Klare Zustimmung der Polen zum EU-Beitritt Dreiviertel der Wähler entschieden sich beim Referendum vom Wochenende für die Mitgliedschaft. Auch die bei der Abstimmung notwendige Mindestbeteiligung wurde erreicht. Jubel in den Straßen Warschaus Warschau - Mit einem klaren Ja zum EU-Beitritt hat Polen die jahrzehntelange Trennung von Europa endgültig überwunden. Wie die Staatliche Wahlkommission am Morgen mitteilte, entschieden sich nach der fast vollständigen Auszählung der Stimmen etwa 77 Prozent der Wähler beim Referendum vom Wochenende für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Auch die bei der Wahl notwendige Mindestbeteiligung von 50 Prozent wurde erreicht: Hochrechnungen zufolge gaben 58,8 Prozent der knapp 30 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung übertraf damit selbst optimistische Erwartungen.
Der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski erklärte schon kurz nach Schließung der Wahllokale am Sonntag um 20.00 Uhr, Polen habe Ja zur Europäischen Union gesagt. „Wir kehren zurück nach Europa“, rief er einer jubelnden Menschenmenge vor dem Präsidentenpalast in Warschau zu. Zahlreiche Menschen feierten auf den Straßen der Stadt und schwenkten die Flaggen Polens und der EU. Im ganzen Land wurden Feuerwerkskörper gezündet, Bands spielten auf.
Auch Ministerpräsident Leszek Miller zeigte sich nach Bekanntgabe der Ergebnisse sichtlich erleichtert. „Wir sind Bürger Polens, wir sind Bürger Europas“, sagte er. „Lasst uns feiern“, rief der frühere Präsident und Gründer der Gewerkschaft Solidarität, Lech Walesa. „Wir haben einen Erfolg erzielt.“
Die Europäische Kommission hat dem polnischen Volk für das klare Ja zum EU-Beitritt gedankt. „Das ist, was ich die Weisheit einer Nation nenne“, sagte Kommissionspräsident Romano Prodi dem polnischen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski in einem Telefonat. Polen sei sich der historischen Wahl bewusst gewesen.
Bundeskanzler Gerhard Schröder gratulierte Polen zu der historischen Entscheidung. „Es stand nie in Frage, dass Polen zu Europa gehört“, betonte der Kanzler in einer am Sonntagabend veröffentlichten Erklärung. Schröder zeigte sich überzeugt, dass die „hervorragenden deutsch-polnischen Beziehungen durch den Beitritt Polens zur Europäischen Union eine neue Dynamik“ erhielten.
Nachdem die Volksabstimmung am Samstag mit einer Beteiligung von 18 Prozent nur schleppend begonnen hatte, bemühten sich Politiker, aber auch Priester in den Pfingstmessen, intensiv darum, die Bevölkerung zu mobilisieren. Per SMS erinnerte das Büro für Europäische Integration Handybesitzer daran, dass die Wahllokale um 20.00 Uhr schließen. In der Sonntagsmesse wiesen viele Geistliche auf die Bedeutung des EU-Beitritts hin, den auch Papst Johannes Paul II. seinen Landsleuten empfohlen hatte.
Die Befürworter des Beitritts warben vor allem mit dessen historischer Bedeutung und den wirtschaftlichen Vorteilen einer EU-Mitgliedschaft. Polen, dessen Bruttoinlandsprodukt nur 42 Prozent des EU-Durchschnitts erreicht, wird allein in den kommenden drei Jahren fast 20 Milliarden Euro an Fördermitteln von der Gemeinschaft erhalten. Allerdings muss Warschau im selben Zeitraum auch 6,5 Milliarden Euro an Brüssel überweisen.
Den polnischen Bürgern eröffnet die EU-Mitgliedschaft die Möglichkeit, in jedem Land der Europäischen Union zu leben und zu arbeiten. In den meisten Mitgliedstaaten, auch in Deutschland, wird dies allerdings erst nach einer Übergangsfrist von sieben Jahren möglich sein.
Polen ist mit 38 Millionen Einwohnern der größte der zehn Staaten, die im Mai 2004 in die Europäische Union aufgenommen werden sollen. In fünf Ländern - Malta, Slowenien, Slowakei, Ungarn und Litauen - hat die Bevölkerung dem Beitritt schon zugestimmt. In Tschechien findet das EU-Referendum am 13. und 14. Juni statt, in Estland und Lettland im September. In Zypern entscheidet allein das Parlament. AP/dpa/Welt.de
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