Die aktuelle Marktentwicklung weist immer größere Parallelen zur Kurserholung Ende 1998 auf. Damals stiegen die Aktien ab Ende Oktober stark an, nachdem die US-Notenbank die Märkte vor dem taumelnden Hegde-Fonds LTCM in Schutz genommen hat. Diesmal scheinen die Probleme gewaltiger, aber die FED ist auch nicht alleine am Werk: EZB und BoJ fahren ebenfalls einen expansiven Kurs. Und wie in 1998 steigen in der ersten Phase der Kurserholung Aktien und Renten in vermeintlicher Eintracht. Erklärbar ist dies durch die zweifache Unterinvestierung der Anleger im Frühjahr diesen Jahres. Während die Unterinvestierung am Aktienmarkt durch die entsprechenden sentix-Daten an dieser Stelle umfangreich dokumentiert wurde, lässt sich die Unterinvestierung am Rentenmarkt sowohl durch das chronisch negative Renten-Sentiment wie auch durch den JP Morgan-Client Survey ableiten.
Die Abnahme der Risikoaversion, ablesbar an den Volaindizes VDAX oder VIX, führte dazu, dass die hohe Liquidität in die Märkte drängte. Die Mutigen kauften Aktien und die noch mutigeren Anleger Renten. Solange Aktien noch unterhalb der Jahresanfangsstände notierten, ergab sich aus der guten Performance der Aktien keine Konkurrenzsituation zu den ebenfalls gut performenden Renten. Anders sieht es aus, wenn die Rentenwerte - gemessen am mittelfristigen Momentum der Performanceindizes - hinter die Aktien zurückfallen. In diesem Fall entsteht bei den institutionellen Anlegern ein zusätzlicher Performancedruck. Die Anlageentscheidung ist nicht länger eine Entscheidung "Investieren (Hauptsache irgendwo dabei) oder Kasse", sie mutiert zu einer Entscheidung "Aktien oder Renten". Dieser Punkt dürfte jetzt erreicht sei. Die sentix-Sonderanalyse dieser Woche mit ihrem überraschenden Anstieg an Konjunkturoptimismus zeigt, dass die Anleger nunmehr aus den steigenden Aktien beginnen auf die zukünftige konjunkturelle Entwicklungen zu schließen. Damit wird es aber für die Anleihen zunehmend gefährlich. Im Gegensatz zum sentix-Panel, welches sich seinen Skeptizismus zum Rentenmarkt bewahrt hat, gaben die Teilnehmer am JP Morgan Client Survey zuletzt an, im Durchschnitt eine fast 0,3 Jahre längere Portfolioduration zu halten. Ein hoher Wert.
Somit könnten die Parallelen zu 1998 anhalten, mit dem Ergebnis, dass eine schärfere Rentenmarktkorrektur vor der Türe stehen dürfte. Aber auch die Aktienmärkte sollten zunächst konsolidieren, bevor der Aufwärtstrend fortgesetzt wird. Die unverändert positive Situation im relativen Sentiment von Privaten zu Institutionellen signalisiert aber, dass aus sentimenttechnischer Sicht derzeit keine Trendwende in Sicht ist. |