Börsenausblick: US-Bankgewinne testen Aktienrally Konzernergebnisse aus Übersee werden in der kommenden Woche die jüngste Erholung am Aktienmarkt auf die Probe stellen. Besonders von den Quartalsberichten großer US-Banken erhoffen Börsenstrategen Hinweise auf die Folgen der Hypotheken- und Finanzmarkt-Turbulenzen.
Für Anleihen sehen Experten nach den Kursverlusten der vergangenen Tage nur wenig Aufwärtspotenzial. Die Rally des Euro zum Dollar sollte vorerst an Fahrt verlieren.
Die europäischen Rentenmärkte haben die schlechteste Woche seit Ende Mai hinter sich. Zum einen dämpfen die Kursgewinne bei Aktien und Rohstoffen die Nachfrage nach Festverzinslichen Wertpapieren. Zum anderen hat zumindest die kurzfristige Zinssenkungsphantasie vor allem für die USA weiter nachgelassen.
Den viel beachteten Wall-Street-Index Dow Jones hatten die starken Konjunkturdaten dagegen zeitweise auf ein Rekordhoch getrieben. Er ging mit einem Plus von 0,56 Prozent bei 14.093,08 Punkten aus dem Handel. Der Dax legte 0,09 Prozent auf 8041,26 Punkte zu. Der japanische Nikkei überwand erstmals seit Wochen die 200-Tage-Durchschnittslinie und beendete den Handel 1,4 Prozent höher bei 17.331,17 Zählern.
Hoffnung auf beruhigende Daten
Nach den jüngsten Turbulenzen nimmt die Verunsicherung an der Wall Street ab. "Die Leute beginnen, sich wieder ein wenig zurückzulehnen", beobachtet James Paulsen, Chefinvestmentstratege bei Wells Capital. Er nennt hierfür zwei Gründe: Positive Daten vom US-Arbeitsmarkt und über das Konsumentenverhalten hätten nahegelegt, dass die Konjunktur möglicherweise nicht so schwer angeschlagen sei wie zunächst befürchtet. Paulsen hofft auf weitere beruhigende Daten: Am Dienstag wird die aktuelle industrielle Produktion der USA veröffentlicht, am Mittwoch folgt der Konsumentenpreisindex (CPI).
Entscheidend für die US-Börse werden in der kommenden Woche Unternehmensergebnisse sein - und hier vor allem die Quartalsgewinne der großen Finanzhäuser. So legt am Montag die weltgrößte Bank Citigroup Zahlen vor, gefolgt von JP Morgan (Mittwoch), Bank of America (Donnerstag) und Wachovia (Freitag). Richard Bove, vom US-Brokerhaus Punk Ziegel gibt sich skeptisch: Das Geschäft mit Subprime-Hypotheken und komplexen Finanzinstrumenten habe den Banken "hunderte von Millionen von Dollar", eingebracht, die nun vorerst entfielen, urteilt er: "Nur weil sich die Märkte auf einem niedrigen Niveau stabilisiert haben, bedeutet noch lange nicht, dass die Banken höhere Profite machen werden."
Nullwachstum im dritten Quartal
Die Quartalsergebnisse aus Übersee geben in der kommenden Woche auch Europas Börsen die Richtung vor, sagen die Aktienstrategen der DZ Bank - und erkennen bei den Gewinnprognosen für die Unternehmen des S&P 500 "ein verblüffendes Bild": Analysten erwarten im dritten Quartal ein Nullwachstum bei den Gewinnen, ab dem vierten Quartal aber wieder zweistellige Gewinnwachstumsraten. "Sind das die Vorboten für ein Abrutschen der US-Konjunktur in eine Rezession mit entsprechenden Gefahren für die europäischen Aktienindizes?", fragen die Strategen - verneinen dies aber sofort. Die Stagnation werde gespeist von Gewinnrückgängen bei den Finanzwerten und den Titeln, die direkt mit der Rezession im Baugewerbe verbunden seien. Bei Technologie- und Pharmawerten sollten die Gewinne im dritten Quartal hingegen kräftig ansteigen, heißt es weiter.
Trotz der Rally gibt es auch am Aktienmarkt noch Skeptiker: Die Anlagegesellschaft des französischen Versicherers Axa stufte Aktien kürzlich von "Übergewichten" auf "Neutral" herunter, riet zur Flucht in Cash-Produkte und warnte vor "Euphorie an den Märkten". Die Wirtschaftsnachrichten aus Industrieländern wiesen eher auf eine Konjunkturabkühlung, begründete Stratege Sebastian Paris-Horvitz. Die Spannung am Geldmarkt und der Druck auf die Geldversorgung der Banken habe nachgelassen, sei aber nicht behoben. "Unserer Ansicht nach sind sowohl Aktien als auch Unternehmensanleihen günstig bewertet", sagte er. "Bei einer unerwartet starken Konjunkturabkühlung, die derzeit nicht ausgeschlossen werden kann, wird das jedoch nur wenig nutzen."
Angesichts des steigenden Risikoappetits der Anleger, die ihr Geld lieber in Aktien anlegen, erwarten die meisten Bond-Strategen aktuell eine Fortsetzung der Kursverluste bei den Staatspapieren und geben den Kursen höchstens kurzfristiges und nur ein sehr geringes Aufwärtspotenzial. "Wir denken, solange dieses Umfeld so bleibt, hält der Druck auf die Anleihen an", sagte Karsten Linowsky, Bond-Stratege bei Credit Suisse. Allerdings könnten Indikatoren, die eine Konsumschwäche in den USA zeigen, sich unterstützend auf die Bonds auswirken.
Der Grund für die schwindende Hoffnung auf eine Zinssenkung ist, dass die Ängste vor einer deutlichen Wachstumsabschwächung in Amerika nach den jüngsten positiven Konjunkturdaten erheblich gesunken sind. Erst am Freitag waren unerwartet hohe Erzeugerpreisdaten gemeldet worden, außerdem stiegen die monatlichen Einzelhandelsumsätze stärker als vorhergesagt. Beides spricht gegen eine Zinssenkung der Fed im Oktober. In Europa wird aktuell gar nicht mehr auf eine Zinssenkung der EZB gewettet.
Strategen rechnen mit weiteren Kursgewinnen
Die Unsicherheit über die weitere Zinsentwicklung in den USA ist an den Rentenmärkten derzeit sehr viel ausgeprägter als an den Aktienmärkten. Linowskys Arbeitgeber erwartet im Oktober keine Zinssenkung der US-Notenbank. Doch diese Erwartung anderer Marktteilnehmer stecke immer noch in den Kursen, was Rückschlagspotenzial für die Bonds beinhalte.
Am Devisenmarkt rechnen Strategen kurzfristig mit weiteren Kursgewinnen des Euro zum Dollar, auch wenn der Spielraum nach oben nicht mehr sehr groß ist. "Das meiste haben wir gesehen", sagte Linowsky. Der gestiegene Risikoappetit der Investoren, der schon vergangene Woche die Carry Trades stark beflügelte, dürfte Niedrigzinswährungen wie den Yen und Schweizer Franken zum Euro weiter unter Druck halten. Der Euro war vergangene Woche zum Franken an mehreren Tagen in Folge auf neue Rekordhochs über 1,68 Franken gestiegen. Einen Dämpfer für die Carry Trades könnten allerdings diese Woche Statements von der G7-Zusammenkunft in Washington bereit halten.
Von Mark Böschen, Doris Grass (Frankfurt) und Jennifer Lachman (New York) Quelle: Financial Times Deutschland |