Enteigung auf Raten
09:32 17.04.08
Es gibt Unternehmen, die man in regelmäßigen Abständen in den Schlagzeilen findet. Nicht etwa weil die Produkte so toll wären und der Umsatz bzw. die Gewinne wie wahnsinnig wachsen, dass es die Public Relations Abteilungen nicht mehr hält und sie in die Offensive gehen müssen. Nein. Weil die Vorstände es einfach nicht schaffen, Ruhe ins Unternehmen reinzubringen und sich um alles andere kümmern, als um die wahren Fragen.
Die Insider haben es bestimmt schon erraten, um welches Unternehmen bzw. um welchen Vorstandsvorsitzenden es sich handelt: Die leider weiter dahinsiechende Freenet AG und den sich wider mächtig brüstenden Chef Eckhard Spoerr.
„Es liegt daher nicht im Unternehmensinteresse die erfolgversprechenden Verhandlungen mit Permira aufgrund bisher unverbindlich geäußerter Vorüberlegung Ihrerseits abzubrechen oder zu verschieben“, ließ er neulich verlauten. Das ist seine Antwort auf den Brief des United Internet Chefs Ralph Dommermuth, in dem dieser Spoerr aufgefordert hat, den vereinbarten Zeitrahmen einzuhalten, um dann im Juni nach Überprüfung der Bücher, noch einmal zusammenzukommen. Dann will Dommermuth wohl ein entsprechendes öffentliches Angebot für den Kauf der Freenet AG auf den Tisch legen. Wie man im Brief an Spoerr nachlesen konnte hat Dommermuth ein inoffizielles Angebot von 14 Euro auf den Tisch gelegt. Aber nur unter bestimmten Bedingungen. Grundsätzlich beließ Dommermuth es bei den bekannten 12,80 Euro.
Spoerr konterte auf den Brief von Dommermuth mit der Feststellung, „dass es keinen vereinbarten Zeitplan gibt“ und „die Freenet solange kein Übernahmeangebot vorliegt, nicht über die behauptete Handlungsalternative verfügt“. Und dann weist er Dommermuth noch darauf hin, dass „er nicht absehen kann, ob und wann er bzw. Drillisch ein Übernahmeangebot abgeben wird“. Aber lehnen wir uns als Investoren doch einfach einmal zurück, lassen das oberflächliche Wortgeplänkel einmal sacken und versuchen auf den Grund zu schauen. Denn eh wir es vergessen. Es geht doch bei einem Unternehmen erst einmal ums Geschäft? Oder? Produkte und so, weis Du? Und da glänzt die Freenet derzeit ungemein. Nicht mit Zahlen. Wo kämen wir denn da hin? Mit einem neuen Auftritt und giftgrüner Farbe. Alte Marketingweisheit. Wenn die Produkte sich nicht verkaufen, muss man sie eben ordentlich rausputzen. Und so wird von der Marketingabeilung in Büdelsdorf oder Hamburg (ich kenn mich da einfach nicht mehr aus) voller Stolz die Meldung gepostet, dass 375 Shops im neuen Grün dastehen. Das Motto:“ Freenet feiert Premiere“. Welche?
Es ist schon traurig mit ansehen zu müssen, wie die einstige Kernkompetenz des Unternehmens, nämlich das unter Schmid einst unschlagbare Direktmarketing, an Glanz verliert. Und auch, wie das Unternehmen von Spoerr Stück für Stück gegen die Wand gefahren wird. Denn wie anders ist der Satz in dem Schreiben von Dommermuth zu deuten, wenn er Spoerr darauf hinweist, dass „Sie sich im Rahmen des Gesprächs außer Stande sahen, die von Ihnen genannten Kennzahlen nachzuweisen“. Worauf hin die Gespräche schließlich abgebrochen wurden.
Dommermuth zeigt übrigens im Brief zu Recht Unverständnis darüber, dass die kleinere Freenet AG, die größere und hochverschuldete debitel AG von Permira übernehmen will. Und damit ohne Not für diese gerade stehen will und dann auch muss. Er weist ebenfalls zu Recht darauf hin, dass es keinen ersichtlichen Grund gibt, die Sicherheitensituation der debitel-Banken zu verbessern. In diesem Zusammenhang spricht er von einer „Quasi-Enteignung der übrigen Freenet-Aktionäre“ und verweist auf den 50 %-igen Kundenschwund nach der Tiscali Übernahme.
Das Unverständnis, das Dommermuth empfindet, kann ich nachvollziehen. Denn wenn ich das Unternehmensinteresse und das der Aktionäre im Vordergrund sehe, dann gibt es keinen besseren Partner als die United Internet AG. Das steht doch wohl außer Frage. Aber Spoerr geht es um das Unternehmensinteresse nur auf dem Papier. Das hat man doch spätestens mit dem TPG Deal seinerzeit gesehen. In Wirklichkeit geht es dieser Clique nur um Macht, Einfluss und Geld. Wie auch den Helfern und Helfershelfern wie z.B. Thoma, dessen Brief an Dommermuth übrigens eine einzige Frechheit ist.
Insofern hat die „Enteignung“ der Freenet Aktionäre leider schon längst begonnen.
Einen schönen Tag und hohe Renditen wünscht Ihnen.
Ihr Norbert Lohrke |