Sonntag, 24. September 2006 Klimakatastrophe kommt Geheimer UN-Bericht
Wissenschaftler haben im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) einen neuen Klimabericht erstellt, der den Regierungen als "streng vertraulicher" Entwurf vorliegt. Die Studie kommt nach Informationen der "Welt am Sonntag" zu Ergebnissen, die zum Teil weit über die des UN-Klimaberichts von 2001 hinausgehen. Die Studie sei die Grundlage für den vierten UN-Klimabericht, der im kommenden Jahr verabschiedet werden solle. Deutschland werde laut Studie unter bisher unbekannten Hitzewellen und Dürreperioden leiden. Im Sommer könnten die Höchsttemperaturen in den kommenden Jahrzehnten immer wieder deutlich über 40 Grad steigen, auch werde es viel häufiger Nächte mit Temperaturen über 20 Grad geben, hieß es. Die Arktis werde im Sommer eisfrei sein. Hinzu kämen weniger Schnee in den Alpen und extrem trockene Sommer im Süden, Südwesten und Nordosten. Die Kosten durch den Klimawandel könnten bis 2050 auf jährlich 27 Milliarden Euro steigen. Mit den Prognosen verbinden die Wissenschaftler unter anderem schwerwiegende Folgen für die Landwirtschaft. Bayern ohne Gletscher Auch die Auswirkungen auf die Alpen seien groß. "Kleine Gletscher werden verschwinden, während größere Gletscher um bis zu 70 Prozent abschmelzen, allein bis zum Jahr 2050", zitiert die Zeitung aus dem UN-Bericht. Dass die Klimaerwärmung Süddeutschland und den Alpenraum besonders stark trifft, ist jedoch nicht neu. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) stellte Anfang August eine Initiative für einen Aktionsplan für den gesamten Gebirgsraum vor. Die bayerischen Gletscher seien bereits um 70 Prozent geschrumpft, hieß es. In spätestens 20 Jahren werde es nach Angaben des Ministers im Freistaat keinen Gletscher mehr geben. Der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Michael Müller (SPD), bezeichnete den Bericht in der "WamS" als "alarmierend". Das Papier beschreibe "einen qualitativen Sprung in der Erderwärmung zu Beginn des neuen Jahrtausends". Es sei eindeutig, dass sich Prozesse, die zur Klimaerwärmung beitragen, beschleunigten. Auf deutscher Seite habe das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie an der UN-Studie mitgearbeitet, hieß es. Trockene Sommer - Feuchte Winter Nach Angaben des Max-Planck-Instituts könnte der Meeresspiegel im Durchschnitt bis zu 30 Zentimeter klettern, in der Nordsee sogar etwas mehr. "Das ist der stärkste Klimawandel, der in den letzten Millionen Jahren auf der Erde im globalen Mittel aufgetreten ist", betonte Klimaforscher Prof. Hartmut Graßl. Die Sommer in Mitteleuropa werden den Berechnungen zufolge trockener und wärmer, die Winter ebenfalls wärmer, aber feuchter, sagte Projektleiter Erich Roeckner. Die Gefahr von starkem Regen und Überschwemmungen nimmt den Berechnungen zufolge deutlich zu. Heiße Trockenperioden sollen auch in Deutschland bald zum durchschnittlichen Sommer gehören. In den Wintern werden Kälte bringende Hochdrucklagen seltener. Kein Eis mehr für die Eisbären Die Eisfläche der Arktis schrumpft bereits im vierten Jahr in Folge in Rekordtempo, wie eine weitere Studie ergab. Im September 2005 habe das Eis im Nordpolgebiet ein neues Minimum erreicht, schreibt das Nationale Schnee- und Eis-Datenzentrum der USA (NSIDC). "Wenn der derzeitige Schwund des Meer-Eises anhält, könnte die Arktis bis zum Ende des Jahrhunderts im Sommer komplett eisfrei sein", hieß es. "Wie sollen die Eisbären das überleben?", fragt sich auch NSIDC-Chef Roger Barry. Sie wandern mit der Meereseiskante und können auf den Eisflächen im Meer leichter Robben jagen als an Land. Die Bären warten unter anderem an Eislöchern auf die Beutetiere, die regelmäßig Luft holen müssen. Das Eis verringere sich derzeit um etwa acht Prozent pro Jahrzehnt, berichtete das NSIDC. 2050 deutsches Flachland ohne Schnee Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif geht davon aus, dass es ohne künftigen Klimaschutz "im Jahr 2050 in Deutschland keinen Schnee mehr geben wird – zumindest nicht im Flachland". Der Trend zu wärmeren Wintern werde sich fortsetzen. Wie viele andere Klimaforscher rechnet auch Latif insgesamt mit stärkeren Niederschlägen im Winter und damit steigender Hochwassergefahr. "Im Sommer werden wir einen Zweiklang haben: Auf der einen Seite lang anhaltende Trockenperioden, so wie wir es zum Beispiel im Jahrhundertsommer 2003 beobachtet haben, und dann immer wieder diese sintflutartigen Niederschläge", sagte Latif. "Das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille, und die heißt globale Erwärmung." Machtlos gegen diesen Klimawandel sei man nicht: "Wir müssen innerhalb der nächsten Jahre mit dem Kohlendioxid-Ausstoß runter" – weltweit bis 2050 um 50 Prozent und bis zum Jahr 2100 um 100 Prozent. Adresse: http://www.n-tv.de/713720.html |