Veröffentlicht von Roland Baader am 06.03.2006 um 6:58 Uhr
Ich habe den Artikel schon mal vor ein paar Jahren reingestellt. Weil so viel von dem bis jetzt eingetroffen ist stelle ich ihn noch mal rein hier.
Staatsbankrott und Konkursverschleppung
Alle reinen Papierwährungen enden im vollständigen Verlust ihrer Kaufkraft. Das ist keine Frage des ob, sondern nur des wann. Es gibt in der Geschichte kein einziges Gegenbeispiel. Die Existenz von Zentralbanken verhindert diesen Prozeß nicht, sondern ist sogar eng mit ihm verbunden. So ist beispielsweise die Kaufkraft des Dollars vor der Gründung der FED (im Jahr 1913) mehr als hundert Jahre lang konstant geblieben, hat aber seither 92% eingebüßt. Der sog. Stabilitätsweltmeister unter den Währungen, die frühere D-Mark, hat dazu sogar nur die Hälfte der Zeit benötigt.
Für Papiergeldwährungen gibt es eine zweite eiserne Regel: Alle Staaten mit reinen Papierwährungen enden früher oder später im Staatsbankrott. Ungewiß bleibt nur, ob es zum offen erklärten Bankrott kommt (selten und meist nur nach Kriegen) oder (üblicherweise) zum verschleierten Bankrott mit langer Konkursverschleppung. Vorher schon, in "Normalzeiten" läuft ein "verlagerter Bankrott" ab, nämlich der Steuerkonkurs - das heißt der Konkurs unzähliger Bürger aufgrund von Steuerzahlungen sowie der permanente Vermögensverlust aller Bürger durch Inflation.
"Entschuldung" durch Inflation
Besonders beliebt als Konkursverschleppungsmethode ist die Inflation. So "entschuldet" sich z.B. der deutsche Staat - bei einer Staatsschuld von 1,5 Bio. Euro und einer angenommenen Inflation von 4% - um sagenhafte 60 Mrd. Euro pro Jahr. Eine besonders unmoralische Methode, weil sie die Bürger - zusätzlich zu den 60 Milliarden - noch einige hundert Milliarden an Vermögens- und Ersparnisverlusten kostet. Hinzu kommen die Schädigungen durch die "kalte Progression". So bezeichnet man den Vorgang, bei dem mehr und mehr Leute durch nominell (inflationär) aufgeblähte Einkommen in immer höhere Stufen der Steuerprogression rutschen, ohne tatsächlich (real) mehr verdient zu haben.
Wechselt die Inflation irgendwann vom Schritt in den Trab und schließlich in den Galopp, so wird die betroffene Währung irgendwann nicht mehr akzeptiert. Dann bleibt als Lösung nur eine Währungsreform. Die Deutschen mussten das im 20. Jahrhundert zweimal erleben. Der Ruin der Währung ist jedoch keine notwendige Voraussetzung des Staatsbankrotts; dieser kann auch aufgrund schierer Überschuldung erfolgen, läuft dann aber meistens "in Häppchen" ab.
Gängige Verschleppungsmethoden sind:
1. die Erhebung von Sondersteuern (siehe Solidaritätszuschlag und "Reichensteuer"), 2. riskante Beschaffung von Finanzmitteln (siehe Eichels verheerende Kurzfrist-Umschuldungen trotz historischer Niedrigstzinsen sowie die Cross Border-Leasinggeschäfte der Kommunen), 3. die Zurückweisung von Forderungen aus (angeblich) rechtlichen Gründen (siehe die Restitutionsverweigerung für Enteignungen während der sowjetischen Besatzungszeit), 4. der zeitliche Aufschub von Zins- oder Tilgungszahlungen, 5. Kurszerfall der Schuldpapiere bei sinkendem Rating, 6. Zwangskonvertierungen (Umtausch in andere Schuldpapiere), 7. Zahlungseinstellung bei politischen Umwälzungen (Weigerung der "neuen Herren", die Schulden der Vorgänger zu übernehmen), 8. Umstellung der Geldeinheit, 9. Verkauf des "Tafelsilbers" (siehe die Verkaufsabsichten der neuen Koalition) und etliches mehr.
Dem Einfallsreichtum der politischen Konkursverschlepper sind keine Grenzen gesetzt.
Staatsbankrotte keine Einzelfälle
Auch wenn die Staatsbankrotte (vorläufig noch) in entfernten Ecken der Erde stattfinden, sind sie keinesfalls seltene Erscheinungen. Die Rating- Agentur Standard & Poor’s zählte im Jahr 2002 fünf Länder, welche die Zahlungsunfähigkeit erklärten, und per August 2003 (Berichtszeitpunkt) lagen weitere drei Fälle vor sowie 26 Fälle von Ländern in Zahlungsverzug gegenüber Obligationen-Gläubigern oder Banken. Wer meint, in Deutschland könne das nicht passieren, ist ein hoffnungsloser Romantiker. Die Konkursverschleppung kann sich in reichen Ländern nur länger hinziehen.
Warum nun schulden sich die Staaten in einem Maße auf, das den Staatsbankrott unvermeidlich macht? Die vordergründige Antwort lautet: Weil es für den Staat nichts Leichteres gibt. Als sich in einer reinen Papierwährung fast beliebig zu verschulden. Wichtiger ist die Frage: Warum tut er das - ausnahmslos und immer wieder?
Antwort 1: Die permanente Aufschuldung des Staates steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Mechanismen der Macht. Die Herrschaft von Menschen über Menschen kann nur auf zwei Wegen erfolgen: Entweder mit dem Schwert (mit Waffen) oder mit der Methode Brot und Spiele. Letztere war nicht nur die Methode von Herrschern im alten Rom, sondern ist auch das Lebenselixier der Demokratie und trägt dort die Namen Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat und Umverteilung. Spätestens dann (meistens schon vorher), wenn die fiskalkleptokratische Abzocke des Volkes zum Zweck des Stimmenkaufs (Machtgewinn oder Machterhalt) so weit getrieben wurde, daß der Steuerertrag nicht mehr steigt, sondern sinkt (Laffer-Kurve), greift die politische Kaste zum Mittel der Verschuldung.
Antwort 2: Die permanente Aufschuldung ist auch eine Folge der "Keynesianischen Perversion". Hierbei handelt es sich um die ökonomischen Irrlehren, die der englische Ökonom Lord Keynes ab 1935 verbreitet hat und die von den politischen Eliten begierig aufgenommen wurden. Sie konnten damit nämlich ihren - allen Gesetzen der Ökonomie zuwiderlaufenden - Aktivitäten eine (schein-) wissenschaftliche Legitimation verleihen. Kern dieser VoodooÖkonomie ist die weitverbreitete Illusion, der Staat könne (und solle) mittels Geld-, Zins- und Fiskalpolitik die Konjunktur steuern, das Wirtschaftswachstum anregen und der Arbeitslosigkeit entgegenwirken.
In fiat money-Systemen funktioniert die Geld- und Zinspolitik fast ausschließlich auf dem Wege der Mehrverschuldung aller Sektoren (Staat, Unternehmen, Private). Wann immer sich eine Konjunktur-Delle ankündigt oder steigende Arbeitslosigkeit, greifen Politik und Notenbanken - getreu den Keynes’schen Lehren - zur Schuldenerhöhung und zur Erzeugung von Liquiditätsschwemmen. Der Staat tätigt höhere Ausgaben, die Unternehmen werden mit der Politik des leichten Geldes und sinkender Zinsen zu Mehr- und Neuverschuldung für Investitionen und für immer fragwürdigere Geschäfte angeregt, und die Privatleute werden - ebenfalls mit niedrigen Zinsen und Krediterleichterungen - zu steigenden Konsumausgaben verführt. Alles das läuft auf Mehrverschuldung hinaus. Anders können Geldmenge und Liquidität nicht erhöht werden. Diese Perversion führt zur Überschuldung aller Sektoren sowie zu Fehlinvestitionen und Inflation (entweder auf den Güter- oder Immobilienoder Aktienmärkten - oder überall). Die erzeugte Inflation setzt Anreize für weitere Verschuldung. Hierauf folgen früher oder später Crash und Krise. Je länger das Spiel vorher lief, desto heftiger und tiefer ist der Absturz. Die staatliche Geld-, Fiskalund Zinspolitik im fiat money-System ist auf längere Sicht geradezu eine Garantie für den Zusammenbruch. Je nach Schwere, Dauer und Häufigkeit der Krisen folgen irgendwann Staatsbankrott, Verarmung der Bevölkerung, Ausrottung des Mittelstands und oft auch eine politisch-ideologische Radikalisierung - bis hin zu Krieg und Revolution. Ein Mechanismus des Irrsinns und der Verantwortungslosigkeit.
Betrug am Bürger
Das makabre Geschehen hat auch mit dem besonderen Charakter der Staatsschulden zu tun. Staatsschulden heißen zwar genauso "Schulden" wie Privatschulden (Schulden von Unternehmen und Privatpersonen), sind jedoch völlig anderer Natur. Zwar stehen ihnen, wie bei den privaten Schulden auch, Forderungen in gleicher Höhe gegenüber, aber keineswegs die gleiche Leistungskraft und die gleichen Sicherungswerte. Während private Kredite meist in produktive Investitionen gesteckt werden, deren Erträge die Verzinsung und Tilgung der Schulden gewährleisten, fließen Staatschulden-Gelder weit überwiegend in den staatlichen oder privaten Konsum und sind somit als Ertragsgrundlage für Verzinsung und Rückzahlung verloren. Der Staat verfügt niemals über eigenes Geld, weil er keine unternehmerische Wertschöpfung betreibt. Was er ausgibt, muß er den Bürgern wegnehmen. Deshalb kann er auch die Zinsen (und eventuelle Tilgungen) für seine Schulden niemals aus der eigenen Tasche bezahlen, sondern muß dafür den Steuerzahler melken. Was der Staat dem einen Teil der Bürger (z.B. den Gläubigern von Staatsanleihen) schuldet, muß stets von anderen (oder denselben) Bürgern in Form von Steuern bezahlt werden.
Gibt es auch Licht im Tunnel?
In dem Moment, wenn diese "anderen Bürger" nicht mehr zahlen können - z.B. aufgrund von Finanzkrisen oder von wirtschaftlicher Depression - ist das makabre Täuschungs- und Illusionsspiel zu Ende. Es bleibt dem Staat dann nur noch der Ausweg über Bankrott oder Währungsreform. Das aber stellt nichts anderes dar als eine staatlich erzwungene Totalenteignung - also ein Generalbankrott - aller Bürger. Kaum jemand kann sich dem entziehen, weil die Herrschaftseliten die Menschen vermittels des Bestechungssystems Sozialstaat unentrinnbar an den Bankrottanwärter Staat gekettet und in fast vollständige Abhängigkeit gebracht haben. Wer ein Leben lang mit Steuern, Sozialabgaben, Inflation und Währungszerfall geschröpft worden ist, sieht sich nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Fast die gesamte Bevölkerung ist dann von einem Bankrotteur abhängig, der mit Sicherheit scheitern und sie mit in den Abgrund reißen wird. Aber genau ihn, den Sozialstaat, lieben die Menschen. Wenn der Spruch "Liebe macht blind" irgendwo gilt, dann im Verhältnis der Bürger zum Sozialstaat. Doch vergessen wir nicht: All diese Perversionen sind nur mit Falschgeld (Papiergeld) finanzierbar. Mit echtem Geld (Gold-Silbergeld) ließe sich der ganze illusionistische und zerstörerische Budenzauber nicht veranstalten. Wer Leviathan zähmen will, muß ihm sein Mastfutter - das beliebig vermehrbare Papiergeld - entziehen.
© Roland Baader Quelle: aus SmartInvestor, 2/2006 |