Drei, zwei, ein … keins (EuramS)
§07.01.2007 09:00:00
§ Millionen handeln bei Ebay und anderen Auktionsportalen im Internet. Längst haben Ganoven das Web für ihre dunklen Deals entdeckt. Wie Sie sich schützen
von Stephan Haberer
Vor Betrügern ist niemand gefeit. Selbst Lady Liberty nicht. Im Spätsommer versteigerte das Theater Vorpommern über Ebay eine Freiheitsstatue mit Stinkefinger, die beim Musical "Hair" zum Bühnenbild gehört hatte. Den Zuschlag erhielt ein Österreicher, der die Figur als Wahrzeichen für den größten Flohmarkt der Alpenrepublik nutzen wollte. Den Markt hat er nie eröffnet, das Geld für die Greifswalder Lady Liberty nie bezahlt. Doch das Theater kann sich glücklich schätzen: Die Statue steht noch immer auf dem Hof der Theaterwerkstätten. "Und Ebay hat uns sämtliche Gebühren erlassen", berichtet Julia Lammertz, die Leiterin der Theater-Pressestelle.
So viel Glück hat nicht jeder. ?uro-am-Sonntag-Leserin Gerda H. zahlte für eine Digitalkamera über 200 Euro per Vorkasse – die Kamera aber hat sie nie gesehen. Dabei raten Ebay und andere Einkaufsportale wie www.guenstiger.de ausdrücklich von Vorkasse ab. Zu groß ist die Gefahr, auf einen Betrüger hereinzufallen. Allein 64000 Bundesbürger verdienen inzwischen ihr Geld als professionelle Ebay-Händler und mehrere Millionen dealen nach Feierabend per Computer mit Büchern, Kleidung, Spielsachen, Kosmetika, und und und. Kein Wunder, dass da nicht jeder eine weiße Weste hat.
Recht verbreitet ist die Masche, Freunde bei der Versteigerung mitbieten zu lassen, um den Preis in die Höhe zu treiben. Solche geplanten Versteigerungen sind nicht nur laut Geschäftsbedingungen der Web-Versteigerer verboten, sondern dürften – juristisch gesehen – Betrug sein. Sprich: Wer erwischt wird, fliegt aus der Community, muss Schadensersatz zahlen und hat die Justiz am Hals. Doch das nutzt dem Ersteigerer wenig. Dem sollte klar sein, was er für den Artikel maximal zahlen will, bevor er bei Auktionen einsteigt. Dieses Höchstgebot sollte er notieren und an den Bildschirm pinnen.
Doch auch Verkäufer müssen mit Tricks rechnen. So versuchen gewerbliche Händler, sich unliebsame private Konkurrenz vom Hals zu halten, indem sie diesen den Spaß am Versteigern vermiesen. Und das funktioniert so: Wer beispielsweise neuwertige oder gebrauchte Kleidung seiner Kinder via Ebay verkauft, muss damit rechnen, wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden. Denn auch wer im großen Stil gebrauchte Artikel bei Ebay vertickert, kann als gewerblicher Händler eingestuft werden. Folge: Er muss seinen Kunden ein Widerrufs- und Rückgaberecht einräumen, sie über dieses belehren und bei allen Angeboten Namen und Anschrift angeben.
Einer Heilbronnerin wurde zum Verhängnis, dass sie im März 2006 exakt 93 Artikel bei Ebay versteigert hatte – das meiste davon Kinderkleidung sowie Haushaltsgegenstände. Einer Abmahnung wollte sie sich nicht beugen, so kam der Fall vor das Landgericht Berlin. Und das entschied, die Frau sei als Unternehmerin einzustufen (Az. 103 O 75/06). Folge: Sie muss Anwalts- und Gerichtskosten in vierstelliger Höhe zahlen. Dabei hatte sie in den vergangenen drei Jahren bei Ebay im Schnitt einen Monatsumsatz von unter 100 Euro. Experten halten das Urteil für nicht ungewöhnlich: "Das Risiko, als gewerblich eingestuft zu werden, besteht immer dann, wenn plötzlich viele Artikel auf einmal angeboten werden", sagte Ulrike Weingand, Justiziarin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Auch wenn die Gerichte oft zwischen neuen und gebrauchten Artikeln unterscheiden, kann so selbst eine Kellerentrümpelung via Web zum Lotteriespiel werden. Der Anbieter muss dann beweisen, dass das umfangreiche Angebot eine einmalige Angelegenheit war.
Doch oft nutzt es auch, nicht sofort klein beizugeben. So schaltete ein Ehepaar aus Oberbayern, das gebrauchte Kinderkleidung bei Ebay verhökerte, den Anwalt Sebastian Schmid von der Münchner Kanzlei Halt & Schmid Rechtsanwälte ein. Ein einziges Schreiben genügte – der gegnerische Anwalt hat sich seither nicht mehr gerührt. "Meine Mandanten konnten nachweisen, dass sie in erster Linie gebrauchte Kinderkleidung verkauft hatten. Und wir hatten ein Schreiben, in dem das Gewerbeaufsichtsamt bestätigte, dass kein gewerblicher Handel vorliege." Für perfide hält Schmid in diesem Fall, dass der Unterlassungserklärung keine Kostennote beigefügt war. Ein juristischer Laie meine dann leicht na, das kostet ja nichts – und unterschreibt die Unterlassung. Die gesalzene Anwaltsrechnung flattere ihm dann wohl erst später ins Haus.
Übel kann auch dran sein, wer seinen Geschäfts- oder Privatwagen via Ebay oder einem anderen Online-Gebrauchtwagenmarkt loswerden will. Hier lauert Gefahr bei Angeboten aus dem Ausland, warnt das Bundeskriminalamt (BKA): "In der letzten Zeit nutzen Kriminelle dies zum illegalen Geldtransfer." Dabei sieht die Sache eigentlich recht harmlos aus: Mit den Verkäufern oder Versteigerern gebrauchter Autos wird aus dem Ausland per E-Mail Kontakt aufgenommen. Hat man sich über den Preis geeinigt, kündigt der Käufer an, dass der Betrag vom Konto eines Freundes in Deutschland überwiesen werde. Doch dieser "Freund" ist in Wahrheit Opfer einer Phishing-Attacke – dabei wurde PIN- und TAN-Nummer von Online-Konten ausgespäht. Das eingehende Geld stammt aus diesem Betrug.
Unmittelbar nachdem das Geld eingetroffen ist, treten die Verkäufer vom Kauf zurück. Dabei werden oft die rührseligsten Geschichten erfunden, um den überraschend aufgetretenen Geldbedarf zu erklären. Den Verkäufer fordern sie auf, das Geld zurückzuüberweisen. Aber nicht auf das Konto in Deutschland, sondern auf eines im Ausland. Großzügig wird angeboten, ein Teil des Geldes dürfe zur Deckung entstandener Kosten einbehalten werden. Wer das Spiel mitspielt, erlebt eine böse Überraschung. Denn meist erfolgt wenig später ein Rückruf der "Phishing-Überweisung" durch die Bank des rechtmäßigen Besitzers. Der geleimte Verkäufer bleibt auf dem Schaden sitzen und muss sich zudem auf Ermittlungen gefasst machen. Tipp: Rückzahlungen immer nur auf das Konto, von dem die Überweisung stammt .
Weiteres Problem: Mit einem Bild lässt sich bei Ebay vieles leichter verkaufen. Deshalb laden viele sich irgendwo im Netz ein Produktbild herunter und stellen es zum Angebot. Doch damit verletzen sie oft Urheberrechte. Schadensersatzforderungen können die Folge sein. Nur wenn das Bild kostenlos zur freien Verfügung steht, sollte man damit sein Online-Angebot schmücken. Auch wer in Asien täuschend echt aussehende Plagiate von Nobel-uhren oder anderen Luxusartikeln für zehn Euro kauft, um diese bei Ebay zu versteigen, sollte mit rechtlichen Schritten der betroffenen Firmen rechnen. Auch dann, wenn er die Ware als "Fake" kennzeichnet.
Denn bei Produktpiraterie verstehen die Unternehmen keinen Spaß. Übrigens: Nicht nur der Verkauf, sondern auch der wissentliche Kauf gefälschter Produkte ist strafbar. Dann lieber öfter mal: drei, zwei, eins … keins.
-red-§ Gruss Ice __________________________________________________ Börsengewinne sind Schmerzengeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld...(A.K.)
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