In China zählt Alibaba längst zu den Giganten. 24.000 Menschen arbeiten für das Unternehmen, das im vergangenen Geschäftsjahr 4,1 Milliarden Dollar Umsatz und rund eine halbe Milliarde Dollar Gewinn machte und dessen größte Anteilseigner derzeit Yahoo (20 Prozent) und der japanische Medienkonzern Softbank (30n Prozent) sind. Durch den möglichen Börsengang wird Alibaba nun auch im Westen bekannt - als Symbol für Chinas Aufstieg.
Amazon + Ebay + Paypal + Kreditinstitut
Schon jetzt ist der Alibaba-Konzern Amazon, Ebay, Paypal und Kreditanstalt zugleich. Seine wichtigsten Dienste sind:
Alibaba: ein Business-to-Business-Portal, das kleine chinesische Hersteller mit Händlern in China und im Ausland vernetzt; Taobao: eine Plattform, über die Privatleute gut eine Milliarde Produkte feilbieten. Der Dienst für Jedermann wird oft mit Ebay verglichen, auch wenn Produkte, anders als beim US-Konzern, nicht versteigert werden können; Tmall: Alibabas Pendant zu Amazon. Internationale Marken wie Levi's oder Disney nutzen die Plattform als offiziellen Vertriebskanal. Bis 2015 dürfte der Dienst mehr Handelsumsätze als Amazon machen, prognostiziert Euromonitor, ein Beratungsunternehmen für Konsummärkte; Alipay: ein Bezahlsystem, das oft mit Paypal verglichen wird. Anders als beim US-Dienst bekommt der Verkäufer sein Geld allerdings erst ausgezahlt, wenn der Käufer seine Zufriedenheit mit dem Produkt bestätigt hat. Eine Bezahlvariante, die gerade in Ländern mit schwachem Rechtsstaat Vertrauen schaffen soll. Im chinesischen Internet wird jede zweite Transaktion über Alipay abgewickelt, auch in anderen Entwicklungsländern ist der Dienst beliebt; Ali Finance: ein Ableger, der klassische Dienstleistungen einer Bank anbietet: Er vergibt Mikrokredite an kleine Händler und Konsumenten - und kurbelt so auch die Umsätze von Alibabas Konsumplattformen an. 2012 betrug das Kreditvolumen umgerechnet 600 Millionen Euro, im laufenden Jahr sollen es schon zwei Milliarden Dollar sein. Alibaba verändert die Gesellschaft
Die Wachstumspotentiale dieser Dienste sind groß. Schon allein, weil Chinas Internetnutzerschaft rapide wächst. Anfang des Jahres hatten 564 Millionen Chinesen einen Onlinezugang, knapp 43 Prozent der Bevölkerung; in den kommenden Jahren werden Hunderte Millionen neuer Nutzer hinzukommen. Laut einer Prognose der US-Bank Morgan Stanley wird China im laufenden Jahr die USA als größten E-Commerce-Markt der Welt ablösen, mit einem geschätzten Umsatz von 283 Milliarden Dollar.
Der Alibaba-Konzern wird kräftig mitwachsen - und gleichzeitig aus den Unmengen von Nutzerdaten Profit schlagen, die er sammelt. Kein anderes Unternehmen weiß mehr über Chinas Händler und Konsumenten, und kein anderes Unternehmen befördert Chinas Übergang von der Produktions- zur Konsumgesellschaft stärker als Alibaba.
Dank Taobao sind Millionen chinesischer Bürger zu globalen Händlern geworden. Es gibt Geschäftsleute, die in deutschen Supermärkten Milchpulver kaufen und nach China verschicken lassen, um es dort gegen Aufpreis an wohlhabende Chinesen zu verkaufen, die sich vor verunreinigter einheimischer Ware schützen wollen.
Einen ähnlichen Einfluss hat die Firma auf Chinas verkrusteten Bankensektor. Bislang kommen fast ausschließlich chinesische Staatsfirmen an günstige Kredite. Kleine Unternehmer und Privatleute mussten sich bislang meist auf dem Graumarkt zu Wucherzinsen Geld leihen. Nun geben Firmen wie Alibaba ihnen günstig Kredit. Auch das befördert den Konsum - und schafft ein Stück weit Chancengleichheit.
"Alibaba steigert die Lebensqualität der chinesischen Bürger derzeit schneller, als die Politik es durch Reformen der Lebensmittelkontrollen und des Finanzsektors je könnte", sagt Sebastién Armand, ein Pekinger Internetunternehmer und langjähriger Beobachter der chinesischen Internetwirtschaft. "Der Konzern schlägt nicht einfach aus dem gesellschaftlichen Wandel Kapital, er verändert ganz China."
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/...ang-vor-a-893114.html |