt stehen die Investoren vor einer erneut von Nervosität gekennzeichneten Woche. Große Hoffnungen ruhen auf Fed-Chef Bernankes Rede auf dem Notenbankertreffen in Jackson Hole.
Rezessionsängste und Sorgen um die Staatsfinanzen halten die Anleger auch in der neuen Woche im Bann. Mit großer Spannung fiebern sie dem Freitag entgegen, wenn der amerikanische Notenbankchef Ben Bernanke eine Rede halten soll. Denn dann findet wie jedes Jahr ein internationales Notenbankertreffen in den Rocky Moutains, in Jackson Hole, statt. 2010 hatte Bernanke hier die Märkte auf die zweite Runde von Anleihekäufen eingestimmt, die im ersten Halbjahr dieses Jahres die Wirtschaft hätten stützen sollen.
"Die Rede wird das Highlight der Woche sein", sagt Stephen Stanley, Analyst beim Handelshaus Pierpont Securities. "An den Märkten sind die Hoffnungen sehr groß, vielleicht zu groß, dass etwas Konkretes verkündet wird. Es könnte sehr enttäuschend für die Investoren werden." Der Experte spielt darauf an, dass womöglich allein schon die großen Erwartungen der Anleger die Kurse treiben könnten, was sich bei einer Enttäuschung aber dann schlagartig ins Gegenteil umkehren würde.
Allerdings stehen bis Freitag noch eine Reihe frischer Konjunkturdaten auf beiden Seiten des Atlantiks an, die die Nervenstärke der Anleger immer wieder heftig testen könnten. Verunsichernd wirkt zudem, dass die Marktteilnehmer noch immer kein Vertrauen in die Lösung der Verschuldungskrise im Euro-Raum gefunden haben. Hinzu kommen Verspannungen auf dem Geldmarkt: "Besonders die Liquidität der Banken bereitet den Investoren Sorgen", sagt Robert Tipp, Stratege beim Versicherer Prudential. Zuletzt sorgten sich Währungshüter und Banker darum, ob einige Institute sich kurzfristig noch mit Dollar eindecken können.
Der jüngste Schwung negativer Wirtschaftsmeldungen aus den USA und Europa drückte bereits in dieser Woche die Aktienmärkte tief ins Minus. Der DAX fiel am Freitag auf ein Jahrestief bei 5349 Punkten und erholte sich bis Handelsschluss nur leicht. Im Wochenvergleich schloss er 8,6 Prozent tiefer bei 5480 Punkten. In London lag der FTSE 100 5,3 Prozent im Minus. Der europäische Auswahlindex Stoxx 50 verlor 5,6 Prozent. Schlechter als der Durchschnitt schnitten besonders Auto- und Finanztitel ab. Der japanischen Nikkei büßte 2,7 Prozent ein.
Wie Anfällig die Stimmung der Investoren derzeit ist, zeigte sich am vergangenen Donnerstag, als die Notenbank der Region Philadelphia (Philly Fed) ihren Konjunkturindex für die Industriefirmen veröffentlichte. Er sackte von minus 3,2 auf minus 30,7 Punkte heftig ab und überraschte viele Anleger negativ. Dieser Einbruch verstärkte die Konjunktursorgen der Marktteilnehmer, weil der Indikator nach Aussage von Ökonomen bereits auf eine Rezession deutet. Der landesweite Frühindikator für die US-Industrie steht allerdings erst am 1. September an.
Im Euro-Raum werden die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes aus der Industrie, inklusive der großen Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich, bereits am Dienstag veröffentlicht. Einen Tag später kommt dann das Münchner Ifo-Institut mit seinem Geschäftsklimaindex für die deutsche Wirtschaft. Spannend werden am Mittwoch auch die Auftragseingänge für langlebige Industriegüter in den USA werden, die einen Hinweis geben werden, ob sich die Wirtschaft tatsächlich bereits auf dem Weg in eine neue Konjunkturkrise befindet.
Allein schon diese Termine bergen genug Potential für einen anhaltenden Abwärtstrend an den Aktienbörsen. Umgekehrt dürften sich Staatsanleihen, Schweizer Franken oder Gold wie so oft in den vergangenen Wochen als beliebte Zufluchtsorte für die nervösen Anleger herausstellen. Die Zehnjahresrenditen auf Bundesanleihen waren deswegen in dieser Woche bereits auf ein Rekordtief von nur noch 2,027 Prozent abgesackt. Bei US-Staatpapieren fiel die Verzinsung kurzzeitig sogar auf nur noch 1,9735 Prozent und damit erstmals unter die Schwelle von zwei Prozent.
Die Flucht aus riskanten Aktien könnte auch aus Sicht technischer Analysten anhalten - etwa im DAX. "Mit dem neuen Jahrestief vom Freitag habe sich eine neue Unterstützungslinie ergeben", sagt Jana Meier, technische Analystin bei HSBC Trinkaus. "Das Verlaufstief von 5500 Punkten ist bereits durchbrochen, deswegen rechnen wir damit, dass sich die Talfahrt fortsetzt." Selbst wenn der deutsche Leitindex diesen Stand halten könnte, könne man erst ab 6000 Punkten von einer Erholung sprechen. "Das wird aber nicht kommen, im besten Fall rechnen wir daher mit einer Stabilisierung", sagte Meier.
Viele Marktteilnehmer erhoffen sich allerdings von US-Notenbankchef Bernanke klare Aussagen, wenn er am Freitag um 16 Uhr (MESZ) in Jackson Hole, im US-Bundesstaat Wyoming, seine Rede beginnt. Doch einige Analysten und Ökonomen dämpfen bereits die Erwartungen: "Ich kann mir vorstellen, dass Bernanke die Märkte beruhigen wird, aber mit QE3 rechne ich nicht", sagt Frank Wohlgemuth, Analyst der WGZ Bank. Unter QE3 verstehen Marktteilnehmer eine dritte Runde der geldpolitischen Lockerung (Quantative Easing, QE), bei der die Währungshüter Staatsanleihen am Markt aufkaufen. "Ein QE3 wäre eine echte Überraschung, aber sie sollten es tun", sagt Prudential-Stratege Tipp. "Es ist angebracht angesichts der ökonomischen Aussichten, der schwächelnden Konjunktur und des Verlauf der Finanzkrise."
In Erwartung der Ergebnisse aus in Jackson Hole gehen Analysten davon aus, dass insbesondere konjunkturanfällige Werte - Banken, Auto- und Maschinenbauer sowie Baukonzerne - weitere Verluste einfahren. Die Deutsche Bank senkte in einer Studie ihre Preiserwartungen für die gesamte europäische Baubranche. Analysten von Goldman Sachs reduzierten die Kursziele für Aktien von BMW und Volkswagen, stuften allerdings Daimler-Papiere von "neutral" auf "kaufen" hoch. Damit folge man den eigenen Herabstufungen der Konjunkturerwartungen für die USA und Europa, schrieben sie. "Die Tendenz geht zu defensiven Branchen, siehe Fresenius. Aber auch die Versorger gelten nicht mehr als Hort der Stabilität, und auch Banken würde ich meiden", so Wohlgemuth.
http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/...ten/ftd/BM/60093291.html ----------- Die Gedanken hier geben nur meine Meinung wider. Sprecht mit eurem Finanzberater darüber... |