Wer gedacht hatte, dass die Phase des Börsenhypes während der New Economy-Welle für lange Zeit einmalig bleiben würde, der sieht sich durch die Kursentwicklung der Internetsuchmaschine Google eines Besseren belehrt. Im Vergleich zum Emissionspreis im August 2004 konnte die Aktie mittlerweile rund 260% auf über 300 Dollar zulegen. Alleine in den vergangenen drei Monaten kletterte der Wert um fast 70%. Für in Euroland beheimatete Anleger sorgte der starke Dollar sogar für ein Plus von über 80%. Und wie „damals“ wird der Boom durch immer optimistischere Investmentbanker unterstützt. So stufen immer noch 24 von 30 Analysten in den USA die Aktie mit „Buy“ oder „Strong Buy“ ein, wie das Wall Street Journal berichtet. Die Kursziele reichen bis zu 350 Dollar, wobei die nächsten Erhöhungen aber wohl nur eine Frage der Zeit sein dürften, da die Experten bei solchen Aktien ihre Kursziele üblicherweise dem Verlauf des Aktienkurses anpassen.
Im Gegensatz zu vielen Unternehmen, die im letzten Internet-Hype wie eine Rakete nach oben schossen und mittlerweile zum Penny-Stock degradiert wurden, glänzt Google aber auch mit hohen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn. So wurde in Q1 der Umsatz fast verdoppelt und der Nettogewinn fast versechsfacht. Gerüchte über einen Aktiensplitt und die Ankündigung immer neuer Geschäftsfelder (zuletzt u.a. die Vorstellung eines eigenen Internet-Bezahltdienstes oder einer kostenlosen Videoplayer-Software) sorgen für einen anhaltend positiven Newsflow, der dazu führt, dass Google mittlerweile das teuerste „Medienunternehmen“ der Welt (noch vor Time Warner) ist. Und auch im Vergleich zu anderen Großkalibern des Internetsegments bricht Google alle Maßstäbe – denn der Börsenwert entspricht inzwischen beinahe dem von Ebay und Yahoo zusammen.
Kühnste Optimisten sehen in der Kursentwicklung sogar erst den Anfang eines echten Hypes. So prophezeit das US-Wirtschaftsmagazin „Business Week“ dem Unternehmen auch in Zukunft astronomische Wachstumsraten. In dem kürzlich veröffentlichten Artikel „Und morgen die Weltherrschaft“ fantasiert der Autor darüber, dass Google mit implantierten Chips Zugang zu menschlichen Organen erlangen und so Informationen über die letzte Mahlzeit oder Zufuhr und Verbrauch von Kalorien liefern könne. Zudem soll es möglich sein, mit Hilfe einer Suchmaschine das eigene Gehirn nach vergessenen Informationen zu durchsuchen. Als Fazit kommen die „Experten“ auf eine realistische Marktkapitalisierung von einer Billion Dollar und damit einem Aktienkurs von 3.600 Dollar.
Für Anleger, die seit dem Börsengang vergeblich auf eine stärkere Korrektur der Aktie warten, stellt sich nun natürlich die Frage, wie lange dieser Hype tatsächlich noch anhält. Im Grunde „schreit“ die jüngste Kursentwicklung geradezu nach einer Konsolidierung. Doch da tatsächlich immer noch sehr viele Anleger (teilweise seit dem Börsendebüt) auf einen Kursrückgang spekulieren, handeln prozyklische und kurzfristig orientierte Investoren nach dem Motto „The trend is your friend“ und setzen auf weiter steigende Kurse. Die Emittenten am Derivate-Markt bieten dabei eine breite Produktpalette an Hebelprodukten. So reichen die Basispreise bei Call-Optionsscheinen bis zu 500 Dollar. Wer eine etwas moderatere Spekulation wünscht, der setzt auf einen Call der Commerzbank, der bei einer Basis von 300 bis Ende 2006 läuft und einen echten Hebel (Omega) von etwa drei besitzt (WKN: CB2903). Noch etwas günstiger sieht ein nur beim Bezugsverhältnis (1:20 statt 1:10) abweichender Schein von Goldman Sachs aus, der bei gleicher Basis und gleicher Laufzeit nicht nur optisch (2,81 statt 5,76 Euro) günstiger aussieht.
Einen der heißesten Hebel bei Open-End-Turbos bietet ebenfalls die Commerzbank, die Hebel von bis zu sieben erreicht (WKN: CB7136). Bei einer Basis von gut 260 Euro liegt die Knock-out-Marke bei diesem Papier aber auch schon bei 280 Dollar, sodass lediglich ein Puffer von 20 Dollar bleibt. Und wie volatil die Aktie ist, zeigte sich gerade erst am gestrigen Abend, als Google von seinem Hoch bei 309 Dollar in der letzten Handelsstunde um 7 Dollar auf 302 Dollar abstürzte. Klar muss bei allen Long-Spekulationen sein, dass sie nur für extrem risikofreudige Anleger geeignet sind und mit Geld durchgeführt werden sollte, dessen Verlust ohne größere Auswirkungen verkraftet werden kann.
Ralf Andreß"
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