Anleger setzten auch 2004 auf ASCO-Effekt Anstehende Krebsmedizin-Konferenz in den USA beflügelt Aktien von Biotech-Unternehmenvon Daniel Eckert Berlin - Die kommenden Tage dürften für Besitzer von Biotech-Aktien besonders spannend werden. Denn die am nächsten Wochenende im amerikanischen New Orleans stattfindende ASCO-Konferenz ist für die Biotechs der Kursmotor schlechthin. Diese jährliche Tagung der American Society of Clinical Oncology gilt als das wichtigste Treffen von Krebsspezialisten aus aller Welt. "Bei kaum einer anderen Messe werden so viele kursrelevante Forschungsergebnisse vorgestellt wie bei der ASCO", sagt Rüdiger Weseloh, Life-Science-Analyst bei Sal. Oppenheim. Erfahrungsgemäß gehören die Tage rund um die Konferenz für Biotech-Titel zu der handelsstärksten Zeit des Jahres. "Die dort präsentierten Ergebnisse geben Auskunft darüber, ob Millionen von Forschungsgeldern in den richtigen Wirkstoff gesteckt wurden oder nicht."
Bereits zum Wochenschluss machte sich der ASCO-Effekt an der deutschen Börse bemerkbar. Biotechnologie- und Pharma-Unternehmen wie Schwarz Pharma, GPC Biotech, Evotec OAI und Stada Arzneimittel gehörten mit Aufschlägen von rund zwei Prozent zu den größten Gewinnern auf dem Kurszettel. Auch andernorts waren die Werte der Branche gefragt, nachdem Analysten im Vorfeld der Konferenz viele Werte hochgestuft hatten.
Doch die bisherigen Kurssteigerungen dürften erst der Vorgeschmack sein. Vergangenes Jahr schnellten Biotech- und Healthcare-Indizes in den Wochen rund um die ASCO-Tagung um bis zu 20 Prozent nach oben. "Die Krebsforschung ist das vielleicht wichtigste Forschungsfeld für Biotechnologie-Unternehmen", sagt Thomas Höger, Analyst bei der DZ-Bank, "Durchbrüche auf diesem Gebiet geben der gesamten Biotechnologie-Branche einen neuen Schub."
Nachdem die überraschend positiven Ergebnisse des Krebsmedikaments Avastin 2003 die Branche aus der Lethargie riss, blicken Anleger nun mit umso größerer Spannung nach New Orleans. Dieses Jahr könnte vor allem das von den Firmen OSI und Genentech entwickelte Lungenkrebs-Medikament Tarceva für Aufsehen sorgen. "Patienten mit Lungentumoren haben immer noch eine geringe Überlebenswahrscheinlichkeit, Tarceva könnte diese um rund 30 Prozent erhöhen", sagt Noushin Irani, Biotech-Fondsmanagerin bei der DWS. Wegen erster Erfolgsmeldungen hatte die OSI-Aktie ihren Kurs im April bereits verdoppelt. Das muss jedoch längst noch nicht das Ende des Booms sein, denn das Marktpotenzial ist immens. Große Hoffnungen werden auch auf den Lungenkrebs-Wirkstoff Velcade von Millennium Pharmaceuticals gesetzt. Die Deutsche Bank hält das Medikament für eine der aussichtsreichen Neuentwicklungen der letzten Jahre und stufte den Wert bereits auf "Kaufen". Ebenfalls auf der Watchlist der Investoren findet sich Onyx Pharmaceuticals - eine Aktie, deren Kurs sich seit Anfang 2003 verzehnfacht hat. Hier heizt ein Nierenkrebs-Medikament die Fantasie an. Ko-Entwickler des Präparats ist übrigens der deutsche Parmakonzern Bayer, der bei einem Durchbruch ebenfalls stark profitieren würde.
Auch andere deutsche Firmen sind in New Orleans mit von der Partie. So wird erwartet, dass das Berliner Pharmaunternehmen Schering neuere Ergebnisse zu dem zusammen mit Novartis entwickelten Darmkrebs-Wirkstoff PTK-787 veröffentlich. Impulse könnte auch die Aktie von Merck KGaA erhalten, denn auch von den Darmstädtern stehen neue klinische Ergebnisse zu dem Darmkrebsmedikament Erbitux an. Allerdings warnen die Profis davor, die Erwartungen allzu hoch zu stecken. "Letztes Jahr hatten wir eine besondere Situation", sagt Irani. "Nach den Enttäuschungen der vorangegangenen Jahre war die gesamte Biotech-Branche damals unterbewertet. Als dann die positiven Meldungen kamen, gingen die Kurse durch die Decke".
Artikel erschienen am 29. Mai 2004 |