Selbsternannte Bildungsaktivist:innen, die Shitstorms für Personen initiieren, die es in ihren Augen "verdient" hätten: Auch unsere Kolumnistin wurde aktivistisch ermahnt. Über Menschen, die im Kampf für eine bessere Gesellschaft ihre Follower aufstacheln und so den Hass im Netz schüren. Eine Kolumne von Verena Maria Dittrich, Samstag 27.02.2021
Auszüge, gekürzte Absätze/6 von 16: "Samstag, 01:05 Uhr, mitten in der Nacht. Eine neue Nachricht poppt auf: "Hey, ich kann verstehen, dass man normal seinen Tag leben will, dennoch hat sich heute der Tag von Hanau gejährt und ich finde es schon sehr respektlos den Betroffenen gegenüber." (…) Gemeint ist, wer auf Social Media keinen Trauerbeitrag gepostet hat."
"Da ist also eine wildfremde Person, die mich belehrt und "respektlos" findet, über mein Leben schwadroniert und meint zu wissen, wie man sich zu verhalten habe, um in dieser Gesellschaft als guter Mensch zu gelten. Ich könnte diese Person ignorieren."
"Es ist mir wichtig, zu betonen, wie froh ich bin, dass es immer mehr Menschen gibt, die nicht mehr die Schnauze halten. Die laut sagen, dass gewaltig etwas schiefläuft in unserer Gesellschaft. Die ihre Stimme gegen Gewalt, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Hass im Netz und vieles mehr erheben."
"Aktivisten und Aktivistinnen haben es nicht leicht. Sie werden bedroht, belächelt, angefeindet und mit Hass im Netz überzogen. Mehr noch: Ich erfahre von selbsternannten Bildungsaktivist:innen, die im Kampf für Gerechtigkeit Shitstorms initiieren - reihenweise. Es sind Leute, die teils Hunderttausende Follower:innen haben, die sie gezielt aufstacheln, sich umzuschauen wie eine Internet-Stasi und Leute anzuschreiben, um sie zu belehren."
"Zwischen den Jahren habe ich es am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, von einem Shitstorm überrollt zu werden. Wie eine Lawine war er plötzlich da. Und er tobte drei Tage lang. Allein der Gedanke, dass man den Hass "im Namen für die gute, richtige Sache" zu erdulden habe, ist das Undemokratischste, das ich seit Langem gehört habe. Und das Dümmste. Frei nach dem Motto: "Hey, ich bin Bildungsaktivist:in, ich leiste kostenlose Aufklärungsarbeit. Wenn du an diesem oder jenen Tage nichts auf Social Media gepostet hast, zählst du leider zu denen, die zur Spaltung unserer Gesellschaft beitragen."
"Ich habe eine Kolumne über einen Komiker geschrieben. Der Komiker und ich hatten und haben unterschiedliche Meinungen. Aber am Ende dieser für beide Seiten unschön verlaufenen Geschichte haben wir miteinander geredet. Nur er und ich. Es war ein Gespräch auf Augenhöhe und voller Respekt."
Kompletter Artikel mit 16 Absätzen: https://www.n-tv.de/leben/...-in-Hass-umschlaegt-article22386701.html |