Cobracrest: Mehr Fragen als Antworten Die Aktie der "Lifestyle-Firma" Cobracrest bleibt hochvolatil. Am Freitagnachmittag holte das Papier die Verluste der Woche ohne erkennbaren Grund wieder auf. Merkwürdige Umstände lassen die Anleger weiter rätseln. Cobracrest: Mehr Fragen als Antworten
Zunächst war das Papier wie an den Vortagen weiter abgerutscht und notierte gegen Mittag bei 1,80 Euro. Am Nachmittag erreichte die Notierung unter hohen Umsätzen bis zu 3,00 Euro, was einem Plus von knapp 40 Prozent entsprach. Auf dem aktuellen Kursniveau von 2,75 Euro hat das Papier die Verluste seit Wochenbeginn in etwa wieder wettgemacht.
Am Donnerstagmorgen hatte sich erstmals der Übernehmer von Cobracrest, das US-Unternehmen "Carlyle International" zu Wort gemeldet. Nach wie vor ist dieses Unternehmen aber nach herkömmlichen Maßstäben nur schwer zu fassen. Wer leitet es? Was ist der Geschäftszweck? Wo hat es seinen Sitz? Wer ist der Pressesprecher? Immerhin ist seit Donnerstag eine öffentlich verfügbare Postanschrift eines "Projektoffice" (falsche deutsch-englische Rechtschreibung im Original) in New York bekannt, die auf der Website www.cc-takeover.com veröffentlicht wurde. Außerdem finden sich im Impressum dieser Website der Name "Mr. R. Neve", wobei die Funktion dieses Herrn Neve nicht näher beschrieben wird, sowie eine Telefon- und eine Faxnummer in New York.
Wer direkt nach der Veröffentlichung am Donnerstagmorgen Mitteleuropäischer Zeit unter der genannten Telefonnummer anrief, hörte nur eine Bandansage – New York lag da im Tiefschlaf. Verwirrenderweise wurde "Carlyle International" in dieser Bandansage nicht erwähnt, vielmehr begrüßte eine freundliche Damenstimme den Anrufer bei der "Business Instruments Corporation" und verwies auf die Öffnungszeiten ab 8:30 Uhr New Yorker bzw. 14:30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Am Nachmittag führte die genannte Nummer dann direkt zu "Carlyle International", doch die Telefondame leitete die Anfragen auf einen Anrufbeantworter weiter. Bis zum frühen Freitagabend hat boerse.ARD.de auf die hinterlassene Nachricht mit Fragen zum Unternehmen noch keine Antwort erhalten.
Schreib mal wieder! Aber das ist vielleicht auch zu viel verlangt, denn schließlich ist auf www.cc-takeover.com keine Rede davon, dass telefonische Anfragen beantwortet würden. Vielmehr steht dort ausdrücklich, dass die eingesetzte Projektgruppe "... den Aktionären für die Dauer des Übernahmeangebotes bei allen Fragen schriftlich zur Verfügung..." steht. Schriftlich meint in diesem Fall offensichtlich "per Brief" oder "per Fax", da eine e-Mail-Adresse nicht angegeben ist.
Die Wortgruppe "für die Dauer des Übernahmeangebots" ist möglicherweise eine weitere Erklärung für die schwierige Kommunikation. Denn Tatsache ist, dass die Übernahme nach Cobracrest-Angaben erst am 27. März beginnen und am 28. April enden soll. Am Ende der Frist werde "Carlyle International" über einen möglichen Squeeze-out entscheiden, hatte Cobracrest vergangene Woche mitgeteilt.
Copyright-Tausch über Nacht Wer trifft eigentlich die Aussagen, die auf der Website www.cc-takeover.com stehen? Ganz oben auf der Seite findet sich der Cobracrest-Schriftzug, und noch bis zum Mittwoch trug die Site am Fuß einen auf Cobracrest lautenden Copyright-Vermerk. Außerdem wird die Domain - laut Datenbankanfrage bei domainregistry.de - von demselben Axel Trippe aus Düsseldorf administriert, der auch für cobracrest.com als Ansprechpartner eingetragen ist. Seit Donnerstagmorgen lautet das "Copyright" am Fuß der Seite jedoch auf "Carlyle International", direkt darüber findet sich ein "Carlyle"-Logo, und auch das neu hinzugekommene Impressum lautet auf dieses Unternehmen.
Gut möglich, dass "Carlyle International" noch intensiv mit dem Basteln einer eigenen Web-Präsenz beschäftigt ist. Laut "domainregistry.de" wurde die Domain carlyleinternational.com jedenfalls am 24. Januar 2006 neu reserviert – ein bemerkenswerter Umstand angesichts der Tatsache, dass "Carlyle International" nach Cobracrest-Angaben bereits seit 1994 existiert. Wenn das Unternehmen ohne Website durch den Internet-Boom gekommen sein sollte, wäre das eine preisverdächtige Leistung.
Post aus New York Eindeutig als Äußerung von "Carlyle International" zu werten sind indes zwei Schriftstücke ohne Unterschrift, Siegel oder Stempel, die auf der genannten Website als Faksimile abgebildet sind und skurrilerweise nur durch einen Klick auf eine US-Flagge abgerufen werden können.
Das erste bezieht sich auf das schon lange erwartete Übernahmeangebot an die Aktionäre. Es enthält wenige stichpunktartig aufgezählte Aussagen, wobei die erste noch die viel versprechendste ist: "The offer is binding" heißt es da, "Das Angebot ist bindend". Welches Angebot, bleibt allerdings unklar. Zwar soll man sich wohl zusammenreimen, dass das von Cobracrest auf www.cobracrest.de erläuterte Angebot gemeint ist, aber ausdrücklich hergestellt wird dieser Zusammenhang nicht. Auf der Startseite www.cc-takeover.com findet sich zwar der Hinweis "Informieren Sie sich bitte auch auf der Homepage der Cobracrest", doch die dort veröffentlichten Statements zur Übernahme sind eben gerade nicht als Äußerungen von "Carlyle International" gekennzeichnet, sondern als solche von Cobracrest selbst.
Noch nicht einmal die Höhe der avisierten Bar-Offerte von 5,23 Euro pro Aktie wird von "Carlyle" direkt bestätigt. Entscheidend ist aber ohnehin der nächste Stichpunkt: "Documentation detailing the particulars will be published shortly", sinngemäß übersetzt "Details zur Übernahme werden in Kürze veröffentlicht". "Carlyle International" selbst stellt damit fest, dass das Angebot noch nicht vollständig ist; Anleger interessieren sich in solchen Fällen neben dem Preis besonders für die Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte. Die weiteren Statements des Papiers mögen sich Interessierte selbst zu Gemüte führen.
Wo bleibt das direkte Angebot? Obwohl "Carlyle" die Details also erst noch veröffentlichen will, haben Cobracrest-Vorstand und –Aufsichtsrat laut einer am Donnerstagmorgen publizierten Pressemitteilung den Aktionären bereits die Annahme des Angebots empfohlen. Aber wie gesagt, beeilen muss sich damit niemand – bis zum Fristbeginn sind noch zwei Monate Zeit.
Eine telefonische Anfrage von boerse.ARD.de an Cobracrest, wann die Aktionäre mit einem konkreten Angebot von "Carlyle International" rechnen könnten, wurde bis zum frühen Freitagabend noch nicht beantwortet.
Gespannt waren Aktionäre auch auf die seit Tagen angekündigte Stellungnahme von "Carlyle International" zum Bericht von boerse.ARD.de vom 20. Januar. Das zweite "Carlyle International"-Dokument stammt anscheinend vom zuvor als Termin genannten 24. Januar, war aber erst am 26. Januar morgens im Internet zu sehen. Zudem enthält es keine explizite Stellungnahme zu einem bestimmten Bericht, sondern allgemeine Aussagen über die Berichterstattung "in Germany" sowie den folgenden thematisch nicht ganz passenden, aber dennoch höchst interessanten Satz: "Inasmuch CII [Carlyle International Inc., d.Red.] might be representing the interests of third parties will be disclosed according to applicable laws and regulations." Falls tatsächlich "dritte Parteien" im Spiel sein sollten, dürfen sich die Aktionäre auf neue Überraschungen einrichten.
Qualifizierte Unterstützung! Zum Thema Presse wird der suchende Anleger schließlich doch noch fündig – allerdings auf der Cobracrest-Homepage selbst. Am Ende der Verlautbarung auf der Startseite steht dort: "Der Vorstand wird ermächtigt, die gesamten Presseveröffentlichungen über Aktivitäten juristisch überprüfen zu lassen. Hierbei sind qualifizierte Anwaltsbüros einzuschalten mit der Maßgabe, dass rechtliche Konsequenzen - soweit geboten - mit geeigneten Mitteln durchzusetzen sind."
Für ein nach eigenen Angaben global ausgerichtetes Unternehmen mit projektierten Millionen-, wenn nicht Milliardenumsätzen scheint es sonderbar, dass der Vorstand für die Einschaltung von Anwaltsbüros eigens ermächtigt werden muss. Immerhin verspricht man, dass es sich um "qualifizierte" Büros handeln soll. Das ist schlussendlich doch noch eine gute Nachricht für die Aktionäre, denn beim derzeitigen Zustand von Cobracrests Webauftritten, der Unternehmenskommunikation allgemein, den bisher gemeldeten Umsätzen und Gewinnen und nicht zuletzt dem aktuellen Aktienkurs kann dieses Unternehmen qualifizierte Unterstützung jeder Art gut gebrauchen.
Aktienkurs deutlich unter avisierter Offerte Offenbar trugen die am Donnerstag publizierten Verlautbarungen nicht wesentlich dazu bei, das Vertrauen der Anleger in die Verbindlichkeit des Angebots zu stärken. Auf Xetra fiel die Cobracrest-Aktie bis zum Handelsschluss um 8,5 Prozent auf 2,15 Euro, zwischendurch hatte der Kurs die 2-Euro-Marke kurzzeitig nach unten durchbrochen. Auch die deutliche Kurserholung am Freitagnachmittag lässt das Papier noch drastisch unter der avisierten Bar-Offerte von 5,23 Euro notieren.
Fazit: Wie groß die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen der Transaktion ist, kann beim gegenwärtigen Informationsstand nicht objektiv beurteilt werden. Geht man aber lehrbuchmäßig davon aus, dass der Marktkurs einer Aktie die Erwartungen der Marktteilnehmer widerspiegelt, bestätigt die Entwicklung der letzten Tage die schon am vergangenen Freitag entstandene Skepsis.
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