von Jochen Steffens
Die US-Regierung hat, wie nach den letzten Nachrichten zu erwarten war, jetzt auf die Subprimekrise reagiert. Präsident Bush stellte gestern einen Rettungsplan vor, um in Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer zu unterstützen. Es soll dabei um bis zu 1,2 Millionen Hausbesitzer gehen.
Hintergrund ist, dass durch steigende Zinsen entsprechend viele Hausbesitzer in Gefahr stehen, ihre Kredite nicht mehr zahlen zu können. Das hätte wiederum dazu geführt, dass noch mehr Zwangs-/Notverkäufe auf den Immobilienmarkt gedrängt wären, so dass mit weiteren Preisrückgängen zu rechnen gewesen sei. Das Ende der Abwärtsspirale und alle sind glücklich...
Weiter sinkende Preise hätten aber wiederum die Krise nur verschärft. Da in so einem Umfeld auch bei Zwangsversteigerungen kaum noch Preise erzielt werden, welche die angefallenen Schulden ausgleichen, hätten letzten Endes auch die Banken gelitten, die auf diesen Schulden sitzen geblieben wären. Es verwundert also nicht, dass nach der Vorstellung des Programms die US-Finanzinstitute, die in diese Krise verwickelt sind, zum Teil deutlich zulegen konnten.
Das Ziel dieser Aktion der US-Regierung ist demnach, den Druck auf den Immobilienmarkt zu verringern, um so diese Abwärtsspirale abzuschwächen. Die allgemeine Sorge ist, dass sich ansonsten die Subprimekrise zu stark auf die US-Wirtschaft durchschlägt. Einzelheiten des Programms
Wie ich hier schon geschrieben habe, sollen die variablen Zinssätze eingefroren werden. Wie jetzt bekannt wurde, für fünf Jahre. Das soll vor allem für jene Kreditnehmer gelten, die jetzt noch ihre Schulden tilgen können, jedoch bei weiter steigenden Zinsen in Zahlungsschwierigkeit geraten würden (Man fragt sich, wie diese beraten wurden). Zudem soll diesen verschuldeten Hausbesitzern die Möglichkeit einer späteren Refinanzierung gestattet werden, um von den variablen Zinsen wegzukommen. Ben Bernanke begrüßt Intervention der Regierung
Ben Bernanke begrüßte dieses Programm. Wir erinnern uns, Alan Greenspan war überhaupt kein Freund von staatlichen Interventionen, obwohl die Fed auch unter seiner Leitung einige Notfallpläne unterstützt hat. Meistens dann, wenn wirklich Gefahr im Verzug war. Dass Ben Bernanke dieses Programm ausdrücklich begrüßt, ist demnach ein Hinweis darauf, wie dramatisch die aktuelle Situation offenbar ist. Große Nachteile
Denn natürlich, wie immer, haben solche staatlichen Interventionen auch Nachteile: Die Kreditnehmer, die es nicht allein schaffen, müssen keine höheren Zinsen zahlen. Also werden nun möglichst viele Kreditnehmer alles dran setzen, um zu beweisen, dass sie es auch nicht schaffen. Einfach, um auch keine höheren Zinsen zahlen zu müssen. Und sei es, in dem sie ihre anderen Ausgaben erhöhen oder aber ihre Arbeit verringern (viele Amerikaner haben mehrere Jobs). Dieser negative Effekt, der nicht zu unterschätzen und bekannt ist, wird jedoch toleriert.
Hinzu kommt, dass es sich schließlich nur um einen Aufschub handelt. Das bedeutet, mit dieser Aktion wird der Druck auf den US-Immobilienmarkt mindestens noch um 5 Jahre verlängert. Denn jeder kann sich an den Fingern abzählen, dass sobald diese Schonfrist abgelaufen ist, viele verschuldete Hausbesitzer doch verkaufen müssen.
Nach einer neuen Studie der Ratinagentur Moody’s soll sich der US-Häusermarkt sowieso frühestens 2010 erholen. Mit diesem Programm können wir nun den Zeitraum auf 2012/13 erweitern. Aufschub notwendig?
Offenbar wird alles getan, um die direkten Folgen der Krisen abzuschwächen und den Kreditmärkten einen Aufschub zu gewähren, der es den Banken ermöglicht, sich auf diese neue Situation einzustellen. Obwohl ich prinzipiell ein Gegner staatlicher Interventionen bin, sollte man auch diese Einstellung nicht idealisieren. Ich fürchte, diese Aktionen sind notwendig und trotz der Nachteile auch geeignet, der Finanzbranche die entsprechende Luft zu geben, die sie aktuell dringend braucht.
In diesen Kontext passen auch die angekündigten Zinssenkungen der Fed, die den Markt mit notwendiger Liquidität versorgt und die US-Wirtschaft vorübergehend stützen wird. Zinssenkungen sind eigentlich nicht angezeigt
Dass es sich bei diesen Zinssenkungen um reine „Notfallprogramme“ handelt, konnte der geneigte Börsianer am Donnerstag erkennen. Einige Mitglieder der EZB hatten aufgrund der Sorgen um die Inflation tatsächlich für eine weitere Zinserhöhung gestimmt. Offenbar scheint man sich innerhalb der EZB nicht sicher zu sein, ob das Risiko einer Inflation oder einer Konjunkturabschwächung größer ist.
Man kann sich es hier einfach machen: Wenn schon die EZB Inflationssorgen hat und das, obwohl der Euro sich sehr stark hält, wie groß müssen die eigentlichen Inflationssorgen in den USA sein? In einem Land, dessen Währung einen massiven Wertverfall hinter sich hat, in dem es demnach zu einem wesentlich größeren Inflationsdruck durch höhere Rohstoffpreise, also importierter Inflation gekommen ist. Wie lange wird der Markt das ignorieren?
Die Frage ist, wie lange wird oder kann der US-Aktienmarkt diese Umstände ignorieren? Wie lange werden Zinssenkungen und damit die Hoffnung, dass doch alles besser wird, den US-Markt noch stützen können? Werden die Fed und die US-Regierung es vielleicht sogar schaffen, die Auswirkungen der Krise zu verwässern, so dass diese sich nicht auf die Aktienmärkte durchschlagen?
Ich glaube nach wie vor, dass wir nach den US-Präsidentschaftswahlen 2008 spätestens Anfang 2009 im höchsten Maße vorsichtig werden müssen, wenn die Kurse bis dahin weiter ansteigen. Denn, wie ich schon seit geraumer Zeit darstelle: Die aktuellen Rallyes der großen Indizes sind mittlerweile 4-5 Jahre alt. Damit steigt auch grundsätzlich die Gefahr, dass eine größere und zeitlich andauernde Konsolidierung die Märkte treffen wird. Eine Konsolidierung, die über mindestens 1-2 Jahre gehen wird und wesentlich schmerzhafter werden wird, als die Konsolidierungen der letzten 3 – 4 Jahre.
Während im Frühling/Sommer, als ich diesen Umstand schon einmal beschrieb, noch nicht klar war, was den Markt so in Bedrängnis bringen kann, sehen wir jetzt auch die fundamentalen Gründe, die eine solche Entwicklung begünstigen könnten.
Ob wir jetzt schon oder aber erst Ende 2008 mit dem Ende der Aufwärtstrends rechnen müssen, ist dabei noch nicht abzusehen. Hier sind wir insoweit auf die charttechnischen Signale angewiesen. Heute kämpfte der Dax wieder mit der oberen Linie des hier öfter angesprochenen Dreiecks.
Wenn der US-Markt im weiteren Verlauf nach dem Dax-Schluss eine Rallye hinlegen sollte, könnte diese Linie Montag mit einem Gap Up genommen werden. Wenn es hingegen in den USA zu fallenden Kursen kommt, müssen wir vorsichtig werden. Mehr dazu am Montag, wie immer, in Ihrem Investor’s Daily.
Viele Grüße
und einen besinnlichen 2. Advent
Ihr
Jochen Steffens |