Hinter dem Fahrzeughersteller Geely, der jetzt nach Volvo greift, steht ein Mann mit großem Ehrgeiz und wagemutigen Ideen.

                         
               
                         

Peking. Der Name des Autobauers Geely ist vom chinesischen Wort „jili“ abgeleitet, was    „Glück“ oder „glückverheißend“ bedeutet. An der Spitze des Unternehmens    steht Li Shufu, der die chinesische Autobranche das Fürchten gelehrt hat.    Erst vor acht Jahren erhielt der „chinesische Henry Ford“, wie ihn einige    schon etwas großspurig nennen, die Lizenz zur Autoherstellung. Seither stieg    er zum zweitgrößten privaten Autobauer in China auf. Der Sohn eines    Reisbauern aus Taizhou in Ostchina strebt mit der Übernahme der schwedischen    Traditionsmarke Volvo vom US-Konzern Ford die größte chinesische    Auslandsinvestition in der Autobranche an.

           

   Wegen seines großen Ehrgeizes, aber auch wegen seiner wagemutigen Ideen und    Hartnäckigkeit wird Li Shufu in China manchmal als „verrückter Autobauer“    („Zaoche Fengzi“) beschrieben. Hinter seiner Erfolgsgeschichte steckt zwar    erhebliches unternehmerisches Geschick, doch erlebte Glücksritter Li Shufu    auch eine Karriere, wie sie wohl nur Chinas Aufstieg zur drittgrößten    Volkswirtschaft der Welt möglich machen konnte. 1981 lieh sich Li Shufu als    18-Jähriger 120 Yuan, heute zwölf Euro, von seinem Vater. Er kaufte eine    Kamera und machte mit Fotos erste Geschäfte. Später handelte Li Shufu mit    Metall, produzierte dann Teile für Kühlschränke und baute schließlich ein    Motorrad-Imperium auf.

           

   Seine frühen Schritte in der Autoindustrie in den 90er Jahren nährten    Sorgen über einen möglichen Patentklau. So kaufte Li Shufu nach chinesischen    Medienberichten 1996 einen Mercedes, um dessen Design zu studieren. Ein Jahr    später nahm er ein Auto der chinesischen Marke „Hhongqi“ (Rote Flagge)    auseinander. 1998 baute er sein erstes eigenes Auto mit dem Namen „Erhabenes    Gefühl“ (Haoqing). Er hatte schon mehrere Milliarden Yuan in die Produktion    investiert, als ihm 2001 endlich die offiziell Lizenz erteilt wurde. Rund    10000 Geely-Beschäftigten produzieren heute 300000 Fahrzeuge im Jahr.

           

   Damit hinkt der Autohersteller zwar weit hinter Shanghai Automotive (SAIC)    oder First Automotive Works (FAW) her, doch konnten sich diese alten    Autokonzerne dank finanzkräftiger ausländischer Partner wie Volkswagen und    General Motors sowie gravierender staatlicher Unterstützung noch massiver    ausbreiten. Geely schaffte den Aufstieg vielmehr aus eigener Kraft. Dass    auch internationale Investmenthäuser inzwischen etwas von dem privaten    Autoproduzenten halten, bewies Goldman Sachs im September, als es eine    Investition in Geely über 334 Millionen US-Dollar ankündigte.

           

   Bisher machte sich Geely nur als Hersteller billiger Modelle einen Namen.    Doch eine Übernahme von Volvo bedeutet den Sprung in die Oberklasse. Mit der    schwedischen Edelmarke wird der Li Shufu zu einem wichtigen Mitspieler auf    100 Märkten weltweit. Da Geely die internationale Erfahrung fehlt, soll sich    bei Volvo aber nicht so viel ändern. Li Shufu sieht vielmehr neue Chancen    für die schwedischen Autos im Reich der Mitte. China ist seit diesem Jahr    der größte Automarkt der Welt und wächst – trotz globaler Wirtschaftskrise –    schneller als jeder andere.

           

   Dank des staatlichen Konjunkturprogrammes stieg der Absatz in China in den    ersten elf Monaten dieses Jahres um 42 Prozent auf mehr als zwölf Millionen    Autos. Könnte Geely mit seinem großen Vertriebsnetz in China für die    Volvo-Typen S40, S60 und S80 nur fünf Prozent Marktanteil in ihren    jeweiligen Segmenten erreichen, wäre das ein Absatz von 300000 Autos – etwa    so viel wie Volvo dieses Jahr weltweit verkaufen dürfte, wie chinesische    Experten vorrechneten. (dpa/abendblatt.de)