'Prüfung nicht bestanden' titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und schreibt: "Die Visite Muñoz' endete mit einer sehr ernst zu nehmenden Mahnung: Auch ein hoch entwickelter Staat wie Deutschland muss sich mehr anstrengen, das Recht auf Bildung umfassend zu verwirklichen. Die soziale Herkunft eines Kindes bestimmt hierzulande viel zu oft darüber, welche Schule es besucht und ob es später studieren kann. Von Deutschland ist zu erwarten, dass es das Recht auf Bildung vorbildlich umsetzt. Und so muss es sich das Land nicht nur gefallen lassen, sondern zu Herzen nehmen, wenn der UNO-Sonderberichterstatter dazu auffordert, mehr dafür zu tun, dass die Kinder von Migranten in Deutschland nicht an den Rand gedrängt werden. Das Recht auf Bildung ist nicht etwas, das sich der Einzelne nur abholen müsste. Dem Recht korrespondiert eine Pflicht der Eltern, der Gemeinschaft und des Staates", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
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Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN betonen: "Mit einem gewissen Abstand zum Objekt lässt sich oft besser erkennen, was wichtig und was weniger wichtig ist, als wenn man direkt davorsteht. Muñoz hat einen unverstellten Blick auf unser Bildungswesen gewagt. Seine Erkenntnisse decken sich vollständig mit den Pisa-Studien und anderen Untersuchungen. Knapper und zutreffender sind die Schwachstellen selten benannt worden. Es müsste nur ernst genommen werden", meinen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
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Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Ansicht, dass der Bericht innenpolitisch nicht viel bewegen wird. "Gerade weil das, was Muñoz nach zehn Tagen Stippvisite zu kritisieren hat, in der deutschen Debatte längst gesagt ist. Nur eben, etwa wenn es um zu frühe Auslese geht, ohne ausreichende Resonanz. Also kann der UNO-Berichterstatter bestenfalls Verstärker sein. Oder, siehe Föderalismus, vielleicht Bremse gegen Rückschritte. Interessant, mit wie viel Kopfschütteln jemand, der von weit her kam, das deutsche Schulwesen kommentiert: Unflexibel, organisatorisch veraltet, beim Ausschöpfen der Begabungsreserven ineffektiv, Armutsrisiken verstärkend statt abbauend und im Umgang mit Behinderten von vorgestern. Ein Entwicklungsland? Nein. Ein Land, dessen Zukunft vor allem von der Bildung seiner Bürger abhängt."
So weit die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
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Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN halten fest: "Darüber kann ein Menschenrechtsinspektor nur den Kopf schütteln. Denn 16 Schulsysteme bedeuten für den UNO-Gesandten Munoz auch 16 mal unterschiedliche Bildungschancen. Vor allem für sozial benachteiligte Schüler. Die werden aber durch die frühe Verteilung auf die Schulen ohnehin vernachlässigt. Sie haben zwar das Recht auf Bildung, können es aber nur schwer nutzen", kritisieren die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN.
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Auch die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster monieren die Bildungshoheit der Länder:
Sie führt nur sehr bedingt zum Wettbewerb der guten Ideen, aber ganz sicher zu einer zerfaserten, zum Teil unübersichtlichen Bildungslandschaft. Und doch wehren sich die Bundesländer vehement dagegen, mehr Einheitlichkeit anzustreben. Schon der Beschluss von nationalen Bildungsstandards wurde als Meilenstein gefeiert. Dabei müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Schulabschlüsse im Norden die gleichen Anforderungen erfüllen und das gleiche Niveau erreichen wie jene im Süden", ist in den WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN zu lesen.
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Die LÜBECKER NACHRICHTEN sehen den Bericht mit Skepsis: "Dem deutschen Schulsystem ist schon viel angekreidet worden. Einen Inspektor mit klangvollem Titel der UNO-Menschenrechtskommission hat es bislang noch nicht auf den Plan gerufen. Muñoz mag in der Sache richtig liegen. Doch mit Verlaub: Nach zehntägiger Stippvisite lässt sich kein profundes Zeugnis über die nun wirklich unübersichtliche deutsche Schullandschaft erstellen. Es war offenbar schon vor der Reise geschrieben", glauben die LÜBECKER NACHRICHTEN.