"Deutsche aufgeweckt"
Das müsste nicht sein, ist Walter K. Eichelburg überzeugt: Der Gründer des "Hartgeld Club Wien" gilt in der Szene als "Goldpapst", aber auch als Kassandra. Seine Website hartgeld.com, die es seit Sommer 2006 gibt, wird mittlerweile etwa eine Million mal pro Monat angeklickt.
Eichelburg schwört auf Gold und Silber als "Rettungsboote" bei einem zu erwartenden Crash des "Papiergeldsystems", wie er es nennt: "Für ein Kilo Gold wird man einmal eine Firma kaufen können", so der ehemalige Netzwerktechniker. Die Deutschen seien die Aufgewecktesten, meint er: "50 Prozent der Weltproduktion an neuen Silbermünzen gehen nach Deutschland. Dort ist man durch die durchwachsene Wirtschaftslage für derartige Investments offen." Und die österreichischen Münzhändler? "Österreich hat eine besondere Münzkultur, das ist ein Vorteil. Die alten Schillinge eignen sich auch gut für Investoren. Aber die Münzhändler leben vor allem von Numismatikern und wissen im Grunde nicht, was sie verkaufen: Rettungsboote", so der Crashtheoretiker: "Die kleinen Händler machen wenig Werbung, haben wenig Eigenkapital, betreiben keine Kundenbindung."
Gute Anlageform
Es geht auch anders: Marie-Luise Kronwitter kann vom Münzhandel leben. Auch deshalb, weil die Deutsche von Käufern aus dem nahen Österreich profitiert: "Die Mehrwertsteuer ist in Österreich ja viel höher, beträgt bei uns nur sieben Prozent", meint die Straubingerin. Viele kämen aus Innsbruck oder Vorarlberg, um die Ware abzuholen, aber man verschicke auch über den Zusteller DHL.
Früher führte auch sie eher einen Krämerladen, einer der Distributoren überredete sie aber zum Einstieg in größerem Stil: "Es läuft extrem gut", meint Kronwitter: "Erstmal sind die Münzen eine Wertsicherung. Und außerdem eine gute Anlage mit hohen Zinsen."
Wie sie wirbt auch Hubert Roos von "Silvi Or" aus Würzburg auf der Homepage Eichelburgs. Der Markt, so der Franke, brauche eine standardisierte, systematische Alternative zu den klassischen Anlageklassen wie Aktien, Immobilien oder festverzinslichen Wertpapieren: "Münze soundso, das ist Liebhaberei. Der Münzhandel ist ein Investmentgeschäft. Die Frage lautet nicht, welche Münze ich habe, sondern zum Beispiel: Habe ich zehn Gramm Gold? Es geht einfach um den Schutz großer Werte, um Vermögensschutz in nennenswertem Stil." Aufgrund enger Gewinnspannen müsse man mit großen Volumina agieren, so Roos: "Bei entsprechender technischer Ausstattung, professionellem Marketing, einer schlanken Geschäftsstruktur und guter Marktkenntnis sind gute Geschäfte möglich." Er selbst lebt vom Münzhandel.
Von solchen Visionen ist man in der Opernpassage weit entfernt. Kleinvieh, die Laufkundschaft also, macht allerdings auch Mist: Eine ältere Dame verkauft Harald Mayer einige Münzen. "Die Alten geben ihre Münzen her, sie wollen das Leben eben genießen", sagt er.
Und wer kauft Münzen? "Vor allem die Mittelklasse. Die Jungen machen gar nix", meint er. Außer die eher traurigen Gestalten des Karlsplatzes: Freundlich und geduldig bedient Mayer einen jungen Mann, der sich kaum artikulieren kann: Eine silberne Kette will er versetzen. Und wofür? Der Mann hat einen Prospekt mitgebracht: Ein 500 Euro teures Handy möchte er sich leisten. Die Kappe ins Gesicht gezogen, murmelt er etwas über die Features und Funktionen des Gerätes. Von Eichelburgs "Rettungsbooten" hat er noch nichts gehört.
Donnerstag, 10. Juli 2008
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