Der Markt scheint für Schaeffler seit einem Jahrzehnt nicht liquide zu sein, um sie fair zu bewerten. Anders ausgedrückt, die Aktie war beim IPO brutal überbewertet und die Familie Schaeffler hat sich mit NEGATIVEN Anschaffungskosten (-> Buchwert des Konzerneigenkapitals beim IPO negativ) 75% der Dividenden (500/666) und 100% der Stimmrechte gesichert.
Es wird immer deutlicher, dass Unternehmen, wo ausschließlich stimmrechtslose Vorzugsaktien börsengelistet sind, für Kleinaktionäre kein langfristiges Erfolgsmodell sind.
Die Fundamentalzahlen sehen prima aus, aber Schaeffler hat 10 Jahre nach dem IPO jetzt gerade einmal ein KBV von 1 erreicht, d.h. man musste 10 Jahre lang wirtschaften, um ein der Marktkapitalisierung (666 x 6 € = 4 MRD €) entsprechendes Eigenkapital zu erreichen.
Angesichts von Wettbewerbern Conti, ElringKlinger oder Faurecia mit KBV zwischen 0,6 und 0,8 sieht ein KBV von 1,0 unverändert nicht nach krasser Unterbewertung aus.
8% Dividende klängen gut, wenn der Anleger diese nicht Jahr für Jahr durch Kursverluste erkaufen müsste. Wer hier bereits langfristig dabei ist und nicht etwa erst beim ATL nahe 4,50 EUR eingestiegen ist, sitzt hier seit Jahren auf riesengroßen Buchverlusten. Jede Hoffnung auf eine Kursstabilisierung wird von den Shortsellern hier immer wieder zunichte gemacht.
Da große amerikanische Finanzinvestoren mangels Einflussnahmemöglichkeit keine Vorzugsaktien kaufen, ist Schaeffler seit Jahren zum Spielball von Kurzfristzockern mutiert.
Allein die gestrige Shortattacke hat auf Xetra und Tradegate insgesamt eine Verkaufslawine von mehr als 2% der ausstehenden 166 Mio Aktien ausgelöst. Und am Folgetag geht der Abverkauf nach einem kleinen Aufbäumen zu Tagesbeginn munter weiter.
Aus diesem Fakt kann ich weder herauslesen, dass hier angesichts von Shortselling "niemand zittert" und auch keine echte Überzeugung in eine fundamentale Unterbewertung.
Überzeugung für eine Aktie manifestiert sich an der Börse durch KÄUFE und nachhaltige Kursstärke. Bei Schaeffler sehe ich aktuell leider weder echtes Kaufinteresse noch Kursstärke.
Das Gros der Anleger scheint im Hinblick auf das verheerende Chartbild auf billigere Einstiegskurse zu spekulieren. Die letzte Unterstützung (SMA 200 bei 6,09€) wurde gestern locker und leicht nach unten durchbrochen. Wenn diese Unterstützung nicht umgehend zurückerobert wird, droht charttechnisch ein Abverkauf um mindestens weitere 10% in den Bereich 5,25 - 5,50 EUR.
Das ist der Investmentcase der Shortseller...
Zur Klarstellung: Nach dem Motto "die Hoffnung stirbt zuletzt" bin ich seit Jahren long in Schaeffler. Aber ich muss leider konstatieren, dass die Aktie langfristig bisher nur der Familie Schaeffler Freude bereitet hat. Selbst 10% Divi Rendite können die herben Kursverluste der letzten 10 Jahre nicht näherungsweise ausgleichen. Im Vergleich zum IPO bei 13 EUR hat sich das Chance Risiko Verhältnis beim aktuellen Kurs nahe 6 EUR objektiv deutlich verbessert. Daher bleibe ich auch dabei. Angesichts des extrem angeschlagenen Chartbilds allerdings aus eher fatalistischen Gründen denn aus Überzeugung, dass sich das Chartbild kurzfristig signifikant verbessert. Ich lasse mich aber sehr gern eines besseren belehren ;-) |