"Wenn schlechte Nachrichten dem Markt nix anhaben können sollte man unbedigt dabeisein, lautet nicht so die beste aller Börsenregeln?"
Diese "Regel" ist willkürlich. Faktisch schaden schlechte Nachrichten den Unternehmensgewinnen und damit längerfristig auch den Aktien. Ich erinnere mich noch an zig Gurus hier, die die "Stärke" (Resilience) der Indizes Anfang Mai in selbstgefälliger "Da seht Ihr's!"-Manier lobten. Wenn die Bullen anfangen, sich triumphierend auf die Brust zu schlagen (affenartiges Imponiergehabe, unter niederen Säugern verbreitet...) wie jetzt auch wieder, beginnen bei mir die Alarmglocken zu schrillen. Der Fall folgte im Mai denn auch auf dem Fuß.
Mit den gleichen Argumenten hätte man im Sommer übrigens auch die "Stärke" beim Öl verklären können, als es noch bei 78 Dollar notierte - 20 % höher als jetzt. Ironischerweise ist die Stärke der Aktien vor allem darauf zurückzuführen, dass Hedgefonds, die ihr Geld aus dem Öl abziehen mussten (Futures drückten), dieses Geld in Aktien umschichteten. So wandelte sich eine Blase in eine andere. Die Hedgefonds und Large specs halten zurzeit die höchste Position an SP-500-Futures (long) seit 10 Jahren, ebenso sind sie "mega-long" 10-jährige US-Staatsanleihen. Beides geschieht in der Erwartung, dass die Fed wegen Wirtschaftsschwäche die Zinsen senken muss. Steigende Inflation könnte dies Speku aber zunichte machen. Wenn die Hedger dann ihre Massen an SP-500-Futures wieder auf den Markt kippen, setzt es einen Abverkauf, der dem beim Öl seit Sommer gleichkommt. Kein Wunder: Sind ja auch wieder dieselben Leute, die jetzt einen anderen Markt künstlich zu pushen versuchen.
Die angebliche Regel, dass man in Börsen, die trotz schlechter Nachrichten steigen, investiert bleiben soll, gilt exakt solange, bis die Börsen wegen ebendieser schlechten Nachrichten zu fallen beginnen. Es steigt, weil es steigt, bis es fällt, weil es fällt, könnten man diese charttechnische Trivialität auf den Punkt bringen.
Logisch lässt sich die Trendwende dann meist nicht begründen, ebensowenig wie der jetztige Anstieg, der allerdings im US-Bankensektor schon deutliche Risse zeigt.
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