Würde ich so nicht sehen wollen. Was hat Putin bezüglich seiner internen Macht und des Krieges durch diesen Ablauf verloren?
Ein Politiker wie Putin versteht eindeutig, dass es in erster Linie darum geht, "größeres russisches Blutvergiessen zu stoppen", und nicht darum, "Stärke zu zeigen", indem er jede x-beliebige Herausforderung seiner Macht brutal niederschlägt (was eigentlich das urtypische Verhalten eines echten Diktators ist).
Unter Berücksichtigung folgender wichtiger Punkte für Russland:
1. Die geopolitische Dimension muss stabilisiert werden - das Vertrauen der russischen Partner (China, Saudi-Arabien, Indien, Kasachstan) muss zwingend erhalten bleiben. 2. Die wirtschaftliche Dimension muss erhalten bleiben - die russische Wirtschaft darf nicht aus Angst vor einem Staatszerfall destabilisiert werden. 3. Die Dimension der "militärischen Sonderoperation" muss erhalten bleiben.
Bei so viel, was auf dem Spiel steht, wäre es das Schlimmste, sich auf gorrillaähnliche Demonstrationen der "Stärke" einzulassen. Das oberste Interesse Putins war es daher, wie bereits ausgeführt, ein großes Blutvergießen, bei dem Russen auf Russen schießen, zu verhindern.
Man kann es durchaus anders sehen, was von westlicher Seite ja eh wie stets der Fall ist, aber meiner Meinung nach hat Putin die angespannte innerrussische Situation elegant gelöst. Seine souveräne Beherrschung der Situation, wo alle anderen aus purer Angst instinktiv mit massiven Militäreinsatz zugeschlagen hätten, um jeden Anschein von Opposition zu zerstören, demontierte und neutralisierte er seinen Gegner systematisch, schnell und effizient. Die extrem kritische Situation mit einem durchdrehenden Söldnerkönig im Machtrausch und seiner 25.000 Mann Armee wurde in kürzestmöglicher Zeit und mit geringstmöglichen Schäden deeskaliert und beendet und Prigozhin kaltgestellt.
Kurz noch zu dem Thema "Prigozhin baut möglicherweise in Belarus eine Front gegen Kiew auf":
Das große Problem bei dieser Betrachtung ist, dass das Wagner PMC allein nicht groß genug ist, um von Weißrussland aus viel zu erreichen. Es müssten erheblich mehr russische Streitkräfte dorthin geschickt werden, aber es gibt es keinerlei Hinweise auf 150.000 oder mehr notwendige Soldaten in Belarus. Solange wir also nicht sehen, dass sowohl Wagner als auch andere größere Kontingente russischer Streitkräfte dorthin verlegt werden, macht es überhaupt keinen Sinn zu behaupten, dass Prigozhins Anwesenheit in Belarus etwas anderes als das Exil bedeutet. |