Jeder spielt seinen Part Reform-Betrug auf Hochtouren: Union will Schröders Zugeständnisse wieder kippen Die rot-grüne Mehrheit für die umstrittenen Hartz-Gesetze am Freitag im Bundestag scheint gesichert: Die SPD-Fraktion stimmte der Neufassung der Gesetzentwürfe am Dienstag in Berlin geschlossen zu, wie ein Fraktionssprecher mitteilte. Das Paket sei einstimmig und ohne Enthaltung verabschiedet. Nun will die Union bei der anstehenden Reform des Arbeitsmarktes die Zugeständnisse an die koalitionsinternen Kritiker im Vermittlungsverfahren wieder kippen. Das hat der parlamentarische CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder am Dienstag in Berlin angekündigt. Es sei »eine gewisse Form des Selbstbetruges«, wenn die Regierung davon ausgehe, daß die Reform in der den so genannten Abweichlern zugestandenen Form Gesetz werden könnte, sagte Kauder.
»Ich garantiere: Auf dieser Ebene wird es kein Vermittlungsergebnis geben«, betonte der Unionspolitiker. Ebenso äußerte sich der CSU-Landesgruppenvorsitzende Michael Glos. Er kündigte an, daß Regierungschef Gerhard Schröder bei der wahrscheinlich im Dezember anstehenden Abstimmung über das Vermittlungsergebnis die Kanzlermehrheit – also die absolute Mehrheit der Stimmen – benötigen werde. »Wir werden Mittel und Wege finden, die Kanzlermehrheit zu testen«, sagte er.
Als Beispiel für Regelungen, bei der die Union ihre Handschrift im Vermittlungsausschuß durchsetzen werde, nannte Kauder die Frage, welcher Job einem Arbeitslosen zugemutet werden kann. Hier soll nach den neuesten Änderungen der ortsübliche Tariflohn der Maßstab sein. Kauder hingegen verwies auf den Gesetzentwurf der Union, nach dem jede nicht gesundheitsschädliche Arbeit zumutbar sei.
Unterdessen betonte der SPD-Abgeordnete Fritz Schösser, Schröder bekomme eine Mehrheit nur für das Gesetz in seiner gegenwärtigen Fassung. Die wirklich gravierendere Entscheidung stehe dann an, wenn das Gesetz aus dem Vermittlungsausschuß zurückkomme. Schösser warnte in diesem Zusammenhang vor den von der Union geforderten betrieblichen Bündnissen für Arbeit und einer Aushöhlung des Flächentarifvertrags.
Unterdessen hat der Vorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel, die geplante Arbeitsmarktreform scharf kritisiert. Die Korrekturen, die die Koalition an dem Reformkonzept vornehmen will, bezeichnete er als völlig unzureichend.
Das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC hat die Bundestagsabgeordneten der Koalition am Dienstag aufgefordert, am Freitag nicht dem Druck der Fraktionsführungen, sondern ihrem Gewissen zu folgen und das umstrittene Gesetz abzulehnen.
|