Quelle : http://www.boerse-online.de/aktie/nachrichten/...nalysten/620636.html
Die Agenturen lagen 2010 mit ihren Tipps daneben. Die empfohlenen Branchen aus dem S&P 500 schnitten schlecht ab – die verschmähten trumpften dagegen auf. Es gibt eine Berufsgruppe, die beschäftigt sich tagaus, tagein mit nichts anderem, als die Zukunft von Unternehmen vorherzusagen. Gemeint sind die Aktienanalysten, auf die kaum eine Bank verzichtet. Täglich überschütten sie die Investoren mit Kauf- und Verkaufsempfehlungen. Einen Wert haben die Einschätzungen aber offenbar nur, wenn Anleger genau das Gegenteil tun.
So sind seit Beginn der Erholung an den US-Börsen im März 2009 die von Analysten am meisten empfohlenen Aktien aus dem S&P 500 im Mittel um 73 Prozent gestiegen. Jene Aktien mit der niedrigsten Quote an Kaufempfehlungen haben hingegen mit 165 Prozent Gewinn gut das Doppelte eingebracht. Der S&P 500 hat seit dem 9. März 2009 etwa 88 Prozent zugelegt. Im vergangenen Jahr ergab sich ein Plus von knapp 13 Prozent.
In diesem Zeitraum entwickelten sich Konsumwerte am besten, allen voran die Aktie des Internetfilmanbieters Netflix, die mit einem Kursplus von 219 Prozent bester Wert im S&P 500 war. Auch Industrieunternehmen wie der Motorenhersteller Cummins konnten deutlich zulegen. Analysten hatten hingegen Gesundheitsaktien und Technologiewerten die besten Wachstumsaussichten für das Jahr 2010 attestiert. Beide Branchen verzeichneten am Ende jedoch die geringsten Aufschläge unter zehn Branchen im S&P 500 und legten jeweils weniger als zehn Prozent zu.
Fondsmanager Don Wordell von Ridgeworth Capital Management überraschen die Resultate jedoch nicht: „Wenn eine Aktie von 15 Analysten beobachtet und zum Kauf empfohlen wird, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass es noch viel Potenzial nach oben geben kann“, sagt er. „Andererseits kann bei einem Votum von 15 Verkaufseinstufungen durchaus mit einer stark überdurchschnittlichen Wertentwicklung gerechnet werden.“
Laut einer Berechnung des Datenanbieters Bloomberg sind die Aktien mit den meisten Kaufempfehlungen im S&P 500 im Vorjahr um 8,7 Prozent gestiegen. Jene mit den wenigsten Kaufempfehlungen waren jedoch um 20 Prozent nach oben geklettert. Bloomberg hatte für die Berechnung jedem Analystenvotum eine Nummer zwischen eins für „verkaufen“ und fünf für „kaufen“ zugewiesen. Aktien mit mindestens fünf Einstufungen wurden je nach mittlerem Rating zum 31. Dezember in drei Gruppen eingeteilt. Gewertet wurden nur solche Voten, die weiterhin gültig sind.
Unter den Flops fanden sich etwa Empfehlungen des Barclays-Analysten Tony Butler, der seinen Kunden den Kauf von Pfizer und von Merck & Co. empfohlen hatte. Die Aktie von Pfizer, dem führenden Pharmakonzern der USA, beendete das Jahr mit einem Verlust von 3,7 Prozent, Merck-Aktien verloren 1,4 Prozent. „Man kratzt sich schon am Kopf und fragt sich, ob der Markt jetzt etwas weiß, das ich vielleicht verpasst habe“, sagt Butler. Immerhin brachte Butlers Aktienauswahl im Vorjahr noch einen Ertrag von 13 Prozent, was oberhalb des Durchschnitts der Pharmaanalysten lag.
Zu den derzeitigen Favoriten der Analysten zählen in den USA Einzelhändler und Restaurantketten. Letztere Branche schnitt 2010 mit am besten ab. Entsprechend ausgeweitet haben sich die Bewertungen – die Aktien sind insgesamt höher bewertet als der Durchschnitt des S&P 500 gemessen an den Gewinnprognosen für 2011. Wer als Investor jedoch den Analystenrat als Kontraindikator hernimmt, sollte Versorgeraktien kaufen. Die Branche zahlt zusammen mit den Telekomunternehmen und Banken die höchsten Dividenden. Zudem werden die Gewinne voraussichtlich dreimal so schnell zulegen wie im Durchschnitt des S&P 500. ----------- Gute Aussichten sind wertlos. Es kommt darauf an, wer sie hat.(Karl Kraus, österr. Schriftsteller) |