HANDELSBLATT, Mittwoch, 12. März 2008, 15:48 Uhr Aktienhandel Frankfurt „Die Fed hat nur Zeit geliehen“
Investoren haben die Finanzwerte wieder lieb. Denn die kräftige Liquiditätsspritze wichtiger Notenbanken lässt die Banken wieder attraktiv aussehen. So setzte sich auch gleich eine Bank-Aktie an die Spitze im Dax. Übernahmegerüchte trieben auch die Aktien von Bayer. Doch die Unsicherheit ist nach wie vor groß.
HB FRANKFURT. Die Notenbanken haben den Kursen an den europäischen Aktienmärkten am Mittwoch Rückenwind gegeben. Die Kurse legten zu. Vor allen Finanzwerte zogen an, nachdem die Zentralbanken der großen Industrienationen den angeschlagenen Kreditmärkten in einer konzertierten Aktion mit Milliarden-Liquiditätsspritzen unter die Arme gegriffen hatten. Der Dax notierte am Nachmittag mit 6 573 Punkten noch 0,8 Prozent höher. In New York begann die Wall Street mit Gewinnen, bröckelte dann aber ab.
"Die konzertierte Aktion der Zentralbanken bleibt das alles dominierende Thema", sagte ein Händler. Positiv werde vor allem die Erklärung gesehen, wonach die Notenbanken bei Bedarf weiter ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen würden. Einige Börsianer blieben dennoch skeptisch. Die strukturellen Probleme der US-Banken würden auf diese Weise nicht gelöst. "Ich habe das Gefühl, dass die Investoren sehr skeptisch zur Fähigkeit der Fed bleiben, nachhaltig dem immer noch ächzenden Bankensystem Erleichterung zu verschaffen", erklärte Darren Winder, Stratege bei Cazenove in London.
"Es gibt die Angst, dass das Vorgehen der Notenbanken auf eine Notaktion hindeutet", sagte ein Händler. "Die Fed hat nur Zeit geliehen. Sie heilt nicht die Störungen im Finanzsystem", urteilte Marktanalyst Heino Ruland von FrankfurtFinanz. Händler wiesen darauf hin, dass die US-Investmentbank Merrill Lynch sich kritisch zum europäischen Bankensektor geäußert habe.
Euro erstmals über 1,55 Dollar
Gestützt von robusten Konjunkturdaten und der Erwartung stabiler Zinsen in der Euro-Zone ist der Euro am Mittwoch erstmals über die Marke von 1,55 Dollar geklettert. Die Gemeinschaftswährung erklomm am Nachmittag ein Rekordhoch.
HB FRANKFURT. Der Euro kostete1,5502 Dollar, nachdem er am Dienstag nach der Ankündigung neuer Dollar-Liquiditätsspritzen bis auf 1,5231 Dollar gefallen war. Zum japanischen Yen büßte der Dollar mehr als ein Prozent ein und wechselte mit 102,30 Yen den Besitzer.
"Es war ein kurzer Freudentaumel für den Dollar", konstatierte Analyst Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. "Aber der wirklich große Befreiungsschlag war es nicht. Die Aktion hilft zwar, die Liquidität in gewissen Marktsegmenten zu erhöhen, aber die grundsätzlichen Probleme bleiben bestehen." Allein die US -Notenbank (Fed) hatte angekündigt, bis zu 200 Mrd. Dollar zusätzlich zur Verfügung zu stellen.
Die Industrieproduktion in der Euro-Zone hat im Januar überraschend stark angezogen. "Die Daten passen in das Bild, das die EZB derzeit verkauft - dass die Konjunktur gar nicht so schlecht läuft", sagte Sartoris. Die jüngsten Äußerungen der EZB -Banker ließen darauf schließen, dass Zinssenkungen weiter kein Thema seien. "In den USA sind sie es schon, und das dürfte den Dollar weiter belasten."
Daneben verwiesen Analysten auf Spekulationen, wonach die Ölexporteure aus dem Nahen Osten ihre Bindung an den Dollar aufgeben könnten. Jordanien kündigte an, die Dollar-Reserven zu reduzieren, Chinas Handelsminister sprach sich dafür aus, die Reserven in verschiedenen Währungen zu halten.
Die Europäische Zentralbank (EZB) legte am Mittag den Referenzwert des Euro mit 1,5477 (Dienstag: 1,5379) Dollar fest. Im Referenzkursverfahren der Banken EuroFX wurde der Wert mit 1,5462 (1,5476) Dollar ermittelt. Die Rentenmärkte setzten ihre Talfahrt des Vortages gebremst fort. Der Bund-Future lag sieben Ticks im Minus bei 117,40 Zählern. Die zehnjährige Bundesanleihe rentierte mit 3,793 Prozent. Die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen stieg auf 3,77 (3,70) Prozent. Der Rex-Rentenindex lag 0,49 Prozent niedriger bei 118,9698 Punkten.
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