Fed senkt Ausblick für das Wirtschaftswachstum 2008von Jochen Steffens So falsch habe ich mit meiner Aussage gar nicht gelegen, dass ich bei der letzten Zinssitzung die Zinsen nicht gesenkt hätte. Tatsächlich wurde diese Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 4,5 % nur mit knapper Mehrheit von den Feld-Mitgliedern beschlossen. Begründet wurde dieser Zinsschritt letzten Endes damit, dass er eine zusätzliche Absicherung gegen eine unerwartete starke Eintrübung der Konjunktur sein soll. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Fed einfach den Markt nicht in Angst und Schrecken versetzen wollte – aber okay, geschenkt. Damit ist eine weitere Zinssenkung bei der nächsten Sitzung noch unwahrscheinlicher geworden. Der Markt reagierte verstimmt und brach zunächst ein, konnte sich aber gegen Handelsschluss wieder fangen. Prognosen der FedDie weiteren Prognosen der Fed sind interessant. So geht die Fed im Jahr 2008 von einer Kerninflation zwischen 1,7 – 1,9 % aus und senkte damit die bisherige Prognose, die von 1,75 – 2 % ausging. Hört, hört möchte man sagen. Die Inflation insgesamt (einschließlich Energie und Nahrungsmittel) soll zwischen 1,8 – 2,1 % liegen. Aus Sicht der Fed macht diese vorsichtige Schätzung zur Inflation Sinn. Denn Inflation hängt immer auch, so die herrschende Lehre, mit dem Wirtschaftswachstum zusammen. Und hier geht die Fed nunmehr nur noch von einem Wachstum zwischen 1,8 und 2,5 % aus. Bei der letzten Prognose hatte sie für 2008 noch ein Wachstum von 2,5 bis 2,75 % erwartet. Dieser deutliche Rückgang des US-Wirtschaftswachstums müsste sich natürlich sofort dämpfend auf die Inflation auswirken – zumindest theoretisch. Wenn jedoch der Dollar weiter fallen sollte, dann kann es auch trotz Abschwächung zu einer anziehenden Inflation kommen! Gefahr für die Emerging Markets und RohstoffeIn diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich ein schwächeres US-Wirtschaftswachstum auch auf die Weltwirtschaft auswirken wird. Das wiederum könnte dazu führen, dass die Rohstoffpreise einbrechen (zumindest wenn man die Dollar-Entwertung herausrechnet). Das wiederum hätte zur Folge, dass unter Umständen einige Emerging Markets ebenfalls Schwierigkeiten mit ihrem Wirtschaftswachstum bekommen werden. Nimmt man dies alles zusammen, kann man schon verstehen, warum die Deutsche Bank eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für eine kleine Rezession der Weltwirtschaft 2008 errechnet. Was heißt das aber für die Börse?Nun kommt wieder ein typischer Steffens, den gerade die langjährigen Leser unter Ihnen bereits kennen: Schlechte Wirtschaftsjahre sind oft gute Börsenjahre! Das war unter anderem einer der Gründe, warum ich 2004 – 2006 so bullish für den Dax war. Ich hatte recherchiert, dass Jahre, in denen die Wirtschaft kaum wächst oder sogar schrumpft, in den meisten Fällen gute Börsenjahre gewesen sind. Die Logik dahinter ist bestechend einfach: Wenn alles schlecht aussieht, die Wirtschaft am Boden liegt, dann spekuliert die Börse darauf, dass alles besser wird und steigt in vorauseilendem Gehorsam schon einmal an. Wenn sich alle hingegen in Jubelstimmung befinden, so wie es Anfang dieses Jahres der Fall war, dann besteht die Gefahr, dass das Wirtschaftswachstum bald seinen Zenit erreicht. Da die Börse sämtliche wirtschaftlichen Entwicklungen vorweg nimmt, musste man also damit rechnen, dass sie trotz guter Wirtschaftszahlen bald zu fallen beginnt. Das war der Grund, warum ich bereits ab Mai / Juni anfing, skeptisch zu werden. Wie immer etwas zu früh, aber auf die Gesamtrally betrachtet doch ein gutes Timing. Jetzt wird aktuell diese Rezession eingepreist, die wir hier im Investor´s Daily schon Ende Sommer haben kommen sehen. Wenn alle endlich überzeugt sind...Sobald das geschehen ist und die Masse endlich eingesehen hat, dass es wirklich schlimm um die amerikanische Wirtschaft, den Dollar, die Inflation, das Öl steht, wenn alle Zittrigen verkauft haben, wird die Börse anfangen, darauf zu traden, dass alles vielleicht doch nicht so schlimm ist. Das ist das alte Spiel, das sich immer und immer und wirklich immer wieder wiederholt. Was ich nicht verstehe, ist, dass so wenige Analysten, obwohl sie seit Jahren an den Börsen arbeiten, das mit schöner Regelmäßigkeit aus den Augen verlieren. Nun kommt das mit dem TimingEin kleines Problem bleibt aber bestehen. Die im Moment entscheidende Frage ist: WANN hat der Markt die Rezession eingepreist. Beziehungsweise, brauchen wir auch dieses Mal eine Panik, einen massiven Kursrutsch, damit der Spuk endlich vorbei ist? Normalerweise sind das so Tage, an denen ich nachts aufwache und im Halbschlaf „wirklich“ anfange zu glauben, dass nun der finale Bärenmarkt bevorsteht, die Welt untergeht oder Schlimmeres droht. Immer wenn ich so eine Nacht erlebe, mit klopfendem Herzen und sorgenvoller Miene aufwache, kaufe ich am nächsten Morgen stumpf Longpositionen, setze also auf steigende Märkte. Panik muss man immer kaufen, auch wenn sie "nur" im Halbschlaf aufkommt... Panik vielleicht unnötigWenn ich mir die Reaktionen in den letzten Wochen anschaue, bin ich allerdings nicht so überzeugt davon, dass es auch dieses Mal zu einer solchen Panik kommen wird. Zu viele der institutionellen Anleger sehen aktuell mehr Chancen als Risiken. Sie sehen die sinkenden Zinsen, die US-Präsidentschaftswahl. Der wichtigste Punkt ist aber, dass man bei einer tatsächlich Inflation von 3-4 % und 4,5 % Leitzins, keine Rendite im Rentenmarkt erwirtschaften kann. Und nur höchst ungern lassen institutionelle Investoren ihr Geld bei 0,5 % Rendite vergammeln. Wie sollen die das ihren Kunden verkaufen? Mit anderen Worten: Das Geld MUSS irgendwo hin. Der Rohstoffmarkt ist zu klein, zudem stimmen hier die Fundamentals bei einem schwächer werdenden US-Wirtschaftswachstum nicht mehr. Die Emerging Markets wären von sinkenden Rohstoffpreisen ebenfalls betroffen – auch nicht gut – zumindest nicht für größere Positionen. Wo, ich frage mich, wo soll das ganze Geld hin? Was bleibt? AktienEs kann aber sein, dass die Institutionellen erst Ende 2007/Anfang 2008 einsteigen und so lange cash bleiben, um sich nicht noch zum Jahresende zu weit aus dem Fenster zu legen. Es geht schließlich um Performance. Das sollte man noch im Hinterkopf behalten. Also, ich bleibe bei meiner Seitwärtsbewegung. Die möglichen Begrenzungslinien habe ich hier genannt. Warten wir ab, was nächste Woche nach dem Thanksgiving und dem Black Friday geschieht. |