Neues Rekordhoch - Sorgen um Iran und Benzinversorgung der USA treiben Preis
Ölpreis-Anstieg ist noch nicht zu Ende
Die unsichere Lage im Iran und Sorgen um die Benzinversorgung der USA haben den Ölpreis auf ein neues Jahreshoch von 65,30 Dollar schnellen lassen. Damit setzte sich im Computerhandel der New Yorker Rohstoffbörse am Donnerstag eine Preisrallye fort, die schon am Mittwoch zu einem Sprung von 1,83 Dollar auf einen Schlusskurs von 64,90 Dollar pro Barrel (159 Liter) geführt hatte. Der Ölpreis ist innerhalb von drei Wochen um 14 Prozent gestiegen.
HB NEW YORK/HAMBURG. Der Markt sei angesichts der gesunkenen Benzinreserven in den USA, erneuter Ausfälle in US-Raffinerien und der unsicheren Lage im Nahen Osten nervös, sagte Analyst Victor Shum von Purvinand Gertz. Ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl der Sorte WTI kostete im asiatischen Handel bis zu 65,19 Dollar und damit 24 Cent mehr als bei Handelsschluss am Vortag.
Sinkende Benzinvorräte in den USA hatten den Preis am Mittwoch erstmals überdie Marke von 65 Dollar getrieben. Sie schrumpften in der vergangenen Woche um2,1 Mill. Barrel auf 320,8 Mill. Barrel, wie das US-Energieministerium mitteilte.
Erneute Probleme in einer amerikanischen Raffinerie ließen die Preise ebenfalls klettern. Die Texas Raffinerie von BP wurde aber nach Angaben des Unternehmens nicht heruntergefahren, sondern wird mit minimalem Einfluss auf die Produktion einer Inspektion unterzogen. Hier können bis zu 460 000 Barrel Öl verarbeitet werden. Bereits im Juli waren mehrere Raffinerien im Land des weltgrößten Ölverbrauchers nach Zwischenfällen ausgefallen.
Daneben verunsicherte die Sorge vor Terroranschlägen in Saudi-Arabien, dem weltgrößten Ölexporteur, die Märkte. Das Land hat seine Sicherheitsvorkehrungen für ausländische Einrichtungen aus Angst vor Terroranschlägen erhöht.
Die Benzinpreise in Deutschland bleiben auf ihrem Rekordniveau. Nach einer Preisrunde unter Führung der Aral kostet ein Liter der meistgetankten Benzinsorte Super im bundesweiten Durchschnitt 1,27 bis 1,28 Euro, teilten Sprecher der Mineralölwirtschaft am Mittwoch in Hamburg mit. Für Diesel müssen die Autofahrer rund 1,12 Euro je Liter bezahlen. Ähnliche Preise wurden auch im Juli bereits verlangt und das Niveau hat sich in der Zwischenzeit nicht nennenswert ermäßigt.
In Deutschland hat der rasante Preisanstieg beim Heizöl die Inflationsrate im Juli auf zwei Prozent getrieben. Als Grund für den Preisauftrieb sehen Marktkenner die Tatsache, dass zahlreiche Spekulanten im Ölmarkt aktiv sind, die auf noch höhere Preise warten. Dabei werde übersehen, dass weltweit gesehen grundsätzlich genug Öl für die Kunden vorhanden sei.
Vor allem zwei Entwicklungen reizen zur Zeit zum spekulativen Kauf: Die Zuspitzung des Streits um die iranischen Atompläne, nachdem das Land seine umstrittene Atomanlage in Isfahan wieder voll in Betrieb genommen hat. Iran ist ein wichtiger Ölexporteur.
Außerdem wurden die jüngsten Daten aus dem wöchentlichen Lagerbericht der US-Energiebehörde negativ gedeutet: So nahm der Rohölvorrat in den USA innerhalb einer Woche zwar um 2,8 Millionen Barrel zu und liegt damit 10 Prozent über dem Vorjahreswert. Dagegen fiel der Bestand an Benzin auf vier Prozent unter dem Vorjahreswert. Zur Zeit läuft in den USA aber die sommerliche so genannte Fahrsaison (Driving Season), in der besonders viel Benzin verbraucht wird.
Zur Nervosität des Marktes kommt nach Angaben von Händlern eine trotz rasant gestiegener Preise in den USA und China ungebremste Nachfrage hinzu. „Man hat davon geredet, dass ein Ölpreis um 60 Dollar die Wirtschaft in vielen Ländern der Welt bremst“, sagte James Cordier, Präsident der Liberty Trading Group in Tampa. Da US-Notenbankchef Alan Greenspan allerdings den Zustand der Wirtschaft als gut werte und ein weiteres Wachstum voraussage, sei zu erwarten, dass die 70-er Marke getestet werde. Er sei davon überrascht, dass selbst nach den jüngsten Benzinpreiserhöhungen in den USA der Verbrauch gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch um 1,4 Prozent zugenommen habe.
In Deutschland war leichtes Heizöl im Juli 41,2 Prozent teurer als vor einem Jahr und verzeichnete damit den höchsten Preisanstieg seit fast fünf Jahren, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtete. Ohne Heizöl und Kraftstoffe hätte die Inflationsrate den Angaben zufolge bei 1,3 Prozent gelegen. Im Vergleich zum Juni 2005 stiegen die Verbraucherpreise um 0,5 Prozent.
Kraftstoffe waren um 9,4 Prozent teurer als im Juli 2004, bei Diesel betrug der Anstieg den Angaben zufolge 18,9 Prozent. Auch im Vergleich zum Juni legten die Preise noch einmal kräftig zu, bei Heizöl um fünf Prozent, bei Kraftstoffen um vier Prozent. Die anderen Haushaltsenergieträger wurden ebenso überdurchschnittlich teurer: Die Strompreise stiegen innerhalb eines Jahres um 4,4 Prozent, die Gaspreise um 9,7 Prozent. Zentralheizung und Fernwärme waren im Juli 2005 sogar 15,8 Prozent teurer als im Juli 2004.
Quelle: HANDELSBLATT, Donnerstag, 11. August 2005, 12:26 Uhr
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