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Bergung verletzter US-Soldaten: Hubschrauber-Einsatz im Südirak |
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London/Bagdad - Auch am sechsten Tag näherten sich die alliierten Truppen weiter Bagdad. Nach BBC-Angaben standen sie am frühen Dienstagmorgen etwa 90 Kilometer vor der irakischen Hauptstadt. Die irakische Seite dementierte die BBC-Darstellung. Bei Luftangriffen wurde nach Angaben des arabischen Senders al-Dschasira mindestens ein Ziel im Zentrum von Bagdad getroffen. Hier sei eine außergewöhnlich laute Explosion zu hören gewesen. Schwere Luftangriffe gab es in der Nacht auch auf die nordirakische Stadt Mossul. Heftige Gefechte wurden auch aus Basra gemeldet, der zweitgrößten Stadt des Irak. Dort sollen am Montagabend britische Truppen unter schweres Feuer irakischer Regierungstruppen, aber auch lokaler Milizen, geraten sein.
Weiteres Hindernis für die Kriegsallianz: Ein starker Sandsturm tobte um die Stadt Kerbala und hielt alliierte Truppen in Schach. Südlich von Bagdad nahmen US-Helikopter sowie britische und amerikanische Jets Stellungen der Republikanischen Garden unter Beschuss. 30 von 32 Apache-Hubschraubern der USA wurden dabei allerdings getroffen. Die zweiköpfige Besatzung wurde gefangen genommen und später im irakischen Fernsehen präsentiert. Aus Angst, dass die Iraker in Besitz der Technologie kommen könnten, versuchten die Amerikaner, die Hubschrauber durch Raketenbeschuss selbst zu vernichten. Die Apache-Hubschrauber waren bei ihren Einsätzen angeblich nicht sehr erfolgreich, nur zehn bis 15 irakische Schützenpanzer seien zerstört worden. Die Amerikaner denken deshalb darüber nach, ihre Taktik zu ändern.
Amerikanischen Angaben zufolge war es der bisher stärkste Angriff auf Saddams Spezialtruppe. Es seien Hunderte Einsätze gegen die Garden von Saddam Hussein geplant, hieß es. "Das wird ein entscheidender Moment sein", sagte der britische Premierminister Tony Blair während der Debatte am Montagnachmittag im britischen Unterhaus. Von diesen Soldaten sei äußerster Widerstand zu erwarten. Von ihnen habe niemand etwas zu verlieren, denn sie würden selbst von den eigenen Landsleuten gehasst. "Das entscheidende Ziel ist, Bagdad so schnell wie möglich zu erreichen."
Ähnlich wie schon US-General Tommy Franks während der Pressekonferenz am Nachmittag zeigte sich der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon zufrieden mit den Erfolgen der alliierten Streitkräfte. Der Vormarsch nach Norden verlaufe schnell, der Südirak sei im Wesentlichen unter der Kontrolle der alliierten Streitkräfte. Es gebe aber noch Widerstandsnester. Alles laufe nach Plan, sagte er, warnte zugleich aber vor zu optimistischen Erwartungen. Der Krieg werde nicht in ein paar Tagen vorbei sein.
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Unerwarteter Widerstandder irakischen Truppen: US-Marines, australische . . . |
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Entgegen ursprünglichen Erwartungen sind die Truppen noch ein gutes Stück von Bagdad entfernt. Augenzeugen berichteten von heftigen Explosionen am westlichen und südlichen Stadtrand der Fünf-Millionen-Stadt. Die Straßen in der Innenstadt seien menschenleer. Ziel der Angriffe könnte nach Ansicht von Beobachtern vor Ort Stellungen der irakischen Armee und Spezialeinheiten am Stadtrand gewesen sein. Inzwischen sollen die Einsätze der Bomber aber auch vermehrt der Unterstützung der Truppen bei Bodenkämpfen in anderen Teilen des Landes dienen. Der Korrespondent des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira berichtete, dass sich das Wetter in Bagdad erheblich verschlechtert habe. In den kommenden zwei bis drei Tagen werde mit Sandstürmen gerechnet. Darauf habe bereits der starke Wind am Abend hingedeutet.
Am Montag, dem fünften Tag des Krieges, wurden Gefechte aus der Gegend um Kerbela - nur etwa 80 Kilometer südlich von der irakischen Hauptstadt - gemeldet. Rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt attackierten US-Hubschrauber Einheiten der Republikanischen Garden. Bei ihren Angriff waren "Apache"-Helikopter nach CNN-Berichten unter starken Beschuss irakischer Luftabwehrgeschütze geraten. Die Iraker hatten nach Angaben von Informationsminister Mohammed Sajjid al-Sahaf zwei der Hubschrauber abgeschossen, die USA hatten den Verlust eines Helikopters bestätigt. Im Norden des Landes gab es Medienberichten zufolge Luftangriffe auf Mosull sowie auf Stellungen der irakischen Armee nördlich von Kirkuk.
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. . . und britische Soldaten auf dem Marsch auf Bagdad |
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Präsident Saddam Hussein forderte die Iraker eindringlich zum Widerstand auf und versprach ihnen in einer Fernsehrede einen schnellen Sieg über die Invasionstruppen. "Der Sieg ist nah", sagte der Staatschef in seiner am Montag vom irakischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Rede. Die irakischen Soldaten und Kämpfer hätten den Amerikanern und Briten bereits große Verluste zugefügt. Er drohte diesen mit einem langen Krieg. Indem die Alliierten tief in irakisches Gebiet eingedrungen seien, hätten sie sich selbst in eine extrem schwierige Situation gebracht. Die verschiedenen irakischen Einheiten würden sie nun in der Wüste angreifen. Bei ihrem Vormarsch im Süden stießen die Invasionstruppen denn auch auf zum Teil heftigen Widerstand. Ein CNN-Reporter berichtete, US-Soldaten seien in der Umgebung von Nasirija mit schwerem Mörserfeuer angegriffen worden. In der Nacht waren die Alliierten nach Angaben des Senders al-Dschasira im südirakischen Fau in Straßenkämpfe verwickelt worden.
Am Flughafen der Stadt Basra und an einer strategisch wichtigen Brücke hätten sich irakische Kämpfer und alliierte Soldaten den Tag über heftige Kämpfe geliefert. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sind in der zweitgrößten irakischen Stadt rund zwei Millionen Menschen seit zwei Tagen von der Wasserversorgung abgeschnitten, weil wichtige Stromleitungen zu elektrischen Pumpen zerstört wurden.
Unklarheit herrschte über Berichte, wonach US-Einheiten in der Stadt Nadschaf südlich von Bagdad eine Chemiefabrik erobert haben sollen. US-General Franks sagte, er habe keine Informationen, ob es sich dabei um eine Waffenfabrik handele. Der Sprecher von Uno-Chefwaffeninspekteur Hans Blix sagte, die Inspektoren seien mehrfach in Nadschaf gewesen und seien dort über nichts Verdächtiges gestoßen.
Bei den alliierten Luftangriffen wurden nach Angaben der Führung in Bagdad binnen 24 Stunden 62 Menschen getötet und mehr als 400 irakische Zivilisten verletzt. Auf Seiten der USA fielen nach Medienberichten zwölf Soldaten, sechs seien bei Unfällen gestorben, einer bei dem Granatenanschlag eines Kameraden, zwölf würden vermisst.
Das irakische Staatsfernsehen hat in der Nacht zum Dienstag berichtet, sechs Funktionäre der regierenden Baath-Partei von Präsident Saddam Hussein seien im Kampf ums Leben gekommen. Sie seien in der südlichen Provinz Di Kar getötet worden, hieß es.
Nach britischer Darstellung wurden bisher 14 britische Soldaten bei Unfällen und zwei durch versehentlichen US-Beschuss getötet. Auch auf dem Schlachtfeld haben die Briten inzwischen ein Opfer zu beklagen. Außerdem werde noch mindestens ein Soldat vermisst.
Q: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,241931,00.html