Erkenntnissen (siehe Braunberger-Text in der FAZ) Folgerungen gezogen werden, wovon ich ausgehe - denn wir lernen nun einmal hauptsächlich auf dem Weg durch unsere Irrtümer:
"Die Subprime-Krise war gar nicht so verheerend
Zu den negativen Überraschungen für die Marktteilnehmer zählen Caballero und Kurlat nicht die Krise am Subprime-Immobilienmarkt, die gar nicht so verheerend gewesen sei, sondern vielmehr die erschreckende Erkenntnis über die Verwundbarkeit des Finanzsystems. An den Finanzmärkten hatte man zwar schnell erkannt, dass strukturierte Wertpapiere leiden würden, die aus Subprime-Krediten bestanden. Dies lag nahe. Aber dass alle Märkte für strukturierte Wertpapiere, der Markt für Geldmarktpapiere und der Geldhandel unter Banken kollabieren würden, sei nicht vorhersehbar gewesen und habe zu erheblicher Verunsicherung und Selbstzweifeln geführt.
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Wachsende Zweifel am Jackson-Hole-Konsens Kreditversicherungen: Das Gold der Toren Trichet mahnt Notenbanken zur Wachsamkeit Amerikas Defizite gefährden die Weltwirtschaft "Innerhalb kürzester Zeit wurden die Verbindungen zwischen den Märkten zu komplex und zu schwer verständlich, wichtige Geschäftspartner wurden nicht mehr als solche wahrgenommen und Panik brach aus", schildern Caballero und Kurlat. "Jeder Marktteilnehmer und Politiker kennt seine eigene lokale Welt, aber es ist zu kompliziert, alle möglichen Verbindungen zwischen allen diesen Welten (die meistens irrelevant sind, solange sie nicht in einer schweren Krise kritisch werden) zu verstehen."
Überraschungen an Finanzmärkten sind immer möglich: "Neue Finanzinstrumente und Handelspraktiken entstehen laufend und sind anfangs notwendigerweise nicht darauf getestet, wie sie sich in einer schweren Krise verhalten werden. Ihr erster Test besitzt unvermeidlich das Potential für große Verwerfungen und Verwirrung." Leider erweisen sich die Marktteilnehmer in solchen Situationen nicht immer als souverän: "Die Grundlagen des Risikomanagements müssen ersetzt werden durch ein Management von Unsicherheit, aber mit Letzterem sind Menschen, und erst recht hochverschuldete Finanzunternehmen, nicht besonders gut."
Das war auch schon früher so. Caballero und Kurlat erinnern daran, wie der Konkurs eines nicht sehr bedeutenden Emittenten im Jahre 1970 den gesamten, damals noch jungen Markt für Geldmarktpapiere schwer erschütterte. Aber damit hatten die Marktteilnehmer ihre Lektion gelernt, und spätere Konkurse von größeren Emittenten solcher Papiere sorgten am Geldmarkt nicht länger für Panik.
„Die Verschuldung per se ist nicht der Grund für Besorgnis“
In der aktuellen Krise bildeten unter anderem die Schwierigkeiten der amerikanischen Kreditversicherer ("Monoliner") eine negative Überraschung. Die Monoliner hatten strukturierte Wertpapiere über 2 Billionen Dollar versichert; und als die Monoliner in eine schwere Krise gerieten und die strukturierten Wertpapiere schlechtere Ratings erhielten, wurden viele dieser Papiere panikartig und mit hohen Verlusten verkauft (siehe auch Herabstufung der Monoliner besorgt die Finanzmärkte). "Im Nachhinein erscheint es klar, dass die Versicherungen strukturierter Wertpapiere durch die Monoliner das Risiko der Banken nicht reduzierte, weil das Risiko der Gegenpartei nahezu perfekt mit den Wertpapieren korreliert war", stellen die Autoren fest. "Aber zu jener Zeit war das nicht offensichtlich, denn die meisten verwendeten Finanzinstrumente waren noch nicht in einer schweren Krise getestet worden."
Neben negativen Überraschungen nennen die Autoren eine Konzentration von Risiken, die aus einer Verschlechterung der gesamten Marktlage entstehen, in hochverschuldeten Finanzunternehmen als wesentliche Krisenursache. "Die Verschuldung per se ist nicht der Grund für Besorgnis", schreiben Caballero und Kurlat und weisen damit eine weitere verbreitete Interpretation der Krise zurück. "Die Verschuldungsraten der amerikanischen Banken waren zu Beginn dieser Krise nur geringfügig höher als zum Anfang der Rezession im Jahre 2001." Die Schulden alleine, also die Passivseite ihrer Bilanz, hätten die Finanzunternehmen nicht in Schwierigkeiten gebracht. Das Problem war, dass als Folge einer allgemeinen Verschlechterung der Lage an den Finanzmärkten viele bislang mit "AAA" bewertete Anlagen auf der Aktivseite niedrigere Bewertungen erhielten und erheblich an Wert verloren. Die Kombination aus schlimmen Wertverlusten auf der Aktivseite der Bilanz und eines hohen Anteils von Fremdkapital auf der Passivseite in vielen Häusern habe das Finanzsystem an den Rand des Abgrunds geführt.
Als dritte Krisenursache tritt die Politik hinzu. Nach Ansicht von Caballero und Kurlat ist für den Verlauf einer Finanzkrise weniger entscheidend, welche Politik vor der Krise betrieben wurde. Entscheidend ist, wie die Politik nach dem Ausbruch reagiert: "Sobald eine wichtige Überraschung eingetreten ist, existiert fast immer ein Zeitfenster, in dem die Politik die Krise eindämmen oder vergrößern kann." Vor allem zwei Gründe existieren für ein zögerliches Handeln: moralisches Risiko ("moral hazard") und politische Einschränkungen.
Als Beispiel für ein moralisches Risiko nennen die Autoren das Argument, die Aktionäre müssten für die Fehler ihrer Unternehmen bezahlen. Daher seien staatliche Rettungsmaßnahmen für Unternehmen problematisch. Dieser Ratschlag könne zu einem Rohrkrepierer werden, finden die beiden MIT-Ökonomen: "Die Erwartung, dass die Aktionäre im Zuge einer Verschärfung der Krise exemplarisch bestraft werden, verzögert die Entscheidung von Investoren, dringend benötigtes neues Eigenkapital bereitzustellen." |