Börsenausblick: Zinssorgen lassen Anleger kalt Trotz des zunehmend schwierigen Zinsumfelds stellen sich die Rahmenbedingungen für die Aktienmärkte sowohl in Europa als auch in den USA weiterhin günstig dar. Die US-Konjunktur entwickelt sich besser als erwartet.
"Die jüngsten Konjunkturdaten haben am Aktienmarkt dazu geführt, dass man die Situation neu überdenkt," sagt John Davidson vom Investmenthaus Partner Re Asset Management. "Es gab eine Menge Sorgen darüber, dass die steigenden Zinsen Konjunktur und Unternehmen ausbremsen würden, aber mittlerweile realisieren viele Anleger, dass diese Zinsängste übertrieben sind."
Sichtbar war dies an der deutlichen Kurserholung an den Aktienmärkten zu Wochenschluss. Dabei half der Konjunkturindex der Notenbank von New York, der den Markt positiv überraschte. Der Dax notierte am Freitag auf dem höchsten Stand seit März 2000 bei 8030,64 Punkten. Auf Wochensicht legte der Index 5,8 Prozent zu, der europäische Stoxx 50 gewann 3,5 Prozent.
"Ein wesentlicher Grund für die positive Marktstimmung besteht in den verbesserten Aussichten für die US-Konjunktur", sagt die Aktienstrategin Anne-Kristin Yasuda von der Landesbank Berlin. Zudem seien die Zinsen noch vergleichsweise niedrig, Marktteilnehmer könnten sich somit weiter günstig mit Liquidität eindecken. Und schließlich lägen die Gewinnerwartungen der Unternehmen in Euroland für dieses Jahr im zweistelligen Bereich, für die USA seien die zuvor vorsichtigen Prognosen inzwischen nach oben revidiert worden, sagte Yasuda.
Übernahmen treiben die Kurse
Zudem sollte die Welle von Fusionen und Übernahmen amerikanischen Analysten zufolge trotz höherer Zinsen weiter rollen und den Aktienmarkt wieder auf das Niveau der Höchststände treiben. "Höhere Zinsen allein werden die Flut des Private Equity-Kapitals nicht aufhalten können, sondern höchstens verlangsamen", sagte Marktstratege Marc Pado von Cantor Fitzgerald. "Grundsätzlich wird dieser Faktor die Kurse vorerst weiter treiben."
Allerdings rechnet die Mehrheit der Strategen auf kürzere Sicht mit Kursschwankungen am Aktienmarkt. "Aus technischer Sicht ist das Marktumfeld nicht ideal und es ist überraschend wie resistent der Markt ist", sagte Eberhardt Weinberger, Leiter Research des Vermögensverwalters DJE. Eine enge Absicherung der Positionen mit Stopp-Loss-Marken empfiehlt etwa die DZ Banken, die kurzfristig mit sehr volatilen Märkten rechnet.
Leichte Erholung an den Rentenmärkten erwartet
Den Rentenmärkten trauen Analysten nach den heftigen Renditeanstiegen der vergangenen Wochen erstmals wieder eine leichte Erholung zu. "Die Erwartungen einer US-Wachstumserholung dürften nun weitgehend eingepreist sein", schreibt Dresdner Kleinwort. Da zudem enorm viele Anleger auf fallende Kurse gesetzt hätten, steige die Wahrscheinlichkeit einer Gegenreaktion. In der vergangenen Woche stiegen die Zehnjahresrendite in der Eurozone und den USA um rund acht Basispunkte.
Am Freitag hatten moderate US-Preisdaten sowie ein Rückgang im Verbrauchervertrauen bereits für eine Stabilisierung vor allem des US-Rentenmarkts gesorgt. In der anbrechenden Woche dürften zudem Hausmarktdaten in den USA die latente Furcht vor Zinserhöhungen in den USA bremsen. "Der Abwärtstrend ist gestoppt, aber Potenzial für eine starke Erholung gibt es in der kommenden Woche auch nicht", sagt Peter Müller, Zinsanalyst der Commerzbank.
Renditen erreichen Höchststände
"Die schlimmsten Verluste haben wir hinter uns", sagt Thomas Meißner, Leiter Rentenmarktanalyse bei der DZ Bank. Zu dem enormen Zinsanstieg, in den USA und in der Eurozone erreichten die Renditen Fünfjahres-Höchststände, hatten neben Konjunkturoptimismus zuletzt auch technische Faktoren in den USA beigetragen.
Das hängt mit Besonderheiten am Immobilienmarkt zusammen: Hausbaukredite können in den USA jederzeit gekündigt werden. Das hat Folgen für die Anleger, die diese Kredite besitzen oder Immobilien-Verbriefungen, in denen viele dieser Kredite gebündelt sind. Denn steigen die Zinsen, wird der Kredit seltener früh abbezahlt. Der Investor erhält das Geld also später als erwartet zurück, die Laufzeit seiner Geldanlage verlängert sich. Um diesen Effekt entgegenzuwirken, verkauft er US-Staatsanleihen.
Stabilisierung des Dollar erwartet
Durch diesen Effekt verstärken die Immobilienbond-Besitzer Trends am Rentenmarkt in beide Richtungen. "Fundamentale Begründungen wie zunehmende Inflationssorgen können für eine derart dynamische Entwicklung nicht haftbar gemacht werden", sagt Unicredit-Analyst Kornelius Purps.
Nachdem steigenden US-Renditen den Dollar zuletzt gegenüber dem Euro gestärkt haben, rechnen Analysten nun mit einer Stabilisierung auf dem niedrigeren Niveau.
Von Ute Göggelmann, Yasmin Osman und Christian Schwalb Quelle: Financial Times Deutschland Servus, J.B. |