ich finde es nett, wie rührend du dich um diesen Thread kümmerst und sinnige Fragen aufwirfst, dieses entsprach eigentlich auch meiner Absicht ;-))
Vorab: Der Begriff Komödiantenstadl ist hier bewußt im Sinne einer überspitzten Darstellung gewählt und dient nicht dem Zweck einer Verunglimpfung. Zu dem Begriff Komödie siehe auch weiter unten.
Aber mit deiner Intention liegst du schon ein gutes Stück weit richtig. Es ist meiner Ansicht nach einer Karikatur würdig, wenn Börse-Online am 13.07.07 Kursziele für den DAX von 10.000 Punkten raushaut, aber die Anleger nur wenige Tage später mitansehen dürfen, wie die Börsen in die Tiefe rauschen.
Das führt ja dann auch unweigerlich zu der im Eingangsposting beinhalteten zentralen Frage, die du ja auch ebenfalls gut erkannt hast, aber in einer Art und Weise beantwortest, die natürlich nicht deiner originären Einstellung entspricht. Wobei es sicherlich mal interessant zu wissen wäre, auf welchem Niveau du in Aktien investieren würdest. Es mag ja auf dich belustigend wirken, aber viele Anleger, die jetzt verkaufen bzw. das Geld vom Tisch nehmen, glauben ja evtl. weiterhin an eine gesunde Entwicklung von Konjunktur und Unternehmensgewinnen und sind wahrscheinlich der Ansicht, dass sie momentan nicht viel verpassen und ihr Risiko reduzieren, wenn sie sich bis zum Herbst aus dem Markt heraushalten.
Nun gut, aber zurück zu der Zentral-Frage: Was hat sich in den vergangenen drei Wochen eigentlich fundamental sprich grundlegend verändert bzw. hat sich überhaupt etwas geändert ? Haben da Einige zu schnell kalte Füße bekommen?
Haben wir neue grundlegende Informationen bzw. sind aktuell vorher nicht bekannte Risiken aufgetaucht?
Daraus ableitend ergeben sich für mich weitere Fragen bzw. Gedanken:
Wenn, wie von vielen Probanden angeführt, doch die Fundamentaldaten in Ordnung sind, wie sind die starken Kursrückgänge der vergangenen Tage ökonomisch zu erklären oder sind diese nur rein technischer Natur? Ist es somit nur eine kurzfristige Korrektur in einer Hausse, ein wie so oft schlicht und ergreifend saisonales Problem, welches häufig zur Sommerszeit zu beobachten war oder der tatsächliche Beginn einer Baisse? An dieser Stelle darf man getrost sein Wissen oder auch Meinung, gern auch gewürzt mit einer Prise Ironie, zum Besten geben.
Wie stark ist die Gewichtung der psychologischen Wirkungen von Informationen auf die Anleger, die bestimmte Nachrichten und ökonomische Szenarien einmal als wichtig einstufen und ein anderes Mal als belanglos abtun? Haben damit einhergehend Anleger, die auf weitere Kurssteigerungen hofften, positive Nachrichten unbewusst stärker als negative Nachrichten wahrgenommen bzw. negative Nachrichten verdrängt? Börse ist Psychologie. Die heftigen Schwankungen, die es so oft gibt, sind maßgeblich von den Gefühlen der Marktteilnehmer bestimmt, im Extremfall von Euphorie, Gier und Angst. Ob Profi oder Privatanleger – immer wieder werden Emotionen ihnen Streiche spielen. (Eine ähnliche Entdeckung machte übrigens ja auch Kostolany. "Kurz- und mittelfristig macht die Psychologie an der Börse und in der Wirtschaft 90 % aus", schrieb seinerzeit der Börsen-Guru)
Weiter unter dem Gesichtspunkt, dass Medien Meinungen machen und der psychologischen Wirkung von Informationen: Sind die Informationen zu den aktuellen Risiken am Markt (US-Immo-Krise, Credit-Crunch, etc.) von den Meinungsmachern dezent schöngeredet worden oder entsprach dies einer reellen Berichterstattung? Momentan reicht eine zusätzliche Negativ-Nachricht für weitere heftige Abwärtsbewegungen. Und eine Kakerlake kommt nie alleine. Es ist beinahe schon eine Regel: Schlechte Nachrichten kommen selten alleine, sondern werden meist durch weitere negative Schlagzeilen ergänzt.
Denn eben weil nun auch mit der IKB eine Bank vor Ort betroffen ist, scheint es wohl mittlerweile für die hiesigen Marktteilnehmer offensichtlich geworden sein, dass es Probleme gibt, offenbar sogar größere Probleme, als man bisher wahrnehmen wollte. Die Kreditmärkte sind eingebrochen, welche Konsequenzen erwachsen daraus? Sind diese Probleme „contained“ sprich als eingrenzbar anzusehen oder erwächst hier eine systemische Krise? Ist das alles nur ein reinigendes Gewitter am Markt, bei dem nur einige kleinere Hedge-Fonds und ’ne „Raiffeisenbank“ ins Gras beissen?
Alles Fragen halt, welche mit dem, zugegebenermaßen etwas überspitzten Eingangsposting aufgeworfen werden sollten und deren Beantwortung im Austausch der Meinungen anschließend hier im Forum angestossen werden sollte. Natürlich wohl wissend, dass derlei Themen auch in parallel laufenden Threads abgehandelt werden.
Ich habe die Vorstellung, dass, vereinfacht gesehen, zu einer Transaktion an der Börsen naturgemäß zwei Beteiligte gehören: Anbieter und Nachfrager. Wenn sie aufeinander treffen, müssten beide eigentlich über einen jeweils ganz anderen Informationsstand verfügen, schließlich glaubt der eine, es sei Zeit, aus- und der andere, es seit Zeit, einzusteigen. Sonst könnten sie gar nicht zusammen kommen. Möglicherweise berufen sie sich oft sogar auf die selben Fakten, doch interpretieren sie diese wahrscheinlich auf vollkommen entgegengesetzte Weise.
Zu dem Begriff Komödie zitiert aus Wikipedia:
Komödie (=Lustspiel) (von griech.: komodia = "singender Umzug") ist ein Drama mit erheiterndem Handlungsablauf, der in der Regel glücklich endet. Die unterhaltsame Grundstimmung entsteht dabei durch die übertriebene Darstellung menschlicher Schwächen, die neben der Belustigung des Publikums auch auf Kritik abzielen kann.Die Zuschauer fühlen sich zu den Figuren auf der Bühne entweder hingezogen, weil sie sich in ihnen wieder erkennen und sich mit ihnen leicht identifizieren können, oder aber sie blicken auf sie herab und verlachen sie, weil sie als Ausdruck einer Schwäche empfunden werden, die es zu vermeiden gilt. Schwankt dieses Gefühl, spricht man von einer Tragikomödie.
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