US-Ökonom Roubini: Noch mehr Geld in das marode System pumpen
14. Dezember 2010 10:45
Newsletter vom 13.12.2010
Liebe Schlussgong-Leser,
der deutsche Leitindex notiert zum Wochenauftakt freundlicher. Gute Vorgaben aus Asien sorgten schon für eine stärkere Eröffnung, die im weiteren Handelsverlauf zu einem neuen Jahreshoch von 7.044 Punkten führte. Zum Handelsschluss notierte der DAX mit 0,3% höher bei 7.029 Punkten.
Großer Gewinner war heute ausnahmsweise der krisengeschüttelte Euro, der selbst ohne wichtige Neuigkeiten um über 1,5% zulegte und wieder bei 1,34 Dollar notiert. Dazu passend hat der als „Crash-Prophet“ zum Star gewordene US-Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini Maßnahmen vorgestellt, die zu einer Beruhigung der europäischen Finanzmärkte führen könnten.
Mehr Geld für den Rettungsfonds
Neben einer besseren Steuerkoordination in Europa und einer Umschuldung der Krisen-Länder könne, so Roubini, insbesondere die Ausweitung des Rettungsschirms helfen, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Es soll also noch mehr Geld in das System gepumpt werden, um die Gespenster am Anleihenmarkt zu vertreiben.
Die Summe von 750 Mrd. Euro ist anscheinend immer noch nicht groß genug. Es geht Roubini in erster Linie darum, Vertrauen aufzubauen und die Krisen-Spekulanten zu entmutigen. Das soll erreicht werden, indem gesagt wird: Solange ein Finanzloch vorhanden ist, schütten wir Geld rein – egal wo und egal wie viel.
Auch Krugman fordert mehr Geld
Roubinis Kollege Paul Krugman sieht das ähnlich: Geld drucken, bis die Presse raucht. Zur Stützung der Märkte und zur Stützung der Wirtschaft. Das kurbelt die Investitionen an, was wiederum positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Ist die Krise vorbei, wird dem Markt die Liquidität einfach wieder entzogen.
Theoretisch vielleicht möglich. Leider zeigt sich, dass die volkswirtschaftlichen Modelle nur theoretische Modelle sind und nicht 1:1 die Realität abbilden (den Anspruch hat die Wirtschaftswissenschaft in den meisten Fällen auch schon lange nicht mehr). Einem weiteren US-Star-Wissenschaftler, Joseph Stiglitz, ist jetzt sogar „aufgefallen“, dass die zusätzliche Liquidität dem US-Markt gar nicht entzogen werden muss, denn das Geld wandert ohnehin direkt in die Schwellenländer oder in aktuell gut laufende Anlageklassen.
Problem der Kapital-Mobilität
Wenn das von der US-Notenbank gedruckte Geld zu einem großen Teil in die Schwellenländer wandert, ist die Maßnahme, Geld zu drucken, also sinnlos, denn dann wird in der US-Wirtschaft nicht zusätzlich investiert. Die Schwellenländer ihrerseits wollen auch gar nicht zuviel grün bedrucktes Papier aus den USA, denn dann drohen Spekulationsblasen.
Also ist die US-Notenbank FED in ihrer geldpolitischen Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Das Kapital scheint mittlerweile so mobil geworden zu sein, dass nationale Geldpolitik – selbst die der USA – nicht mehr so funktioniert, wie sie in der Theorie sollte.
Vertrauen kann nicht gekauft werden
Theoretisch denkbar: Wenn man davon ausgeht, dass nicht das ganze Geld, sondern „nur“ ein Großteil des Geldes in die Schwellenländer wandert, dann könnten die Notenbank doch einfach noch wahnsinnigere Summen in die Wirtschaft pumpen. Allerdings: Spätestens dann, wenn überhaupt nicht mehr klar ist, wo und wie die ganze Liquidität dem globalen Kapitalmarkt entzogen werden soll, droht Inflation.
Wenn Roubini also neues Geld fordert, kann das nur funktionieren, falls dadurch wirklich das Vertrauen in die Märkte wiederhergestellt werden kann. Das ist jedoch höchst fraglich. Griechenland und Irland mussten schon gerettet werden, weitere Kandidaten wackeln. Das Kapital wird sich nicht diese Krisenregionen aussuchen, um zu „arbeiten“.
Die gestiegene Kapital-Mobilität bietet bessere Alternativen. Die Druckerpressen der Notenbanken bieten also keine dauerhaften Lösungen in der Euro-Krise, sondern können nur als zeitlich befristete Nothilfe dienen. Vertrauen kann nicht gekauft werden. Das Vertrauen müssen sich Griechenland, Irland und Co. erst wieder erarbeiten. |