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Krisenverhandlungen weiter ergebnislos
Mit zunehmender Ungeduld verfolgt die Welt den Politstreit um die Schuldenobergrenze in den USA. Immer dringlicher werden die Mahnungen, die ab Donnerstag drohende Zahlungsunfähigkeit durch einen Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern abzuwenden. Auch nach weiteren Verhandlungen in der Nacht auf Sonntag sind die Fronten in Washington jedoch unverändert hart.
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) etwa erklärte am Wochenende in Washington anlässlich der Treffen zwischen G-20, Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), er hoffe auf eine Lösung „in den nächsten Tagen“. Zuvor hatte er gesagt, ein Zahlungsausfall der Vereinigten Staaten sei „eigentlich nicht vorstellbar“, und die Folgen wären „schwer kalkulierbar“. „Europa ist nicht mehr die Quelle der Sorgen in der Weltwirtschaft“, versuchte Schäuble der US-Krise Positives abzugewinnen.
Auch für Nowotny „extrem gefährlich“
Schäuble war einer von vielen, der die hochkarätigen Wirtschaftstreffen am Wochenende dazu nützte, um den USA ins Gewissen zu reden. Neben den Finanzministern der führenden Industrie- und Schwellenländer im G-20-Forum ermahnte auch der Lenkungsausschuss des IWF die USA zu unverzüglichem Handeln. Weltbank-Chef Jim Yong Kim warnte vor den „desaströsen Folgen“ eines Zahlungsausfalls der USA: „Wir sind fünf Tage von einem sehr gefährlichen Moment entfernt.“
Nationalbank-Chef Ewald Nowotny sprach am Samstag gegenüber Ö1 von einer „extrem gefährlichen“ Situation, wenn man in Washington nur auf kurzfristige innenpolitische Ziele fokussiere. Die USA riskierten den Status des Dollars als Weltleitwährung. „Wenn es tatsächlich zu einem Zusammenbruch hier kommt, weiß eigentlich niemand ganz genau, was da passiert.“ US-Finanzminister Jack Lew räumte seinerseits gegenüber dem IWF ein, dass das Ansehen der USA als „sicherer Hafen“ der Finanzwelt auf dem Spiel stehe.
Kompromiss weit und breit nicht in Sicht
Wenn der US-Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze von 16,7 Billionen Dollar (12,3 Billionen Euro) nicht anhebt, könnte der weltgrößten Volkswirtschaft ab Donnerstag die Zahlungsunfähigkeit drohen. Bereits seit 1. Oktober stehen weite Teile der US-Bundesverwaltung still, weil sich der Kongress nicht auf einen Haushalt für das zum Monatsbeginn angebrochene Fiskaljahr einigen konnte. Ein Kompromiss zwischen US-Präsident Barack Obama und den Republikanern war am Wochenende nicht in Sicht.
Führende Demokraten im Senat bekräftigten am Samstag nach einem Treffen mit Präsident Obama, dass über alles Mögliche verhandelt werden könne - aber erst, wenn ein Übergangsetat verabschiedet und die Schuldenobergrenze angehoben worden sei. Zuvor hatte Obama einen Vorschlag der Republikaner im Abgeordnetenhaus abgelehnt. Umgekehrt scheiterten die Demokraten im Senat mit einer eigenen Initiative. Einziger Lichtblick: Die Verhandlungen zwischen den Fraktionschefs der Republikaner und der Demokraten im Senat liefen weiter.
Geldfluss würde innerhalb von zwei Wochen versiegen
Die Zeit für eine Lösung drängt. Stichtag für eine Erhöhung des Schuldenlimits ist der 17. Oktober. Danach könnten die USA wohl noch rund zwei Wochen lang ihre Rechnungen bezahlen, dann würden sie aber auch de facto in die Zahlungsunfähigkeit abrutschen - mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft. Schon seit 1. Oktober sind Hunderttausende öffentliche Bedienstete im Zwangsurlaub, zahlreiche öffentliche Einrichtungen sind geschlossen oder laufen auf Sparflamme.
Budget als Austragungsfeld von Ideologiestreit
Dass bei dem Konflikt unterschiedliche Forderungen zum Budget mit dem Ideologiestreit um Obamas Gesundheitsreform verwoben sind, macht eine Einigung noch schwerer: Zuletzt lehnten die Demokraten ein republikanisches Kompromissangebot ab, das kleinere Änderungen an der Gesundheitsreform mit einer Erhöhung des Schuldenlimits bis Ende Jänner und einen Übergangsetat für sechs Monate vorsah. Zur Durchsetzung der jeweils eigenen Ideen haben weder Republikaner noch Demokraten ausreichende Mehrheiten.
Im Zentrum des eigentlichen Budgetstreits steht die Forderung der Republikaner nach Einsparungen bei den Sozialprogrammen - oder die Beibehaltung der seit dem Frühjahr geltenden massiven Kürzungen querbeet durch den US-Etat. Die Demokraten pochen ihrerseits auf Steuererhöhungen für die Reicheren. Eine Einigung könnte frühestens Montagabend (Ortszeit) abgestimmt werden, denn erst dann kommen die Abgeordneten aus dem verlängerten Wochenende - am Montag feiern die USA den Columbus Day - zurück. |