Steuerpolitik Merz zur Rückkehr bereit
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14. September 2005 Der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende und Finanzpolitiker Friedrich Merz ist offenbar zur Rückkehr in eine führende Position in der Bundespolitik bereit.
Er sei bereit, mitzumachen und mitzuarbeiten, sagte Merz am Dienstag abend am Rande einer CDU-Wahlkampf-Veranstaltung im sauerländischen Eslohe, ohne Details zu nennen. Über Personalfragen sollte aber erst nach der Wahl geredet werden. Dann werde geklärt, „wer was wird”. Zuvor hatte der Steuerexperte im Wahlkampfteam der Union, Paul Kirchhof, angesichts von Forderungen nach einer verstärkten Einbindung von Merz eine enge Zusammenarbeit der beiden vorgeschlagen.
Merz lobt Kirchhof
Merkel: Volle Rückendeckung für Kirchhof? Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte Merz nach der Bundestagswahl 2002 vom Unions-Fraktionsvorsitz verdrängt. Im Oktober 2004 zog sich Merz im Streit mit Merkel vom Stellvertreterposten zurück. Das Verhältnis der beiden gilt als angespannt. Mehrere Ministerpräsidenten und parteiinterne Widersacher Merkels hatten in der Debatte um Kirchhofs umstrittene Reformkonzepte in der Steuer- und Rentenpolitik eine Rückkehr von Merz in ein Spitzenamt gefordert.
Merz lobte Kirchhof ausdrücklich. „Ich bin uneingeschränkt (...) froh darüber, daß es Angela Merkel gelungen ist, Paul Kirchhof für das Kompetenzteam zu gewinnen.” Kirchhof sei gelungen, was ihm selbst bislang nicht gelungen sei: Kirchhof habe der steuerpolitischen Debatte eine Art Überbau gegeben, der auf eine Beschränkung des Staates auf seine Kernaufgaben und eine Abgabe von Verantwortung an die Bürger hinauslaufe.
Setzt Merkel auf „Doppelspitze”?
Kanzlerkandidatin Merkel setzt nun offenbar auf eine Doppelspitze von Paul Kirchhof und Friedrich Merz in der Finanzpolitik nach einem möglichen Wahlsieg der Union. „Es geht nicht um Paul Kirchhof oder Friedrich Merz, sondern es geht um Kirchhof und Merz", sagte Merkel den „Stuttgarter Nachrichten”.
Abermals lobte sie nachdrücklich den Wahlkampfeinsatz von Merz. „Ich freue mich, daß Friedrich Merz auch sehr engagiert Wahlkampf macht", erklärte sie. Die Frage, ob sie Kirchhof weiterhin, wie bislang immer wieder erklärt, zum Finanzminister einer unionsgeführten Regierung machen wolle, beantwortete Merkel in dem Interview nun ausweichend. „Es geht um den Sieg von der Union, zusammen mit der FDP", sagte sie auf eine entsprechende Frage.
„Tandem als Ideallösung”
Auch Kirchhof hatte am Dienstag erklärt, er wolle mit Merz in einem „Tandem” zusammenzuarbeiten. Er halte Merz nicht für einen Konkurrenten, sagte Kirchhof in Heidelberg.
„Wenn wir zwei, die in der Finanz- und Steuerpolitik sich seit Jahren exponiert haben mit schönen Reformvorschlägen, wenn wir beide alle Kraft einsetzen, damit das mit dieser Politik in naher Zukunft, möglichst zum 1. Januar 2007, gelingt, wäre das die Ideallösung”, sagte der frühere Verfassungsrichter Kirchhof. Er fühle sich von der Union nicht im Stich gelassen.
Kirchhof widersprach Vorwürfen von SPD und Grünen und bezeichnete diese als unwahr. „Der politische Gegner versucht, mit falschen Zahlen und Fakten ein gegenteiliges Bild zu erzeugen. Das wird ihm letztlich nicht gelingen.” Kirchhof stellte sich abermals hinter das Regierungsprogramm der Union. Er sicherte zu, daß „kleine Einkommen, etwa das der Krankenschwester oder des Schichtarbeiters, tatsächlich entlastet” würden.
Parallelen zwischen Merz und Kirchhhof
Merz und Kirchhof befürworten eine radikale Steuerreform. Beide wollen das Steuerrecht neu formulieren. Auch bei ihren Tarifvorstellungen sind die Gemeinsamkeiten größer, als es zunächst den Anschein hat.
Merz steht für einen Stufentarif: nach einem Grundfreibetrag von 8.000 Euro sollte die Besteuerung der nächsten Einkommenbestandteile mit 12 Prozent einsetzen, von 16.000 Euro an sollte der zweite Steuersatz von 24 Prozent greifen, und für alles, was über 40.000 Euro hinausgeht, sollte ein dritter von 36 Prozent gelten.
Unterschiede bei den Unternehmenssteuern
Kirchhof hat zwar einen Einheitssatz von 25 Prozent vorgeschlagen, doch ein „Sozialausgleichsbetrag” sorgt bei ihm dafür, daß die ersten zu versteuernden Einkommenbestandteile erst nur mit 15 Prozent und dann mit 20 Prozent belastet werden. Auch soll bei beiden nicht nur jeder Steuerzahler einen einheitlichen Grundfreibetrag von 8.000 Euro erhalten, sondern jedes Familienmitglied.
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Der Unterschied liegt vor allem bei der Unternehmensbesteuerung. Während Merz an der Körperschaftsteuer festhalten will, plant Kirchhof ihre Integration in die Einkommensteuer. Unterschiedlich sind die Kosten ihrer Reformen für die öffentlichen Haushalte. Nach den Berechungen der obersten Finanzbehörden wäre Kirchhof kurzfristig mit größeren (gut 40 Milliarden Euro gegenüber etwas mehr als 30 Milliarden Euro bei Merz) und langfristig mit geringeren Ausfällen (etwa 11 Milliarden Euro zu rund 25 Milliarden Euro) verbunden.
Text: Reuters Bildmaterial: picture-alliance/ dpa/dpaweb, dpa |