WSJ/Fehlspekulationen haben Ölpreiseinbruch wohl begünstigt NEW YORK (AWP International) - Der Ölpreis ist in den vergangenen Tagen um rund 14% gefallen. Eine Rolle könnte dabei die Insolvenz des bislang wenig bekannten Ölvermarktungsunternehmens SemGroup LP gespielt haben, wie das "Wall Street Journal" am Donnerstag berichtet. Das in Tusla im US-Bundesstaat Oklahoma ansässige Unternehmen hatte am Dienstag Gläubigerschutz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechtes beantragt und dies mit finanziellen Problemen begründet, unter anderem mit einem Verlust von mindestens 2,4 Mrd USD durch die Spekulation mit Rohölfutures.
Ursprünglich hatte die SemGroup mittels Leerverkäufen (Short-Positionen) auf einen sinkenden Ölpreis spekuliert, wie aus der eidesstattlichen Erklärung von Terrence Ronan, Senior Vice President Finance des Unternehmens, beim Insolvenzgericht in Delaware hervorgeht. Damit sollten Öllieferungen an Raffinerien über Pipelines einer Tochtergesellschaft im Rahmen einer Hedging-Strategie abgesichert werden.
Als jedoch der Ölpreis stieg, änderte die SemGroup ihre Strategie und begann, ihre offenen Short-Positionen durch entsprechende Long-Positionen zu decken, also Wetten, dass der Ölpreis weiter steigen würde. Dann kam jedoch der Zeitpunkt, an dem das Unternehmen nicht mehr in der Lage war, den Sicherheitsrahmen seinem steigenden Wettgeschäft anzupassen. Die Folge: Mitte der vergangenen Woche verkaufte die SemGroup ihren Futures-Etat an Barclays Capital.
Für das Jahr 2006 hatte die SemGroup einen Umsatz von 14,7 Mrd USD ausgewiesen. Aktuelle Zahlen waren nicht verfügbar.
Die Tochtergesellschaft SemGroup Energy Partners LP betreibt ein rund 1.200 Meilen langes Pipelinesystem und kontrolliert Speicherkapazitäten für 15 Mio Barrel Öl. Dazu gehört auch das Speicherhub in Cushing, das vom Ölmarkt stets genau beobachtet wird.
Im Ölmarkt kursiert nun die Theorie, dass die Long-Positionen der SemGroup zuletzt schneeballartig zugenommen und so die Öl-Rally befeuert haben. Der schnelle Ausstieg des Unternehmens beraubte dem Markt eine seiner Auftriebskräfte - und zwar gerade zu einem Zeitpunkt, als der Markt von den negativen US-Konjunkturperspektiven besonders belastet wurde. In den drei Tagen rund um die Transaktion sind die Rohölfutures um 15,89 USD gefallen, schreibt Stephen Schork, der Herausgeber des Schork Reports, eines Newsletters für den Ölmarkt. Als sich die SemGroup aus dem Markt zurückzog, fiel der Ölpreis.
Der Zusammenhang ist jedoch nicht gänzlich klar. Einige Trader verwiesen darauf, dass die SemGroup bereits weit vor dem 16. Juli begonnen habe, ihre Aktivitäten zu vermindern. Auch gebe es keine Hinweise darauf, was Barclays Capital nach der Übernahme mit den Positionen getan habe. Zudem ist der Ölpreis seit dem SempGroup-Rückzug um weitere 3,8% gefallen.
Das Unternehmen könnte beim Einbruch des Ölpreises eine unterstützende Rolle gespielt haben, vermutet Nauman Barakat, Senior Vice President bei Macquarie Futures USA. Doch es gab auch andere Faktoren , betont er. Ausgangspunkt für den Einbruch sei der 15. Juli gewesen, als US-Notenbankchef Ben Bernanke dem Kongress mitteilte, dass der Abschwung der US-Konjunktur schwerer und anhaltender sein werde als ursprünglich erwartet. Analyst Edward Meir von MF Global schreibt, dass dem Ölmarkt mit dem Ausstieg der SemGroup eine stetige Quelle für den Aufwärtstrend abhanden gekommen sei. Jetzt müsse nur noch geklärt werden, ob es sich bei den Fehlern der SemGroup nur um einen Einzelfall handelt, meint Newsletter-Herausgeber Schork.
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