Nichts für Herzschwache Actelion Altaktionäre platzieren Titel des Biotechunternehmens im Publikum, wodurch sich die Liquidität erhöht. Gewinne gibt es frühestens ab dem Jahr 2002. Bis dann bleibt die Aktie anfällig für Überraschungen.
Dietegen Müller Seit der Emission im April hat sich der Aktienkurs des Biotechunternehmens Actelion beinahe verdreifacht. Die Ankündigung jedoch, dass Altaktionäre bis zu 10% des Aktienkapitals im Publikum platzieren wollen, hat den Preis etwas gedrückt. Sie nutzen den Ablauf der Haltefrist (Lock-up-Periode) und die beträchtlichen Avancen, um Gewinne zu realisieren. Ab dem 26. Oktober sind sie nicht mehr im Besitz der Titel. Trotz des Kursrückgangs bleibt die Aktie aber mit einer Kapitalisierung von 3,3 Mrd Fr. das Schwergewicht im Swiss New Market Index (SNMI). Actelion gehört zu den wenigen biopharmazeutischen Unternehmen, die gleichzeitig an der Entwicklung von zwei Medikamenten arbeiten. Die 1998 von ehemaligen Roche-Managern gegründete Firma strebt den Durchbruch in der Erforschung des so genannten Endothels an. Endothel ist eine Hautschicht in der Innenwand der Blutgefässe, die gefässverengende Substanzen ausschüttet. Mit den beiden in der klinischen Testphase stehenden Medikamenten Bosentan und Tezosentan kann die Ausschüttung solcher Substanzen blockiert und das Risiko eines Herzversagens deutlich verringert werden.
Benutzerfreundlich Während das auf chronische Herzschwäche ausgerichtete Bosentan bereits in der Endphase klinischer Versuche steht, soll für Tezosentan Mitte 2001 die Zulassung eingereicht werden. In der Kombination ergänzen sich beide Medikamente: Tezosentan richtet sich an Personen mit akuter Herzschwäche, ein Krankheitsbild, das auch bei chronischer Herzschwäche auftritt. Denise Anderson, Analystin bei der Bank Sarasin, rechnet bei Bosentan mit einem Umsatzpotenzial von 1 Mrd Fr. und einem Markt von 10 Mio Personen. Um dieses Potenzial voll ausschöpfen zu können, muss Bosentan jedoch mit zwei verschiedenen Indikationen auf den Markt kommen. Mitte Okober hat Bosentan für die eine Indikation «Bluthochdruck im Lungenkreislauf» bereits die «Oprhan Drug Designation» erhalten. Diese ermöglicht in den USA den Verkauf von Medikamenten an einen Abnehmerkreis von weniger als 200 000 Personen. Auch wenn diese Bewilligung früher als erwartet erteilt worden ist, darf sie nicht überbewertet werden. Die definitive Registrierung durch die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) steht noch aus. Mit der «Orphan Drug Designation» kann Actelion jedenfalls glaubwürdiger gegenüber den Registrierungsbehörden auftreten und spart 600 000 Fr. an Gebühren. Eine Markteinführung von Bosentan mit der Indikation «Bluthochdruck im Lungenkreislauf» erwartet Denise Anderson im letzten Quartal 2001. Der Abnehmerkreis umfasst hier ungefähr 100000 Personen in den USA und Europa . Zur anderen Indikation von Bosentan (chronische Herzschwäche) macht das Unternehmen im Moment keine neuen Angaben. Hier sind die Wachstumschancen aber viel grösser. Dennoch ist die Bank Sarasin zuversichtlich, dass Actelion bereits 2002 das erste Mal schwarze Zahlen schreiben, wird und empfiehlt die Aktie zum Kauf. Für das Jahr 2002 prognostiziert sie Actelion einen Gewinn von 94,4 Mio Fr. Auch Rolf Furter, Analyst bei der Bank Vontobel, ist positiv eingestellt und würde im Rahmen der Zweitplatzierung Aktien kaufen. «Sogar wenn Bosentan nur mit der Indikation Bluthochdruck im Lungenkreislauf lanciert wird, sollte das genügen, 2003 die Gewinnschwelle zu erreichen», sagt er. Auch wenn heute noch keine vollständigen Informationen über die Wirksamkeit vorliegen, scheint Bosentan ein viel versprechendes Produkt zu sein. Dank seiner grösseren Anwenderfreundlichkeit hat es gute Chancen, das einzige erhältliche Konkurrenzprodukt auszustechen. Dieses muss mit einer Pumpe intravenös verabreicht werden, während Bosentan in Pillenform geschluckt werden kann. Stimmt der Verkaufspreis, ist ein grosser Erlös garantiert. Langfristig wird aber das Gewinnwachstum bei Bosentan limitiert sein, wenn nicht zusätzliche Indikationen bewilligt werden. Wie bei anderen Biotech-Unternehmen besteht ein grosses Risiko im Ausgang der klinischen Tests. Denise Anderson warnt deshalb vor übertriebenen Erwartungen: «Engagements in solche Unternehmen sind immer spekulativ und mit Risiken verbunden.» Im Vergleich zu anderen börsenkotierten Biotechfirmen erachtet sie Actelion als fair bewertet. Weiterhin glaubt Anderson aber an ein gewisses Aufwärtspotenzial, da sie den beiden Medikamenten gute Marktchancen zubilligt. Zu einem ähnlichen Urteil kommt Rolf Furter: «Die bei einem Kauf zu leistende Prämie von 20% im Vergleich zu direkten Konkurrenten wie Texas Biotech scheint gerechtfertigt, da Actelion weiter vorne in der Entwicklung steht.» Verglichen mit der gesamten Biotech-Branche weist Actelion weiterhin einen Abschlag von ungefähr 30% auf. Dies führt Furter auf den noch geringen Bekanntheitsgrad zurück. Das erwartete Gewinnwachstum von jährlich über 100% in der Periode von 2003 bis 2006 macht Actelion für Furter zu einer langfristigen Anlage, auch wenn er sich prinzipiell nicht auf ein Kurziel festlegen will. stammt aus dem Schweizer Handelsblatt
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